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Schweinfurt
Überdimensioniert oder nachhaltiger Nahversorger? Die wichtigsten Antworten zum Bürgerentscheid in Oberndorf
Die Schweinfurter werden am 8. Oktober auch wegen eines Bürgerentscheids zu den Urnen gerufen. Wie muss man die Argumente bewerten?
Auf dieser derzeit zum Ackerbau genutzten rund drei Hektar großen Fläche im Schweinfurter Stadtteil Oberndorf, nahe der Autobahn-Anschlussstelle der A70, soll nach den Plänen eines Inverstors ein Einkaufszentrum entstehen. Dazu gibt es am 8. Oktober einen Bürgerentscheid.
Foto: Oliver Schikora | Auf dieser derzeit zum Ackerbau genutzten rund drei Hektar großen Fläche im Schweinfurter Stadtteil Oberndorf, nahe der Autobahn-Anschlussstelle der A70, soll nach den Plänen eines Inverstors ein Einkaufszentrum ...
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:19 Uhr

In zwei Wochen ist großer Wahltag in Bayern: Es werden ein neuer Landtag und ein neuer Bezirkstag gewählt. Für die Zukunft zumindest der Bevölkerung im Schweinfurter Stadtteil Oberndorf ist aber ein anderes Thema genauso wichtig: Der Bürgerentscheid "Natur statt Beton" zum von einem externen Investor geplanten Einkaufszentrum am Ortsrand von Oberndorf, nahe der Anschlussstelle der Autobahn 70.

Worum geht es bei diesem Bürgerentscheid? Was sind die unterschiedlichen Positionen? Wann wird am 8. Oktober eine Entscheidung vorliegen? Und welche Konsequenzen kann es haben? Viele Fragen, deren Antworten im Folgenden zu finden sind.

Worum geht es beim Bürgerentscheid in Schweinfurt am 8. Oktober?

Die Frage, die gestellt wird, lautet: "Sind Sie dafür, dass wertvolle Ackerfläche erhalten bleibt und die Planung des überdimensionierten Einkaufszentrums am Ortsrand von Oberndorf eingestellt wird?" Abgestimmt werden kann mit Ja oder Nein.

Es stehen sich zwei unterschiedliche Positionen gegenüber: Die Bürgerinitiative "Natur statt Beton" wirbt dafür, kein Einkaufszentrum zu bauen und stattdessen wertvolle Ackerfläche zu erhalten. Der Investor des Projekts wirbt dafür, auf der derzeit für Ackerbau genutzten landwirtschaftlichen Fläche einen Supermarkt, einen Discounter und eine Drogerie zu bauen, um die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger in Oberndorf wie in Bergrheinfeld und Grafenrheinfeld sicherzustellen.

Wer hat den Bürgerentscheid gegen das geplante Einkaufszentrum initiiert? 

Die drei Schweinfurterinnen Annette Klotzek, Kathrin May und Ulrike Schneider gründeten die Initiative "Natur statt Beton" und werden von zahlreichen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern unterstützt. Sie sammelten im Sommer im gesamten Stadtgebiet bereits 4261 Unterschriften gegen das Vorhaben, mehr als doppelt so viele wie benötigt.

Wer möchte das geplante Einkaufszentrum bauen und in wessen Auftrag?

Bauträger ist der Investor Auriga Handels- und Gewerbebauträger GmbH aus Bayreuth im Auftrag der Handelsfirmen, mit denen er langfristige Mietverträge abschließt. Geplant ist ein 1600 Quadratmeter großer Rewe-Markt inklusive eines Bäckerei-Cafés, ein 1400 Quadratmeter großer Lidl-Discountmarkt sowie ein 750 Quadratmeter großer Drogeriemarkt der Marke DM. Dazu kommt ein Parkplatz mit mindestens 150 Parkplätzen. Von den rund zweieinhalb Hektar Fläche insgesamt wird nicht alles versiegelt. Der Investor plant nach eigenen Angaben ein 3000 Quadratmeter großes Biotop, eine 4500 Quadratmeter große Grünfläche sowie einen Spielplatz. Die Dächer der Gebäude sollen begrünt und mit PV-Anlagen versehen werden.

Welche Möglichkeiten haben die Oberndorfer derzeit einzukaufen?

Derzeit gibt es weder einen Supermarkt, noch einen Discounter oder Dorfladen in Oberndorf. Im Jahr 2014 schloss der Lidl-Markt wegen zu geringer Umsätze. Die nächsten Einkaufsmöglichkeiten sind am Kaufland nahe dem Hauptbahnhof, am Bergl am Kennedy-Ring sowie der Lidl bzw. der Edeka in Bergrheinfeld. Darüber hinaus gibt es in Grafenrheinfeld einen neu gebauten Edeka. Die genannten Märkte sind von der Ortsmitte Oberndorfs zwischen 1,5 und 2,5 Kilometer entfernt, jeweils mit dem Bus erreichbar.

Kathrin May, Ulrike Schneider und Anette Klotzek (v.l.) von der Initiative 'Natur statt Beton' setzen sich dafür ein, dass am Ortsrand von Oberndorf kein neues Einkaufszentrum entsteht. Auf dem Traktor sitzend Xaver May.
Foto: Anand Anders | Kathrin May, Ulrike Schneider und Anette Klotzek (v.l.) von der Initiative "Natur statt Beton" setzen sich dafür ein, dass am Ortsrand von Oberndorf kein neues Einkaufszentrum entsteht. Auf dem Traktor sitzend Xaver May.

Ist das Vorhaben des Investors überdimensioniert?

Laut der Bürgerinitiative Ja: Aus den Strukturdaten des Einzelhandels 2020 gehe hervor, dass das Lebensmittelangebot des geplanten Einkaufszentrums doppelt so groß wäre wie der Bedarf der rund 2400 Einwohner Oberndorfs, das Drogerieangebot um ein Vielfaches mehr.

Der Investor wehrt sich gegen die Einschätzung und verweist darauf, dass die Kundschaft für den Markt zum einen die Oberndorfer, aber vor allem auch die Bürgerinnen und Bürger aus Bergrheinfeld und Grafenrheinfeld seien sowie Autofahrende entlang der A70. Nimmt man das als Grundlage, ergeben sich knapp 11.000 Personen als Zielgruppe, die man als Kunden erreichen wolle.

Wer ist der so genannte Schlichter und fungiert er als solcher?

Professor Winfried Schwatlo ist kein neutraler Schlichter im eigentlichen Sinne, wie man das zum Beispiel von Tarifkonflikten kennt. Er wird im Auftrag der Auriga GmbH bezahlt und übernimmt für sie die Kommunikation pro Einkaufszentrum. Sein Anliegen ist, ein "fairer, faktenbasierter Umgang" miteinander. Schwatlo ist überzeugt: "Eine Pilgerstätte für modernen Einzelhandel täte Schweinfurt gut." Er versichert, der Investor wolle das Projekt umsetzen, werde aber natürlich das Ergebnis des Bürgerentscheids vollumfänglich akzeptieren.

Handelt es sich bei den drei Hektar Acker um wertvollen Boden?

Die Bürgerinitiative ließ sich eine Einschätzung des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten geben. Daraus geht hervor, dass der betroffene Acker mit einer Boden- und Ackerzahl von 72/75 überdurchschnittlich ertragsfähig sei. Daraus resultiert die kritische Einschätzung, es werde "wertvolle Ackerfläche" versiegelt. Die Bürgerinitiative erklärt, "ein überdimensioniertes Einkaufszentrum auf Kosten der Natur ist keine Option."

Der Investor sieht das anders. Das Ziel sei die "größtmögliche Schonung der Ressourcen", wie es auf der eigens eingerichteten Internetseite heißt. Darüber hinaus wolle man für die Gründächer sowie das Biotop und die Bäume Bionero-Erde verwenden, die CO2 binde und besonders gut für Böden sei. Aus Sicht des Investors ist die Umsetzung des Projekts ökologischer als die agrarische Nutzung des Bodens.

Welche Folgen hätte ein neues Einkaufszentrum für Lidl und Edeka in Bergrheinfeld?

Relativ wahrscheinlich ist eine Schließung des bestehenden Lidl-Marktes und Umzug in die neue, größere Immobilie. Wie sich Edeka in Bergrheinfeld positioniert, ist angesichts der Konkurrenz mit dem Neubau in Grafenrheinfeld und dem geplanten Zentrum unklar. Von beiden Firmen gibt es keine offiziellen Aussagen zur Zukunft der Märkte in Bergrheinfeld.

Ist es gerechtfertigt, von einer Nahversorgung nur für Oberndorf zu sprechen?

Es kommt darauf an, wie man den Begriff Nahversorgung definiert. Das Projekt ist am Ortsrand von Oberndorf, von der Ortsmitte aus etwa 750 Meter entfernt. Seniorinnen und Senioren dürften kaum zu Fuß dorthin zum Einkaufen laufen, sind auf Bus oder Auto angewiesen. Gleichwohl gibt es derzeit in Oberndorf selbst keinen Lebensmittelladen. Der frühere Lidl-Markt in der Kettelerstraße war von der Ortsmitte gut 600 Meter entfernt.

Darstellung des Projekts der Auriga GmbH am Schleifweg in Oberndorf als Computer-Animation.
Foto: Michael Kraus | Darstellung des Projekts der Auriga GmbH am Schleifweg in Oberndorf als Computer-Animation.

Warum sieht der Einzelhandelsverband das geplante Vorhaben als kritisch an?

Volker Wedde, Geschäftsführer des Handelsverbands Bayern in Unterfranken, sieht solche Vorhaben kritisch, wenn sich im Umkreis bereits mehrere Einkaufsmöglichkeiten befinden. Der Bürgerinitiative gegenüber sagte er: "Die geplante Verkaufsfläche von 3900 Quadratmetern geht weit über den Bedarf der Oberndorfer Bevölkerung hinaus; damit wird Kaufkraft in erheblicher Größenordnung aus anderen Versorgungszentren abgezogen."

Welche anderen Möglichkeiten für einen Einkaufsmarkt gibt es in Oberndorf?

Vor allem das Konzept Dorfladen bzw. verschiedene Varianten von 24-Stunden-Märkten wären eine Option. Das frühere Norma-Gebäude in der Ortsmitte gegenüber der Sparkasse steht leer, der Besitzer wäre bereit, es für ein Dorfladen-Konzept zu vermieten. Im Hintergrund wird daran gearbeitet, die größte Schwierigkeit ist nicht Ware zu bekommen, sondern ein Betreiber-Modell zu finden. Im Winter dieses Jahres stellte der Vorsitzende der Vereinigung der Bürger- und Dorfläden in Deutschland, Wolfgang Gröll, in Oberndorf verschiedene Konzepte vor.

Auf diesem Acker im Vordergrund ist das neue  geplante Einkaufszentrum geplant. Rechts ist Bergrheinfeld zu sehen, wo bereits ein Lidl-Markt ist.
Foto: Anand Anders | Auf diesem Acker im Vordergrund ist das neue  geplante Einkaufszentrum geplant. Rechts ist Bergrheinfeld zu sehen, wo bereits ein Lidl-Markt ist.

Was passiert, wenn die Bürgerinitiative gewinnt?

Dann wird die Planung gestoppt und das Einkaufszentrum an dieser Stelle nicht gebaut.

Was passiert, wenn der Investor gewinnt?

Der derzeit gestoppte Bebauungsplan wird weiter bearbeitet, und wenn dieser genehmigt ist, das Vorhaben umgesetzt. Realistisch ist ein Zeitraum von bis zu zwei Jahren bis zu einer Eröffnung.

Warum dürfen die Bergrheinfelder Bürger nicht mit abstimmen?

Das Einkaufszentrum liegt auf Schweinfurter Gemarkung. Deshalb entscheiden nur die Schweinfurterinnen und Schweinfurter darüber, ob hier gebaut werden soll oder nicht, auch wenn die Auswirkungen auf Bergrheinfeld mit am größten sind.

Bürgerentscheid

Über den Bürgerentscheid am 8. Oktober entschied der Stadtrat in seiner Juli-Sitzung und befand ihn trotz von der Investoren-Seite kurzfristig geäußerter Bedenken als rechtmäßig. Die Initiatorinnen hatten mit rund 3900 gültigen Unterschriften deutlich mehr als benötigt gesammelt.
Damit ein Bürgerentscheid gültig ist, muss er ein bestimmtes Quorum an Stimmen erreichen. In einer Stadt der Größte Schweinfurts bedeutet das, dass mindestens 15 Prozent der rund 40.000 Wahlberechtigten entweder mit Ja oder mit Nein stimmen müssen, damit die Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit erfüllt sind. Wenn das Quorum nicht erreicht wird, ist der Bürgerentscheid unabhängig von seinem Ausgang nicht gültig.
Wann gibt es ein Ergebnis? Da am 8. Oktober auch die Landtags- und die Bezirkstagswahl ist und diese beiden Wahlen zuerst ausgezählt werden, ist mit einem Ergebnis des Bürgerentscheids erst am Morgen des 9. Oktober zu rechnen.
Quelle: Stadt Schweinfurt
 
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  • Holger Zorn
    Unabhängig davon ob der Bau sinnvoll ist oder nicht finde ich manche Aussagen fragwürdig. Es wird immer von Bergrheinfeld gesprochen und das diese durch den Neubau in Grafenrheinfeld schon einen Laden vor die Nase gesetzt bekommen haben. Das die Betreiber der Edeka in Bergrheinfeld und Grafenrheinfeld allerdings die gleichen Betreiber sind davon habe ich noch nie etwas gelesen. Wenn man schon mit solchen Argumenten punkten will dann kommuniziert doch solche Dinge auch.
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  • Julia Mai
    "Eine Pilgerstätte für modernen Einzelhandel täte Schweinfurt gut." ... So eine Pilgerstätte hat Schweinfurt bereits: Die Stadtgalerie. Und wie sieht diese Pilgerstätte aus? Leerstand. Weit entfernt von einem Besuchermagnet. Viel Beton ... Unsere nachfolgenden Generationen haben Besseres verdient: Natur erhalten und nachhaltiges Denken u. Handeln! Mit einer JA Stimme am 8.10. können das alle Schweinfurter aktiv unterstützen.
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  • Stefan Fuchs
    Geographisch gesehen ist der geplante Standort des "Nahversorgers“für die Oberndorfer Bürger ein Schildbürger -Streich.
    Nur mal Google - maps aktivieren!
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  • Julia Mai
    Genau wie andere "zentrale" Standorte, die "gut erreichbar" sind ... z.B. der "Zeller Berg" in Üchtelhausen oder die bereits bestehenden Märkte in Schonungen und Euerbach ...
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  • Klaus Kiesel
    "Oberndorf selbst hat keinen eigenen Supermarkt, Discounter, Dorfladen".
    Altertheim auch nicht und ich muss doppelt so weit fahren und steh trotzdem ganz gut im Futter.
    Im Moment muss man 1.5/2,5km fahren.......
    Der "Geplante" liegt auch nicht direkt gegenüber eines Jeden Nutzers. Selbst wenn man das Auto benutzt. Bis die für den Neubau nötigen Umweltbelastungen ausgeglichen sind, könnte ganz Unterfranken Jahre lang dort hinfahren.
    Mein Fazit: Die Nahversorgung ist schon jetzt gesichert und auch besser als an vielen Orten, das Projekt bietet keinen Mehrwert (außer dem Investor), die umliegenden Geschäfte werden nicht gefährdet, die Natur wird geschont (kostenlos).
    Nun: Entscheidet selber (richtig) ihr Schnüdel, ich vertrau auf eueren Verstand!
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  • Anette Kommer
    Jemandem, der eine andere Meinung hat, den Verstand abzusprechen, halte ich für eine Unverschämtheit.
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  • Na, man darf wohl schon am Verstand derer zweifeln, die FÜR so ein Projekt sind, von dem bei genauem Hinsehen nur der Investor profitiert (und das anscheinend dicke, denn sonst sind diese „Goodies“, die er bietet -Spielplatz, PV Anlage, Gründächer- nicht zu erklären). Wir können es uns schlicht nicht leisten, so sinnbefreit Boden zu versiegeln und Ressourcen der kommenden Generationen zu verschwenden!
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  • Anette Kommer
    Mal sehen, was da in 5-10 Jahren steht. Wohnbebauung, Industrie oder etwa eine Kiesgrube? Den Acker wird es wohl so oder so dann nicht mehr geben.
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  • Holger Zorn
    Richtig Frau Kommer. Wenn es stimmt das die Auriga die Fläche erworben hat und es zu teilen schon als Gewerbegebiet ausgewiesen ist dann geht es nicht mehr um den Erhalt wertvoller Ackerfläche sondern was schlussendlich dort gebaut wird. Das ist nämlich dann auch die entscheidende Frage, was will ich dort stehen haben. Soviel auch zum Thema Verstand was weiter oben geschrieben wurde. Ich glaube nicht, dass die auriga den Grund und Boden wieder veräußern würde falls das Einkaufszentrum nicht gebaut wird. Da muss man den Tatsachen ins Auge sehen.
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