"Die Menschen haben ein Recht darauf, dass Recht gesprochen wird."Ein Satz, der von Lothar Schmitt, dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Bamberg gesprochen, wenig verwunderlich ist. Doch die Corona-Pandemie hat die Justiz in Bayern natürlich vor Herausforderungen gestellt. Dazu kommt in Schweinfurt eine weitere Schwierigkeit: die Großbaustelle für das neue Justizzentrum.
Lothar Schmitt war in Schweinfurt zu Besuch bei Amtsgerichtsdirektor Holger Ebert und dessen Team mit 119 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, um sich zu erkundigen, wie die Arbeit in den vergangenen Monaten war. Ebert ist erst seit zehn Monaten als Nachfolger von Thomas Olbermann neuer Direktor des Amtsgerichts, leitete vorher das Amtsgericht in Haßfurt.
In Schweinfurt kommen für die Justiz-Mitarbeiter aus Amtsgericht und Landgericht zwei Themen zusammen, die es so in Bayern im Moment nicht gibt: Das Thema Corona, die Hygienebestimmungen beim Einlass, während der Verhandlung und das Aufrechterhalten der Verhandlungen. Dazu der Neubau des Justizzentrums, für den im Oktober bereits Richtfest geplant ist, und der unvermeidliche Baulärm.
Die Justiz muss rechtssichere Verhandlungen garantieren
Hämmern und Bohren ist zwar grundsätzlich gut, weil es Fortschritt beim Bau dokumentiert. Der damit verbundene Lärm aber ist für einen Prozess nicht gut, weswegen auch neue Säle in der Theresienstraße angemietet wurden, um rechtssicher verhandeln zu können. OLG-Präsident Schmitt lobt die Kollegen in Schweinfurt ausdrücklich für ihren Einsatz: "Es läuft sehr gut hier."
"Natürlich sind wir über den Neubau hier froh und glücklich", betont OLG-Präsident Lothar Schmitt. Eine Herausforderung sei es natürlich trotzdem für alle Beteiligten. In Sachen Umgang mit der Corona-Pandemie gab es "keine Blaupause", erinnert sich Schmitt an den Anfang im März 2020.
"Am wichtigsten war es, den Dienstbetrieb aufrecht zu erhalten mit dem höchsten Schutz für die Mitarbeiter und alle, die an einem Prozess beteiligt sind", so Schmitt. Bisher habe es im Bereich des Oberlandesgerichts Bamberg, zu dem Schweinfurt gehört, keine Corona-Fälle im Justizgebäude gegeben.
Die Zahl der Verfahren sank übrigens nicht signifikant, "alle wichtigen Verfahren wurden durchgeführt", betont Schmitt. Richterinnen und Richter – im Amtsgericht sind es drei Richterinnen und 13 Richter – terminieren grundsätzlich eigenverantwortlich ihre Prozesse. Laut Holger Ebert gab es im ersten Halbjahr 2021 genau 685 Strafsachen am Amtsgericht sowie 576 Bußgeldsachen und 608 Zivil-Prozesse.
Mehr Bußgeldverfahren wegen Verstößen gegen Infektionsschutzverordnung
Verändert hat sich ein wenig der Themenschwerpunkt in den Prozessen, denn die Corona-Pandemie spielt auch hier eine Rolle. Zum einen, weil es mehr Bußgeldprozesse gibt wegen Verstößen gegen das bayerische Infektionsschutzgesetz, aber auch wegen Widerstands gegen Polizisten, wenn diese Bußgelder durchsetzen müssen. Die Corona-bezogenen Verfahren machen laut Ebert rund ein Fünftel der Verfahren aus.
Auch ein Thema: Masken-Verweigerer in einem Prozess und natürlich auch an der Sicherheitsschleuse. Allerdings gab es keine nennenswerten Probleme, zumal Richter durchaus Mittel für Ordnungsmaßnahmen haben.
Auf einen Aspekt, der vor allem die Land- und Oberlandesgerichte umtreibt, der aber kaum in der Öffentlichkeit bekannt ist, weist OLG-Präsident Schmitt hin: die Dieselprozesse. "Das beschäftigt uns und alle Oberlandesgerichte in Deutschland noch viele Jahre", so Schmitt. Die Gerichte würden mit Klagen von Autofahrern überrannt, die Firmen wie Volkswagen oder Mercedes nach den in den vergangenen Jahren bekannt gewordenen Skandalen mit illegalen Abgas-Abschalt-Einrichtungen überrannten.
Auch die Musterfeststellungsklage mit mehreren hunderttausend Klägern beim Bundesgerichtshof brachte noch keine Lösung, betont Schmitt. "Die Fälle sind kompliziert und es gibt immer wieder neue Varianten", erklärt er aus eigener Erfahrung. Für die Kolleginnen und Kollegen bedeutet der Dieselskandal auf jeden Fall Arbeit an der Belastungsgrenze aufgrund der schieren Menge an Fällen.
Im Gerichtssaal bald nur noch Computer statt Aktenberge
In Sachen Digitalisierung wird es bald große Fortschritte auch in Schweinfurt geben. Im nächsten Jahr führt das Landgericht Schweinfurt die digitale Prozessakte ein. Das Pilotprojekt in Coburg war zufriedenstellend, in Würzburg wird im Herbst auf digitale Akte umgestellt.
Das bedeutet, dass die Richterinnen und Richter nicht mehr mit Aktenbergen bestückt in die Gerichtssäle kommen, sondern mit Laptop oder i-Pad. Dort ist die Akte und alles, was für den Prozess relevant ist, elektronisch abgespeichert, so dass Richter, Staatsanwaltschaft und Anwälte darin blättern können.
Auch Videoverhandlungen sind durch die Corona-Pandemie möglich geworden, nachdem die Prozessordnung geändert wurde. Das Landgericht hat bereits eine entsprechende Anlage, das Amtsgericht wird eine weitere beschaffen, so Holger Ebert. Immer dann, wenn die Klärung von Rechtsfragen im Mittelpunkt steht und nicht so sehr die Befragung von Zeugen oder Angeklagten, soll zukünftig auch auf Videoverhandlungen umgestellt werden.