Die Botschaft des Abends ist klar: Schweinfurt hat kein Wohnungsproblem, der Markt funktioniert – und in Sachen neues Bauland für die Stadt wird es sicher nicht einfach, aber machbar. "Wohnen in Schweinfurt" war das Thema der beiden Bürgerversammlungen 2019. Eines der großen Themen dieser Zeit, sagt Oberbürgermeister Sebastian Remelé am Dienstag in der Rathausdiele zum Auftakt der Versammlung. Baureferent Ralf Brettin und SWG-Geschäftsführer Alexander Förster präsentieren Bestandsaufnahmen, Zahlen und Zukunftspläne. Danach ist Zeit für Fragen und Kritik. Doch zumindest letztere bleibt beinahe aus, zumindest, was das große Ganze, das Thema "Wohnen in Schweinfurt" betrifft. Wer Kontroversen erwartet hatte, wird enttäuscht. Zumindest bei der ersten der beiden Bürgerversammlungen.
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Was die Bürger am Dienstag in der Rathausdiele bewegt, hat nichts damit zu tun, ob es genug Wohnraum gibt, wer ihn sich leisten kann oder ob man sich wegen der sinkenden Zahl der Sozialwohnungen Sorgen machen muss. Es geht um praktische Dinge, das eigene Umfeld, um Falschparker, Lärmbelästigung. Ganz anders am Mittwoch bei der zweiten Versammlung. Im Pfarrsaal St. Michael wird klar: So einfach ist das Thema Wohnen in Schweinfurt nicht. Ein junges Paar erzählt, dass es schier unmöglich ist, in Schweinfurt zu bauen. Der Traum vom Eigenheim in der Stadt, auch Freunde mussten ihn aufgeben, aufs Land ziehen. Andere suchen vergeblich nach einem Haus, der 20-jährige Sohn nach einer bezahlbaren Wohnung. Und wieder andere beschäftigt die Frage, wie viel noch machbar ist in Sachen Baulanderweiterung für künftige Generationen.
Auch Wohlfahrtsverbände und Politiker beschäftigt das Thema. Die Zahl der Sozialwohnungen sinkt, und zwar drastisch, hieß es vor kurzem im Stadtrat. Im Juni hatten Wohlfahrtsverbände von einer "Wohnungsnot" in Schweinfurt gesprochen und sofortiges Handeln eingefordert. Seit diesem Mittwoch ist ein Bürgerbegehren am Start: "Bezahlbar Wohnen in Schweinfurt".
Kein Problem, geht doch, wäre – flapsig ausgedrückt – die Schlussfolgerung aus dem, was in den Versammlungen präsentiert wurde. Alexander Förster, Geschäftsführer der Stadt- und Wohnbau GmbH, formuliert es so: "Der Wohnungsmarkt in Schweinfurt ist aus unserer Sicht weitestgehend ausgeglichen." Wer aus Sicht der hunderprozentigen Tochter der Stadt auf den Markt blickt, spricht von 20 Prozent der rund 28 700 Wohnungen im Stadtgebiet: Rund 5000 Wohnungen sind im Bestand der SWG; 30 Prozent davon sind staatlich gefördert, also Sozialwohnungen, der Rest ist frei finanziert.
Was Schweinfurt einzigartig macht
Und kurioser Weise sind genau diese frei finanzierten Wohnungen günstiger. Stand Ende 2018 kostete eine öffentlich geförderte Wohnung bei der SWG an Kaltmiete im Durchschnitt pro Quadratmeter 5,10 Euro. Die frei finanzierten Wohnungen lagen durchschnittlich bei 4,91 Euro. Das, sagt Förster, gibt es so nur in Schweinfurt, das ohnehin im Vergleich zu anderen Städten dieser Größe in Bayern beim Mietspiegel im unteren Bereich liege. Außerdem: die SWG orientiere sich bei der Festsetzung der Mieten auch immer an der Unterkante des Mietspiegels. Ende 2018 waren das 5,45 Euro (2019 sind es 5,70 bis 6,21 Euro). Die Durchschnittsmiete für alle Schweinfurter Wohnungen: 6,70 Euro.
Worauf Förster und Oberbürgermeister Sebastian Remelé Wert legen: "Circa 85 Prozent der Wohnungen der SWG liegen innerhalb der Miethöhen für Leistungsempfänger der Stadt Schweinfurt." 62 Prozent der Interessenten haben einen Wohnberechtigungsschein, 25 bis 50 Wohnungen seien immer frei, um vermietet zu werden, man legt Wert auf Energieeffizienz bei Modernisierungen und Neubauten, auf seniorengerechte Anlagen und Barrierefreiheit. Ausbauen wird die SWG laut Förster das Angebot an großen Wohnungen mit vier Zimmern. Die Nachfrage sei da.
Experimentelles Wohnen im Kessler Field?
Investieren wird die SWG auch in Bellevue – in 74 öffentlich und 47 frei geförderte Wohnungen. Also in dem neuen Stadtteil, der laut Baureferent Ralf Brettin der Stadt eine "große Chance" gegeben hat – 80 Hektar neuer Raum für Wohnen, Bildung, Nahversorgung. Die großen Wohnblocks, die dort abgerissen wurden, wären so nicht nutzbar gewesen, antwortet Brettin auf eine Kritik aus den Reihen der Bürger. Schadstoffe, Wohnungszuschnitte – viel hätte für den Abriss gesprochen, mehr als für den Erhalt. Brettin skizziert an diesem Abend, was in Schweinfurt in Sachen Entwicklung noch möglich ist. Dabei rückt das Kessler Field in den Blickpunkt: Auf dem rund zehn Hektar großen Areal, das auch Teil der Landesgartenschau 2026 sein wird, könnten 250 Wohneinheiten entstehen – im Rahmen der LGS sei auch experimentelles Wohnen möglich. Man denke an besondere Gebäude- und Wohnformen, an Außergewöhnliches, das Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Moderne verbinde.
Doch auch Bellevue ist endlich. Das wird in der zweiten Bürgerversammlung deutlich. Für Grundstücke an Privatkäufer gibt es eine Warteliste. 32 wären noch frei, sagt Wirtschaftsförderin Pia Jost, zuständig für die Liegenschaften der Stadt. Das junge Paar, das nachhakt, steht auf Platz 150 der Warteliste, die laut Jost geschlossen wurde. Sie wünscht den beiden Glück. Und dann, wie geht es weiter, wollen die Bürger wissen. Bis es einen Bebauungsplan für das Kessler Field gibt, wird es bestensfalls 2021 – wenn alles glatt läuft, sagt Brettin. Dann könnte gebaut werden, für die LGS, für experimentelles Wohnen. Nach 2026 wäre Raum für eine weitere Bebauung.
Das Gebiet Pfannäcker und Mönchskutte wären die letzten verbleibenden Optionen der Stadt in Sachen Bauland. Zukunftsmusik, bei der klar ist, dass es nicht einfach werden wird. Vieles ist in Privatbesitz, etliche Grundstücke werden landwirtschaftlich genutzt.
Vielleicht haben Sie vergessen, dass die Stadt Schweinfurt 1978 keine Eingemeindungen bekam und dann halt irgendwann mal der Platz voll ist!
Für Wohngebiete ist neben den Pfannäckern noch auf den Mönchkutten Platz (hier ist im Flächennutzungsplan von 1984(!) bereits ein großes Wohngebiet eingezeichnet und bis heute NICHTS geschehen). Zudem wäre noch geeigneter Platz zwischen der Heeresstraße und Niederwerrn.
Für Industriegebiete ist zwischen Oberndorf und A 70 Platz (das war schon vor ca. 15 Jahren als südlicher Teil für die Bewerbung ums Toyata/Lexus-Werk angedacht) und zudem südlich der A 70 (war ebenfalls zu Griesers Zeiten angedacht, wurde aber wegen des Maintals damals noch nicht benötigt).
2002 ging man schon im Rathaus die Pfannäcker an. Die Stadt erwarb bereits viele Grundstücke. Kürzlich gab Baureferent R. Brettin als einzigen(!) Grund für den Stopp bei den Pfannäckern Arbeitsüberlastung der Bauverwaltung an.
Jede junge Familie, die keinen Bauplatz bekommt, ist ein Schaden SW! Weil eine Stadt ohne junge Leute keine Zukunft hat! SW insbesondere, auf Grund der örtlichen Demografie! Ein Mangel an jungen Leuten zieht viele Probleme nach sich. Die Bauverwaltung legt heute den Grundstein für soziale Probleme von morgen, die man dann mit viel Geld nur noch notdürftig kitten kann.
Erst die Arbeit und dann das Vergnügen!
Die Bauverwaltung soll möglichst schnell neue Wohngebiete schaffen. Danach kann sie sich mit einer Gartenschau etc. beschäftigen. Es gibt ja zudem kein einziges Industriegrundstück mehr!
Die Stadt SW ist derzeit wie ein Schüler, der tagsüber spielt und seine Hausaufgaben auf den Abend verschiebt