zurück
SCHWEINFURT
Lidl schließt: Oberndorf ist empört
Lidl schließt: Oberndorf ist empört
Hannes Helferich
Hannes Helferich
 |  aktualisiert: 16.04.2014 16:54 Uhr

Helle Aufregung in Oberndorf. Die Nachricht, dass der Lidl-Markt in der Kettelerstraße seine Pforten Anfang Mai schließen wird, hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet und sorgt auch deshalb für eine Gegenreaktion, weil der Discounter der letzte Nahversorger im westlichen Stadtteil ist. Am Gründonnerstag und am Karsamstag werden jeweils zwischen 10 und 12 Uhr an einem Proteststand Unterschriften gegen die Schließung gesammelt.

In dem vom Oberndorfer Stadtrat (SPD) Herbert Wiener erstellten Anschreiben zur Unterschriftenliste wird außerdem ein rasches Initiativwerden der Stadt gefordert. Oberbürgermeister Sebastian Remelé und der Gesamt-Stadtrat sind explizit aufgerufen, „sich nachhaltig für die Wiederherstellung der Lebensmittel-Nahversorgung einzusetzen“, wie es wörtlich heißt. „Schließlich ist dies der letzte Lebensmittelmarkt in Oberndorf, der für viele ältere nicht-motorisierte Bürger erreichbar ist“, sagt Wiener.

Diese Bürgergruppe ist auch der Hauptgrund für das Bündnis, das dieses Anliegen nicht nur unterstützt, sondern sich auch aktiv an der Unterschriftenaktion beteiligt und das nicht nur zunächst an den beiden genannten Tagen am Stand vor dem Lidl-Markt. Das sind die Pfarrerin der Kreuzkirche Christhild Grafe, der Turnverein Oberndorf mit seinem neuen Vorsitzenden Matthias Kühne, Christoph Lazarek vom Kleingartenverein Oberndorf, der Pfarrbeauftragte von St. Josef Michael Pfrang und Marianne Prowald als Chefin des Bürger- und Kulturvereins Oberndorf. Die Listen sollen auch bei den Vereinen und in den Pfarreien ausliegen. Prowald berichtet, dass sie „dauernd großteils von älteren Oberndorfern angefragt“ werde. Eine gehbehinderte Seniorin nutze ihr Rad als eine Art Rollator und Transportmittel in einem. Die nächsten Einkaufsmöglichkeit seien für sie wie für andere „zu weit weg“.

Im Markt selbst weist seit kurzem ein nicht sofort ins Auge fallendes Plakat auf die Schließung hin. Letzter Öffnungstag ist demnach der Samstag, 3. Mai, bis 18 Uhr. Hingewiesen wird nur auf die nächsten Lidl-Märkte im Musikerviertel und in Bergrheinfeld. Ein Grund fürs Ende wird nicht genannt, den Kunden nur für ihre Treue gedankt.

Die Angestellten sind offensichtlich zum Schweigen verdonnert. Sie geben zu nichts eine Auskunft, bestätigten nur das bekannte Schließungsdatum. Die angefragte Pressestelle von Lidl Deutschland erklärte, dass diese Filiale nicht mehr „die Voraussetzungen bietet, um unseren Kunden unser gesamtes Sortiment anzubieten und einen bequemen Einkauf zu ermöglichen“. Das Lidl-Sortiment habe sich insbesondere in den „Frischebereichen“ – Fleisch, Geflügel, Backwaren, Kühlprodukte – deutlich weiter entwickelt. Den „hohen Anforderungen“ in diesem „anspruchsvollen Sortimentsbereich“ wolle Lidl mit einer „zeitgemäßen Infrastruktur begegnen“.

Übersetzt heißt das, dass all das in der 1998 eröffneten Filiale mangels Platz nicht im gewünschten Maß möglich ist. Laut Isabell Lehmann von Lidl Deutschland seien allen betroffenen 20 Mitarbeitern Stellen in anderen Filialen angeboten worden. Zu einem möglichen Nachmieter konnte sie keine Angaben machen. Lidl ist Mieter der Immobilie.

Prowald wundert sich wegen der beobachteten Kundenfrequenz dennoch. Nutzer seien nicht nur Oberndorfer, sondern auch die Mitarbeiter des ZF-Sachs-Werkes. Die Unterschriftenaktion findet gleichwohl statt, weil es um die Nahversorgung gehe. Einige Zeit gab es mit Kupsch, Norma und Lidl drei Anbieter, bald keinen mehr, „das geht nicht“, sagte die Bürgervereinsvorsitzende.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Hannes Helferich
Christhild Grafe
Lidl
SPD
Schließungen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • hgoetz
    seit Jahrzehnten zählen bei den Verbrauchern nur noch die Discounter - Aldi, Lidl und Co. Alle anderen Läden waren zu teuer, hatten zu wenig Auswahl und zu wenig Angebote sowieso. Ich komme aus der Lebensmittelbranche, habe Ende der 70iger Jahre das Sterben der kleinen Läden auf dem Land und auch in der Stadt mitgemacht. Damals waren die Ursachen sogenannte "Supermärkte" mit 300/400qm Fläche. Auch die konnten sich nicht gegen Aldi und Co. behaupten, den Verbrauchern wareb die immer noch zu teuer. Der letzte bekannte "Sterbefall" war Kupsch, einst flächendeckend in der Region vertreten und heute sind noch einige wenige Märkte übrig - fragt sich, wie lange noch.
    Ich habe schon oft betont, dass bei den Discountern ein gnadenloser Krieg um Marktanteile tobt. Es geht nur um die Frage: Wer bleibt übrig. Und dann schreiben uns die Sieger vor, wo wir einkaufen dürfen. Was soll da eigentlich der Stadtrat dabei machen? Einen Laden eröffnen und dann ehrenamtlich dort nebenbei arbeiten?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten