Leider sei es rechtlich nicht möglich, einen Bürgerentscheid mit der Stadtrats- und Bürgermeisterwahl Mitte März zusammenzulegen, sagt Frank Firsching beim Treffen der Initiative "Bezahlbar wohnen in Schweinfurt". Andererseits haben die Aktiven so mehr Zeit, ihr Anliegen unters Volk zu bringen. Die Zahl der Unterstützer wächst jedenfalls. Sie betonen am Freitagnachmittag im DGB-Zentrum erneut, wie wichtig es sei, bezahlbaren Wohnraum zu erhalten und zu schaffen und warum sie nicht wollen, so Moderator Karl-Heinz Körblein, dass ausgerechnet die Stadt Schweinfurt in diesem Bemühen "ein weißer Fleck" bleiben soll.
"Wohnen darf nicht arm machen"
Seitens der Schweinfurter SPD legt OB-Kandidatin Marietta Eder Wert darauf, "dass Wohnen ein Grundrecht ist" und ihre Partei es für wichtig hält, "dass die Stadt beim Sozialwohnungsbau wieder zum Akteur wird". Trinken, Essen und ein Dach über dem Kopf sei ein Grundbedürfnis des Menschen und bezahlbares Wohnen ein wesentlicher Teil des grünen Wahlprogramms, so Petra Laschka. Sie vertritt ihren Mann Holger Laschka, OB-Kandidat der Schweinfurter Grünen, der terminlich verhindert ist.
"Wohnen darf nicht arm machen", sagt der DGB-Kreisvorsitzende Martin Schmidl, der sich "für die Interessen aller Lohnabhängigen einsetzt. Dazu gehöre bezahlbarer Wohnraum. Seitens der Stadt Schweinfurt sieht er in dieser Hinsicht "bestenfalls in Grundzügen eine positive Politik. Der Hinweis, dass es anderswo schlimmer aussehe, sei jedenfalls kein Argument. "Die IG Metall unterstützt das Volksbegehren voll und ganz", sagt Thomas Höhn, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall. Die Kommune müsse sich des Themas Wohnen zu bezahlbaren Preisen annehmen. Eine aktive Wohnungspolitik der Stadt stärke auch den Wirtschaftsstandort Schweinfurt, und ein guter Schweinfurter Mietspiegel sorge auch für moderatere Mietpreise im Umland.
"Ganz oben im Wahlprogramm"
"Sozialer Wohnungsbau steht ganz oben in unserem Wahlprogramm", sagt Linke-Fraktionschef Frank Firsching. Die Stadt habe in den letzten 20 Jahren 3000 Wohnungen mit Sozialbindung verloren. Sicher seien die Mietpreise hier nicht so stark gestiegen wie anderswo. Wer will, dass das so bleibt, müsse den sozialen Wohnungsbau jetzt stärken. Doch das Gegenteil sei der Fall. Vor Jahren seien im neuen Wohngebiet Bellevue – die Ex-US-Siedlung Askren Manor – 200 Sozialwohnungen geplant gewesen, nun würden es doch nur 74.
Als Diakonie-Chef verweist Jochen-Keßler-Rosa auf Gespräche mit Schweinfurtern, für die Wohnen zum echten Armutsrisiko werde. Dagegen müsse die Stadt etwas tun. Und: Die Diakonie suche dringend Pflegekräfte und Hilfskräfte, für die es finanzierbare Wohnungsangebote in der Stadt geben müsse. Als Stadtrat für die Freien Wähler sagt er, wenn die bayerische Landesregierung für 2019/2020 weitere 1,7 Milliarden Euro für die Förderung bezahlbaren Wohnraums einplane, dürfe kommunales Engagement eigentlich kein "Streitthema" in Schweinfurt sein.
Kein Wohnungsproblem?
Für die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di betont deren Bezirksgeschäftsführer Sinan Öztürk, dass der Vorstand den Beitritt zu diesem Bündnis für bezahlbaren Wohnraum einstimmig beschlossen habe. Auch unter Ver.di-Mitgliedern gebe es "Aufstocker", die staatliches Geld zu einem auskömmlichen Leben brauchten. Beim Wohnen dürften Geringverdiener nicht in Konkurrenz zu Rentnern oder Studenten treten müssen. Diesbezüglich müsse die Stadt ihre Rolle annehmen und wegkommen von der Haltung, "wir haben kein Wohnungsproblem". Das hatte Ende November auch die Arbeitsgemeinschaft Schweinfurter Wohnungsunternehmen (Arge) beteuert.
"Wir haben Mitglieder, die als Rentner ihre Wohnung nicht mehr bezahlen können", sagt Barbara Mantel von der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB). Es gelte aber, für ein gutes Leben für alle Menschen einzutreten. Auch die KAB habe einstimmig den Beitritt zur Initiative beschlossen. Diese fordert in ihrem Bürgerbegehren, die Stadt solle dafür sorgen, dass in Schweinfurt innerhalb der nächsten Wahlperiode, also bis 2026, mindestens 600 neue Sozialwohnungen "in bedarfsgerechten Größen" gebaut werden. Das lehnt die Verwaltung bisher strikt ab. Sie sieht keinen Bedarf.
Rund 2000 Unterschriften
Und wo könnten die entstehen? Verstreut übers Stadtgebiet, sagen die Teilnehmer: "Es gibt noch viele Baulücken." Ende November waren 1000 Unterschriften beisammen. Bisher seien etwa 2000 Unterstützer-Unterschriften für das Bürgerbegehren gesammelt worden, so Firsching. Gebraucht werden rund 2400. In Planung sei, so Keßler-Rosa, "eine große Informationsveranstaltung". Das Anliegen solle in der öffentlichen Diskussion bleiben.