Im Jahr 2015 brachte es eine damals 17-jährige Schülerin mit ihrem Tweet, "Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann 'ne Gedichtsanalyse schreiben. In 4 Sprachen.", zu kurzzeitiger Berühmtheit. Ein Satz, den Lothar Antlitz, Schulleiter der privaten Wirtschaftsschule O. Pelzl in der Schweinfurter Wirsingsingstraße, nur zu gerne zitiert, wenn es um die Vorteile seiner Schule gegenüber anderen Schulmodellen geht. Denn: "Unsere Schüler haben genau davon Ahnung."
Konkret ziele das Angebot der Wirtschaftsschule nämlich darauf ab, den Schüler zu befähigen als mündiger Bürger am Wirtschaftsleben teilzunehmen, so der Oberstudiendirektor weiter. Ein Angebot, in dessen Genuss Schülerinnen und Schüler in Schweinfurt ab dem Schuljahr 2023/24 direkt im Anschluss an die Grundschule kommen können. Die Wirtschaftsschule O. Pelzl reagiert damit auf die Freigabe des Kultusministeriums, das privaten Wirtschaftsschulen seit diesem Schuljahr den Einstieg ab der fünften Klasse gestattet.
Kultusministerium gibt Übertritt auf die Wirtschaftsschule ab fünfter Klasse frei
Ein Schritt, den Antlitz sehr begrüßt: "Die Eltern entscheiden sich in der vierten Klasse für eine Schulart für ihre Kinder. Da werden dann die Weichen gestellt: Mittelschule, Realschule oder Gymnasium – dass wir nun Teil dieser ersten Auswahl sein können, empfinde ich als Chancengleichheit." Dies gelte besonders, weil der Einstieg ab der fünften Klasse für die bayerischen Realschulen bereits 2004 eingeführt worden war, was laut Antlitz dazu geführt hatte, dass die Schülerzahlen an den Wirtschaftsschulen stark einbrachen.
Wirtschaftsschule behandelt "lebenspraktische" Fragen
Diese Chance, im direkten Wettbewerb mit den anderen drei Schularten konkurrieren zu können, möchte Antlitz nun nutzen. Als Vorteil der Wirtschaftsschule hebt er dabei besonders deren "lebenspraktischen" Ansatz heraus. "Wie sieht eine Einkommensteuererklärung aus, und warum muss man die machen? Wie kann ich mein Leben über Versicherungen absichern? Welche Möglichkeiten hat man Geld anzulegen und vielleicht zu vermehren?", sind nur einige der praxisorientierten Fragen, die etwa das Lehrmodul "Fit for Finance" behandelt.
Eine sehr wirtschafts- und berufsorientierte Bildung, die zeigt, warum Wirtschaftsschulen offiziell zu den beruflichen Schulen zählen. Auch ein Grund, warum sich das Ministerium lange schwertat, eine Freigabe für die fünfte und sechste Klasse zu erteilen, erklärt Dominik Steinruck, Vorsitzender des Schulvereins.
Eltern müssten sich jedoch nicht sorgen, dass die Fünftklässlerinnen und Fünftklässler an der Pelzl-Schule direkt mit derart komplexen Themen einsteigen, so Steinruck weiter: "In der fünften, sechsten Klasse ist die Wirtschaftslehre natürlich noch sehr geringschrittig: Wo kommt mein Taschengeld her? Wie viel habe ich, und wofür gebe ich es aus? Das sind solche Einstiegsfragen, aber wir beginnen damit tatsächlich schon in der fünften Klasse."
Möglich ist dies in Bayern aktuell jedoch nur an privaten Wirtschaftsschulen. Ein Übertritt in eine kommunale oder staatliche Wirtschaftsschule ist weiterhin erst in der sechsten Klasse gestattet. Ein Faktor, der den Verantwortlichen der Pelzl Wirtschaftsschule natürlich in die Karten spielt.
Besuch der kostenpflichtigen Privatschule bietet auch Vorteile
Doch auch die Frage, warum Eltern bereit sein sollten, die monatlich 120 Euro Schulgeld zu zahlen, anstatt ihr Kind auf eine kostenfreie Realschule zu schicken, weiß Steinruck zu beantworten. So führt der Schulvereinsvorsitzende dafür etwa die familiäre Atmosphäre, kleine Klassengrößen (durchschnittlich 18 Schülerinnen und Schüler) und die gute Ausstattung an.
"Wir sind ja unser eigener Träger, das heißt, wir müssen nicht lange warten, bevor wir Entscheidungen treffen können, auch was die technische Ausstattung angeht." In der Corona-Zeit habe dies etwa den Vorteil gehabt, dass Hilfsmittel für den digitalen Unterricht kurzfristig angeschafft und der komplette Stundenplan online abgebildet werden konnte.