Wer wohnt in Schweinfurts Sozialwohnungen? Sozialhilfe-, Hartz IV-Empfänger? Auch, aber längst nicht nur. Sehr viele Menschen, denen die Stadt einen Wohnberechtigungsschein ausstellt, haben einen geregelten Voll- oder Teilzeitjob, sagt Jan von Lackum, Referent der Stadt. Doch das Geld, das sie verdienen, reicht nicht für große Sprünge, bei manchen nicht einmal zum Leben. Über 300 solcher Wohnberechtigungsscheine hat die Stadt im vergangenen Jahr ausgegeben. Für Menschen, die sich in einer Sozialwohnung einmieten wollten. Hauptsächlich sind es Familien mit Kindern und Senioren.
Für den Wohnberechtigungsschein gelten Einkommensgrenzen. Deren Höhe hängt davon ab, ob die Sozialwohnung schon beim Bau im "ersten Förderungsweg" staatlich bezuschusst wurde – was laut von Lackum für die meisten Schweinfurter Sozialwohnungen gilt – oder im Rahmen einer Modernisierung. Im ersten Fall liegt die Einkommensgrenze für einen Einpersonenhaushalt im Jahr bei 14 00o Euro, bei einer Familie mit einem Kind bei 27 000 Euro. Für Wohnungen, die mit öffentlichen Mitteln modernisiert wurden, gelten höhere Einkommensgrenzen: für einen Einpersonenhaushalt sind es 22 600 Euro im Jahr, für eine Familie mit Kind 45 500 Euro. Plausibel sind die höheren Einkommensgrenzen bei Modernisierungen durch die höheren Mietpreise, die durch die Investitionen in modernere Wohnungen verlangt werden. Welche Wohnungsgröße jemand beanspruchen kann, ist genau festgelegt. Auch dafür gibt es Grenzen.
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Der Wohnberechtigungsschein ist also die Voraussetzung dafür, eine Sozialwohnung anmieten zu können. Denn: dieser Wohnraum ist öffentlich gefördert und soll weniger Einkommens starken Personen und Familien zur Verfügung stehen; also nicht nur Sozialleistungsempfängern. Diese Mietpreisbindung auf einem bestimmten Niveau gilt nur für bestimmte Zeit, jahrzehntelang, aber nicht ewig. Das heißt: Aus früheren Sozialwohnungen wird nach einer bestimmten Zeit wieder Wohnraum für den freien Markt – ohne eine Bindung an die Mietpreise, die durch die öffentliche Förderung zustande gekommen sind. Vielerorts, vor allem in Ballungsräumen, sind Sozialwohnungen wesentlich günstiger als Wohnungen auf dem freien Markt. In Schweinfurt trifft das aktuell nicht unbedingt zu.
Denn hier sind die Wohnungen, zumindest im Durchschnitt, mit 6,70 Euro pro Quadratmeter wesentlich günstiger als in vergleichbaren Städten. Wohlgemerkt im Durchschnitt. Es gibt sehr günstige Wohnungen, was nicht zuletzt auch an einem gewissen Anteil von älterem, nicht modernisiertem Wohnraum liegt – und auch teurere. Für 80 Quadratmeter zahlt der Schweinfurter zwischen 250 Euro (Baujahr vor 1949, einfache Ausstattung) und 703 Euro (ab 2018, gute Ausstattung). Betriebskosten sind dabei nicht berücksichtigt. In Würzburg muss man für Vergleichbares rund 40 Prozent mehr auf den Tisch des Vermieters legen, in Nürnberg knapp 20 Prozent.
Breite Preisspanne auch bei Sozialwohnungen
Und Sozialwohnungen? Auch hier gibt es Durchschnittswerte – und eine weite Preisspanne. Für eine Sozialwohnungen mit zwischen 50 und 80 Quadratmetern sind das zwischen 4,20 und 11,42 Euro pro Quadratmeter, so von Lackum. Wobei die 11 Euro eher theoretischer Natur wären. Der Mietpreis errechne sich aus den Kosten, lasse sich aber in Schweinfurt nicht erzielen, so der Referent. Wie hoch die tatsächlichen Spitzenpreise für öffentlich geförderte Wohnungen sind, wisse die Stadt nicht. Wohl aber, dass manche derjenigen, denen ein Wohnberechtigungsschein ausgestellt worden ist, letztendlich nicht in öffentlich geförderte Wohnungen einziehen. Vielleicht, weil sie die passende Wohnung dort nicht gefunden haben, vielleicht, weil es auf dem freien Markt von der Miete her eben günstige Wohnungen gibt – "altersbedingt", sagt von Lackum.
Macht es da wirklich Sinn, Sozialwohnungen zu bauen, wie es die Initiative "Bezahlbar wohnen in Schweinfurt" fordert? Fest steht, die Nachfrage an Wohnraum wird – auch durch dem weiteren Anstieg der Studenten des internationalen Campus der FH – steigen. Ebenso gibt es einen Bedarf an größeren Wohnungen, hatte Alexander Förster, Geschäftsführer der Stadt- und Wohnbaugesellschaft (SWG) vergangenes Jahr erklärt. 600 neue Sozialwohnungen soll die Stadt in den nächsten Jahren bauen, geht es nach der Bürgerinitiative. Zum einen, um für neuen, bezahlbaren Wohnraum die hohe öffentliche Förderung abzuschöpfen, zum anderen als Mietpreis-Bremse. Denn in Stein gemeißelt sind die relativ niedrigen Preise in Schweinfurt natürlich nicht.
Mit Billigjobs und Niedriglöhnen lässt sich keine Wohnung finanzieren
Und für manche sind sie schon jetzt zu hoch – die Geringverdiener. Mit Billigjobs und Niedriglöhnen ist eine halbwegs ordentlich ausgestattete 50-Quadratmeter-Wohnung (Baujahr 2000) kaum zu finanzieren. Kalt fallen dafür monatlich über 350 Euro an. Bleibt oft nur der Gang zum Amt. Stichwort Wohngeld. Mit dem soll durch staatliche Hilfe ein familiengerechtes, angemessenes Wohnen gefördert werden, erklärt Corina Büttner vom Amt für soziale Leistungen. Heißt: Kann man mit seinem Einkommen eine angemessene Wohnung nicht finanzieren, besteht ein Anspruch auf Wohngeld. Zumindest dann, wenn die Lücke nicht zu groß ist – in dem Fall nämlich müsste der Betroffene Harz IV beantragen, als Aufstocker.
In den vergangenen Jahren war das laut Büttner vermehrt der Fall. Der Grund: das Wohngeld wurde seit 2016 nicht mehr erhöht, die Deckungslücke bei vielen so groß, dass sie allein mit Wohngeld und dem eigenen Einkommen ihren Bedarf nicht hätten decken können und deshalb Hartz IV beantragen mussten. Weshalb die Zahl der Wohngeldbezieher in Schweinfurt auch sank – von durchschnittlich 416 pro Monat im Jahr 2016 auf 288 in 2019.
Warum die Zahl der Wohngeldempfänger steigen wird
Die Stadt Schweinfurt zahlte im Jahr 2018 insgesamt 405 601 Euro an Mietzuschüssen aus; rund 9179 Euro als Lastenzuschüsse für Menschen, die in den eigenen vier Wänden leben. Die Hälfte davon trägt die Stadt, die andere Bund und Land. Dass die Zahl der Wohngeld-Empfänger steigen wird, ist absehbar.
Zum 1. Januar 2020 hat der Staat das Wohngeld erhöht. Damit dürften es in Zukunft wieder mehr Menschen in Anspruch nehmen können. Menschen, die ansonsten keine staatliche Transferleistungen wie Hartz IV beziehen. 10,65 Prozent der rund 53 000 Schweinfurter Einwohner übrigens lebten im Jahr 2018 von solchen Transferleistungen.
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