In welchem Zustand waren die Zimmer für ukrainische Kriegs-Flüchtlinge in der Ledward Kaserne, als diese Mitte März dort einquartiert wurden? Und wie geht die Stadt Schweinfurt mit ihren eigenen Liegenschaften um? Zwei Fragen, die seit kurzem für großen Streit im Stadtrat sorgen sowie für verhärtete Fronten zwischen der Verwaltung und Stadträtin Ulrike Schneider (Zukunft./ödp), die teils sehr emotional auch von Ratskolleginnen und Kollegen angegriffen wurde.
Von ehrenamtlich Helfenden war vergangene Woche Kritik geäußert worden, dass ein Teil der Räume im Gebäude 210 sehr dreckig war und umfangreich gereinigt werden musste. Stadträtin Schneider wandte sich deshalb im Hauptausschuss an die Verwaltung und schickte gemeinsam mit Christiane Michal-Zaiser (proschweinfurt) einen Fragenkatalog für die Stadtratssitzung.
Die Ehrenamtlichen dokumentierten den Zustand der Räume auf Fotos, die nach dem Einzug erster Flüchtlinge gemacht wurden. Und genau das ist auch der Kern des Streits. Denn die Stadt wehrt sich vehement dagegen, dass unterstellt werde, sie habe Geflüchtete in Räume einziehen lasse, die nicht sauber gewesen seien.
Insbesondere Matthias Kreß, Koordinator der Stadt für die Flüchtlingshilfe, und Ordnungsreferent Jan von Lackum waren von der Kritik getroffen. "Lassen Sie uns unsere Arbeit machen, damit wir die Menschen in bestmöglicher Weise aufnehmen können", appellierte Jan von Lackum. Jetzt sei aufgrund des stetig steigenden Stroms an Kriegs-Flüchtlingen aus der Ukraine nach Deutschland "Zeit zu handeln und nicht zu diskutieren".
Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) brach eine Lanze für die Arbeit insbesondere der Stabsstelle "gerne daheim" und betonte, man fühle sich "zu unrecht an den Pranger gestellt". Der Imageschaden für die Stadt sei groß, die Kritik unberechtigt, "der Eindruck falsch und verheerend".
Wie war der Zustand des Gebäudes 210 bei Einzug der Geflüchteten?
Sich dem Kern der Kritik anzunähern, ist angesichts der herrschenden Emotionalität schwierig. Der zeitliche Ablauf ergibt sich aus Erklärungen der Verwaltung und der Ehrenamtlichen. Vor dem Wochenende 11. bis 13. März gab es einen Spendenaufruf des Bayerischen Roten Kreuzes an die Bevölkerung. Rund 60 Ehrenamtliche kamen, um beim Sortieren zu helfen sowie zum Aufbau von Betten in den Zimmern.
Beim Betreten des Gebäudes 210 in Ledward stellten die Ehrenamtlichen und die Verwaltung fest, dass die Räume zu verdreckt waren, um dort jemand wohnen zu lassen. Helfende erklärten sich bereit, zu putzen. Die Stadt engagierte kurzfristig eine Reinigungsfirma, die aber nur mit zwei Mitarbeitenden kam. Deren Arbeit war schlecht, der Firma wurde gekündigt, eine Rechnung bisher nicht gestellt "und würde auch restriktiv geprüft", so Jan von Lackum.
Die Stadt organisierte eine neue Reinigungsfirma, die auch gute Arbeit leistete. Die ersten Flüchtlinge waren für den 17. bzw. 18. März angekündigt. Aber es wurden nicht alle Räume in dem 3500 Quadratmeter großen Gebäude rechtzeitig fertig, was erklärt, warum Fotos nach dem 17. März entstanden sind, die tote Kakerlaken in Schränken, Schimmel und verdreckte Küchen zeigen.
Pressefoto des Oberbürgermeisters löste Kritik der Ehrenamtlichen aus
Der Auslöser der Kritik einer Gruppe von Ehrenamtlichen war ein Pressefoto der Stadtverwaltung, auf dem der OB, Sozialreferent Jürgen Montag und Finanzreferentin Anna Barbara Keck zu sehen sind und der OB sich sehr zufrieden zeigt mit dem Geleisteten. Dass Vieles in kurzer Zeit geschafft wurde, unterschreiben die Ehrenamtlichen. Doch zu dem Zeitpunkt des Pressefotos sei eben mitnichten alles fertig gewesen.
Die Verwaltung betonte mehrfach, selbstverständlich seien die Zimmer, in die dann 114 Geflüchtete einquartiert wurden, sauber gewesen. Was wiederum erklärt, warum sich Matthias Kreß angegriffen fühlt, denn er betont: "Ich habe die Wohnungen abgesegnet und bin natürlich sensibel, in welchem Zustand sie waren." Ausdrücklich bedankte sich Kreß erneut bei den Ehrenamtlichen für ihre Hilfe und den Bürgern für die Spendenbereitschaft: "Es herrscht große Hilfsbereitschaft und Solidarität."
Wie war der Zustand des Gebäudes im Jahr 2019 und was sagt die Regierung von Unterfranken?
Im Fragenkatalog von Schneider und Michal-Zaiser ging es auch darum, in welchem Zustand das Gebäude 210 übernommen wurde, nachdem das Ankerzentrum 2019 nach Geldersheim in die Conn-Barracks gezogen ist. Auf Nachfrage dieser Redaktion erklärte Johannes Hardenacke, Pressesprecher der Regierung von Unterfranken: "Als Mieter waren wir nach dem Mietvertrag verpflichtet, die Gebäude vollständig geräumt und besenrein zu übergeben. Die Übergabe fand im Juli 2019 in Anwesenheit des Vermieters vertragsgemäß statt. Davon zeugt auch ein Übergabevermerk, den wir der Stadt zur Kenntnis gegeben haben."
Ordnungsreferent Jan von Lackum erklärte, das Gebäude 210 sei grundsätzlich in der mittelfristigen Planung der Stadt für den Abriss vorgesehen. Deshalb habe man auch nicht investiert, erst der Ukrainekrieg habe die Situation plötzlich verändert. Man habe vom Freistaat Bayern nach der Verlegung des Ankerzentrums eine Pauschale für die Reinigung bekommen. Grundsätzlich sei die Gebäudesubstanz noch in Ordnung, auch wenn eine erhebliche Verunreinigung festgestellt wurde.
Neben dem Gebäude 210 wurde in dem gegenüberliegenden Gebäude 209 Raum geschaffen für die Verwaltungsmitarbeiter für Ausländerangelegenheiten, Sozialleistungen und Migrationsberatung sowie die Hausverwaltung. Im Gebäude 267 ist die Kinderbetreuung, die Leo Service GmbH hat das Catering übernommen und das Gebäude 205 soll für weitere Flüchtlinge hergerichtet werden. Insgesamt können von städtischer Seite bis zu 568 ukrainische Flüchtlinge aufgenommen werden.
Vorwürfe von Grünen und CSU gegen Stadträtin Ulrike Schneider
Der Streit im Stadtrat war nicht nur zwischen Ulrike Schneider und der Verwaltung, sie wurde auch von Ayfer Rethschulte (Bündnis 90/Die Grünen) sowie CSU-Fraktionschef Stefan Funk massiv kritisiert. Rethschulte erklärte, sie "schäme" sich, "was für ein Bild auf unsere Stadt geworfen wird, das hat unsere Verwaltung nicht verdient".
Funk lobte wie schon im Hauptausschuss die Verwaltung für ihre Arbeit und warf Schneider in einem emotionalen Redebeitrag "billige Effekthascherei" und "Selbstdarstellung" vor. Ulrike Schneider selbst blieb ob der Kritik ruhig, verwahrte sich dagegen, dass die Ehrenamtlichen diskreditiert würden: "Die Bilder entsprechen der Wahrheit." Kritik übte sie auch an der Regierung von Unterfranken, die aus ihrer Sicht für den Zustand verantwortlich war: "Ein bemerkenswerter Umgang mit Steuergeldern."
Ich habe endgültig aufgehört zu begreifen wie Arrogant man als Bürgermeister sein kann. Als Ehrenamtliche an anderer Stelle habe ich jahrelang mitbekommen wie mit uns umgegangen wird. Es tut mir für alle Ehrenamtlichen im Herzen !
Reine Prestigeobjekte werden unterstützt, der Rest der Stadt und ihre Bürger sind egal!
Es stellt sich auch eine andere Frage: wer hat vorher dort gewohnt und für Kackerlaken und co. gesorgt????
Das aber ausgerechnet eine Stadträtin wie Fr. Schneider, die sehr den Foto, - und Filmkameras zugewandt ist das jetzt wieder als Podium benutzt, verärgert mich.
Fr. Schneider, haben sie schon Ukraine Flüchtlinge privat zuhause aufgenommen?
Fr. Schneider, wie kommen Sie als "jean'd arc des Klimaschutzes “zu den Stadtratssitzungen?
Mit dem Fahrrad?
Mit dem ÖPNV?
Zu Fuss?
Mit" dem Verbrenner"?
Heuchlerisch nenn ich das!!
Wer ist Fr. Rethschulte?!
Man muss mit Frau Dr. Schneider wirklich nicht in allen Dingen einer Meinung sein aber sie legt den Finger in die entsprechenden Wunden und stellt sich den Debatten!
Und hier hat sie schon Recht! In letzter Zeit läuft einiges in der Stadt schief. Und das sich ausgerechnet Herr Remelé jetzt vor die Verwaltung stellt die ihn erst kürzlich laut und deutlich angezählt und kritisiert hat kann man sowieso nicht ernst nehmen. Hier versuchen Verantwortliche ihre Felle zu retten koste es was es wolle. Eine wenig Selbstkritik würde nicht schaden, stattdessen fraternisiert man sich nun mit jener Seite von der man zu Recht mehrfach in der jüngeren Vergangenheit kritisiert wurde.