Oberbürgermeister Sebastian Remelé ist zwar grundsätzlich ein Freund alter Bausubstanz und des Denkmalschutzes. Doch dass ausgerechnet das Haus in der Burggasse 17 jemals wieder in diesem Glanz erstrahlen würde, damit hatte Schweinfurts Ortsoberhaupt nicht gerechnet. Bei einer Begehung kürzlich mit Bauherr Peter Müller kam Remelé aus dem Staunen nicht heraus. Und dem Loben.
In Schweinfurt gibt es bedingt durch die schweren Zerstörungen der Innenstadt während der Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg nicht mehr sehr viele Gebäude aus dem 16. Jahrhundert. Das jetzt wieder herrschaftliche Haus in der Burggasse 17 neben der Salvatorkirche gehört dazu. Doch viele Jahrzehnte war es ein Sorgenkind von Stadt und Denkmalpflege: Mehrere Versuche, das seit 1991 im Besitz der Stadt befindliche Haus zu verkaufen und sanieren zu lassen, scheiterten.
Bis die Müllers kamen. Das Ehepaar lebt mit seiner Familie in Erlenbach am Main, auch dort in einem Haus aus dem 16. Jahrhundert. Beruflich sind die Kirchenmaler seit Jahrzehnten in der Denkmalpflege tätig. Kein Wunder, dass der OB von "einem Glücksgriff" sprach und auch Hans-Christoph Haas, der für Schweinfurt zuständige Referent des Landesamtes für Denkmalpflege, ist voll des Lobes. Die Müllers packten selbst kräftig mit an, auch beim Termin mit OB und städtischer Entourage war Peter Müller in Arbeitskleidung als Bauherr selbst mit am Werk.
Sanierung alter Bausubstanz stärkt die Identität einer Stadt
"Wer das Haus früher kannte, erkennt es heute nicht wieder", betont Sebastian Remelé. Das bezieht sich zum einen auf das Innere, denn die dort vorgesehenen vier Wohneinheiten vom Erdgeschoss bis unters Dach vereinen modernes Wohnen und denkmalgerechte Sanierung. Vor allem aber bezieht es sich auf die Wiederherstellung des Renaissance-Giebels zur Burggasse hin. Eine Ansicht, wie sie früher war, die aber viele Menschen gar nicht mehr kannten, weil der vordere Teil des Giebels abgerissen war.
Im Inneren weist Peter Müller auf ein erstaunliches Detail nach dem anderen hin, hat viele Geschichten auf Lager, die Bauherren alter Häuser kennen und begeistern und solche, die auf quadratisch, praktisch, Neubaugebiet stehen, erschauern lässt. Nichtsdestotrotz sind es genau diese Geschichten, die alte Häuser zum Leben erwecken und solche Sanierungen so wertvoll machen für die Identität einer Stadt.
Was Müller besonders gefreut hat: "Während der Sanierung waren immer wieder Schweinfurter da, nicht nur aus der Nachbarschaft, und haben sich gefreut, dass wir das machen. Das Interesse und das Lob waren groß."
Eine Bauruine mit Bombenschaden in Schweinfurt zum Leben erweckt
In einem der Räume im vorderen Bereich des Hauses Richtung Salvatorkirche ist oben an der Decke ein deutlicher Brandfleck. Hier schlug 1945 eine Bombe ein, in diesem Teil des Hauses brannte es. Zum Glück wurde das Haus nicht völlig zerstört. Und weil auch diese Narbe zur Geschichte gehört, haben die Müllers sie ganz bewusst gelassen. Der verkohlte Balken blieb, außen herum wurden neue Balken eingebaut.
Besonders augenfällig von außen das gelbe und das rote Fachwerk, das auch die beiden Haushälften kennzeichnet. Früher war in dem Gebäude unter anderem ein Gasthaus mit Gästezimmern und später ein Fuhrunternehmer. Die Farbe des Holzes im Fachwerk ist ebenso ursprünglich wie die Zeichnungen in den Gefachen, die bei der Sanierung auftauchten und erhalten wurden.
Das Haus war vor allem im hinteren Teil stark abgesunken, um knapp 60 Zentimeter wurde es mitsamt Fachwerk angehoben, bis es wieder im Lot war. Technisch eine Meisterleistung, genauso wie das Ausrichten des alten Dachstuhls und der Nachbau des neuen sowie des Giebels.
Die neuen Mieter freuen sich auf eine besondere Art des Wohnens in der Stadt
Dort entfaltet sich nun im Inneren ein innerstädtisches Loft, auf das sich die Mieter schon freuen: Unter anderem ein Ehepaar aus dem Landkreis kurz vor der Rente, das "sein Haus verkauft und nun in die Stadt zieht", so Peter Müller. Mit Blick über die Innenstadt und auf eine wunderbare Holzbalken-Konstruktion mitsamt offenem Wohnbereich, Galerie und historischem Windverband. Angemessene Innendämmung, Wand- und Fußbodenheizung und moderne Bäder sind im übrigen Standard.
Denkmalpfleger Hans-Christoph Haas bringt es schmunzelnd auf den Punkt: "Man kann die Sanierung so umschreiben: Alte Dame Haus mit Liebhaber zusammen gebracht." Das lange Warten und Suchen nach den richtigen Bauherren habe sich vollauf gelohnt, denn "es war faszinierend zu sehen, mit welcher Akribie das Ehepaar Müller sich dieser Aufgabe angenommen hat".
"Mietwohnungen" hätte er nämlich sicher auch günstiger und stressfreier erwerben können. Die sicherlich immens teure, private Sanierung war und ist auch ein Geschenk an die Stadt und die Bürger!
Trotz diverser Förderungen können Städte und Gemeinden solche Sanierungen und Käufe in größerem Stil kaum leisten. Da muss man jedem Privatmenschen danken, der sich mit solchen Dingen befasst.