Zweieinhalb Stunden dauerte die erste Diskussionsrunde zum am 20. Januar anstehenden Bürgerentscheid über die Frage, ob es auf dem Konversions-Gelände in den Ledward-Kasernen und auf einem Teil des Kessler Fields 2026 eine Landesgartenschau mit Bürgerpark oder lieber einen Stadtwald geben soll. Es war ein interessanter Abend für die rund 60 Gäste im Vorraum des Kinos KuK - es wurde debattiert, manchmal polemisiert und zugespitzt und doch war es eine Diskussionsrunde, in der beide Seiten leidenschaftlich, aber meist weitgehend sachlich für ihre Position warben.
Die Fraktionen im Stadtrat, die die Landesgartenschau-Pläne im Sommer mehrheitlich genehmigten und sich über denZuschlag durch den damaligen bayerischen Umweltminister Marcel Huber im August freuten, waren über Ulrike Schneiders und Annelie Maidhofs Bürgerbegehren wenig erfreut. Es zeigt sich: Das ist gelebte Demokratie, jetzt haben die Bürger die Möglichkeit, sich - auch durch das Ratsbegehren bedingt - zu entscheiden, welche Variante im Westen Schweinfurts sie wirklich wollen.
Entscheidung für Landesgartenschau ein langer Prozess
Oberbürgermeister Sebastian Remelé verwies darauf, dass die Entscheidung, eine Landesgartenschau auf dem Konversions-Gelände im nordwestlichen Teil der Ledward-Kasernen und im Süden des Kessler Fields auszurichten, ein jahrelanger Prozess im Stadtrat gewesen sei. Es habe breiten Konsens im Gremium gegeben, dort einen Bürgerpark zu entwickeln. Erst in der letzten Sitzung vor dem Beschluss, sich mit der vom Baureferat und einem Fachbüro entwickelten Landesgartenschau-Planung zu bewerben, sei Ulrike Schneider mit ihrer Idee eines Waldes gekommen.
Der OB betonte, der Bürgerpark solle dauerhaft bleiben, die Landesgartenschau sei "der Hebel dafür", vor allem wegen der erwarteten Fördergelder von fünf Millionen Euro für den Bau der Anlagen. Mehrfach betonte Remelé, wie wichtig ihm für die grundsätzliche Entwicklung der Stadt auch der Besuch der geschätzt 750 000 Besucher während der Ausstellungszeit im Frühjahr und Sommer 2026 bei der Landesgartenschau sei - da könne die Stadt zeigen, was sie alles zu bieten habe.
Viel billiger und klimatisch deutlich besser
Ulrike Schneider und ödp-Mitglied Stefan Bretscher hielten dagegen. Schneider betonte, sie habe während des gesamten Beratungsprozesses als Stadträtin für die Freien Wähler/Schweinfurter Liste immer die Kosten kritisch hinterfragt: "Der Stadtwald ist in meinen Augen der weitaus bessere Vorschlag."
Stefan Bretscher argumentierte ruhig, aber in der Sache klar. Das ödp-Mitglied lenkte immer wieder den Blick auf das große Ganze und die Notwendigkeit, sich gegen den Klimawandel zu stellen, insbesondere vor Ort. "Ein Wald im Westen der Stadt ist wichtig, da ist bisher nichts", so Bretscher. Der heiße Sommer 2018 sei erst der Anfang gewesen, davon werde es mehr geben und die Probleme würden größer. "Es geht um den Klimaschutz und unsere Kinder", so Bretscher. In ihrer Information für den Bürger verweisen die Stadtwald-Befürworter auf fünf Vorteile durch ihr Konzept: Klimaschutz, bessere Stadtluft, Aufwertung des Wohnviertels, deutlich niedrigere Kosten und Bürgerwald.
Breiten Raum nahm die Diskussion über die Frage ein, was genau ein Wald ist, wie der Stadtwald gestaltet ist, wie der Bürgerpark und ob es nicht doch nur ein "Wäldchen" ist, wie Kritiker polemisch sagen. Gerade an diesem Punkt zeigten sich Ulrike Schneider und der OB gleichermaßen kämpferisch.
Schneider verwahrte sich dagegen, dass die Definition, wie der Wald gestaltet werden soll- mit Wegen, Lichtungen, Bänken, einem Teich, einem Grünstreifen am Rand - zunächst missverständlich gewesen sei, als das Bürgerbegehren gestartet wurde. Der OB hatte als Drohkulisse in den Raum gestellt, sollte das Bürgerbegehren eine Mehrheit bekommen, sei die Stadt rechtlich gezwungen, einen dichten Wald anzupflanzen. Er hatte zur Illustration, wie groß Setzlinge sind, einen etwa 40 Zentimeter großen, sechs Jahre alten Fichten-Setzling mitgebracht. Es werde mehrere Jahrzehnte dauern, bis daraus ein Wald entstehe, außerdem müsse das Gelände eingezäunt werden und sei längerfristig nicht begehbar, so Remelé.
Stefan Bretscher betonte, um ökologisch voranzukommen, müsse man neue Bäume pflanzen. Gerade im Wachstum seien sie besonders gut fürs Klima, da sie viel Kohlendioxid speicherten. Schnell wachsende Bäume wüchsen bis zu 50 Zentimeter pro Jahr. Würde man schon nächstes Jahr mit dem Anlegen des Stadtwaldes beginnen, hätte man 2026 rund vier Meter hohe Bäume. Die "schräge Darstellung" des OB, fand Schneider "bemerkenswert". Man habe immer davon gesprochen, einen zehn Hektar großen Stadtwald genauso wie an den Eichen oder in den Wehranlagen anlegen zu wollen. Es sei "ein parkähnlicher Stadtwald", so Schneider. Die kürzlich vorgelegten Planzeichnungen der Initiative bekräftigen diese Darstellung.
Als Moderator Frank Farenzki auch das Publikum zu Wort kommen ließ, spürte man, wie verhärtet die Fronten zwischen beiden Seiten sind. Unwissentlich erwischte er mit Grünen-Stadtrat Reginhard von Hirschhauseneinen LGS-Befürworter. Dessen Aussagen zu den aus seiner Sicht zu erwartenden Kosten des Stadtwaldes und der These, die Landesgartenschau mit Bürgerpark sei nachhaltiger aufgrund der Fördermittel-Bindungsfrist als ein jederzeit aus wirtschaftlichen Gründen abholzbarer Stadtwald, sorgte für deutlichen Widerspruch bei Schneider und Bretscher.
Der OB erklärte seine Abneigung des Bürgerbegehrens so: "Ich bin ein Wald-Fan. Aber ein Wald ist für den Einzelnen, ein Park dagegen für die Gemeinschaft." Längere Diskussionen gab es über die Finanzen. Der OB verteidigte den Etat - zwölf Millionen Investitionssumme brutto abzüglich fünf Millionen Förderung und zwölf Millionen für die Durchführung, die durch Eintrittsgelder und Sponsoring komplett refinanziert werden sollen - als seriös und auf Erfahrungen vergangener Landesgartenschauen erstellt.
Ulrike Schneider argumentierte dagegen. Ihr sei gerade der Durchführungshaushalt, den die Stadt plant, "ein Rätsel." Sie befürchtet, dass die zugrunde liegende Besucherschätzung von 750 000 viel zu hoch ist, dass auch die erwarteten Sponsoring-Gelder nicht so ausfallen wie erhofft und findet, "ein Millionenminus ist vorprogrammiert". Dass der OB versprach, "wir machen es besser als in Würzburg", wo eben jenes Millionen-Defizit aus unterschiedlichen Gründen bei der Landesgartenschau 2018 angefallen war, tröstete Schneider nicht. Sie betonte, den Stadtwald anzulegen, sei von mehreren Förstern seriös auf Kosten von 400 000 Euro brutto geschätzt worden. Nach Abzug der Förderung, die der Freistaat in einem solchen Fall zahle, koste er die Stadt 100 000 Euro.
Wer die Debatte noch einmal anschauen und sich genau informieren möchte, hat dazu hier Gelegenheit: www.transparenztv.com Das ist der Fernsehsender, den Moderator Farenzki betreibt. Er hat mit einem Team die Diskussion aufgenommen.