Der Blick in den aktuellen Mietspiegel zeigt, dass in Schweinfurt die Welt des Wohnens nicht aus den Fugen geraten ist. Für 80 Quadratmeter zahlt der Schweinfurter zwischen 250 Euro (Baujahr vor 1949, einfache Ausstattung) und 703 Euro (ab 2018, gute Ausstattung). Betriebskosten wie Steuern, Versicherungen, Wasser, Heizung, Müllabfuhr oder etwa die Schornsteinreinigung sind dabei nicht berücksichtigt. In Würzburg muss man für Vergleichbares rund 40 Prozent mehr auf den Tisch des Vermieters legen, in Nürnberg knapp 20 Prozent. In München sind die Kaltmieten doppelt so hoch wie in Schweinfurt. Doch mit der steigenden Nachfrage steigen die Preise. Für die vergangenen vier Jahre ist bei Neuvermietungen ein Plus von um die 15 Prozent in der Stadt Schweinfurt wie auch in den Stadtrandgemeinden zu verbuchen.
Der Einfluss der Großen
Der Mietspiegel ist eine Richtlinie für den frei finanzierten Wohnungsbestand, keine Preisfestsetzung. Ausgearbeitet wird der Mietspiegel im Rathaus vom Bauverwaltungsamt in Abstimmung mit dem örtlichen Mieterverein sowie dem Schweinfurter Haus- und Grundbesitzerverein. Die Preise macht der Mietspiegel also nicht, er spiegelt nur. Die Preise macht der Markt, falls es nicht einen Bremser gibt. Die bislang noch zuverlässigen Bremser in Schweinfurt haben ihre Wurzeln in den 1950er- und 1960er-Jahren. Es sind die Baugenossenschaften, allen voran der Bauverein, und die heute unter der SWG (Stadt- und Wohnbau GmbH) vereinten städtischen Wohnbaugesellschaften. Diese Genossen- und Gesellschaften orientieren sich am unteren Niveau der einzelnen Kategorien des Mietspiegels. Mit 7000 von insgesamt 28 700 Wohnungen ist der Einfluss der SWG (5000 WE) und der Genossenschaften gewaltig.
Trotzdem: bezahlbare Wohnungen gibt es nicht für alle Schweinfurter, was weniger an den Mietpreisen als an den Einkommen vieler Schweinfurter liegt. Mit Billigjobs und Niedriglöhnen ist eine halbwegs ordentlich ausgestattete 50-Quadratmeter-Wohnung (Baujahr 2000) kaum zu finanzieren. Kalt fallen dafür monatlich über 350 Euro an.
Immer mehr Singlehaushalte
Und mit dem Anteil der Senioren steigt auch die Altersarmut in Schweinfurt, wo wie allenthalben die Zahl der Ein- und zwei-Personen-Haushalte klettert, während die der Mehrgenerationenhaushalte sinkt. Im Jahr 1970 hatte Schweinfurt noch 21 500 Wohnungen für 58 500 Einwohner. Heute sind es 28 700 Wohnungen für 54 000 Einwohner.
Wachstum ist für Schweinfurt und die Randgemeinden prognostiziert. Doch nicht nur die von den Arbeitgebern gesuchten und gut bezahlten Fachkräfte kommen aus Deutschland und der EU, sondern Menschen aus allen Schichten und sicherlich weiterhin Flüchtlinge aus aller Welt.
Jetzt gegensteuern
Will der Stadtrat steigenden Mieten gegensteuern, muss er Wohnraum schaffen. Sich zurücklehnen und allein auf die SWG vertrauen, ist wenig, ziemlich sicher zu wenig. Beim sozialen Wohnungsbau kann er eine aktive Rolle einnehmen und so auch an Fördermittel kommen, die nicht für Wohnungsbaugesellschaften wie die SWG vorgesehen sind. Andere Städte überlegen zudem, ob man Bauherren verpflichten kann, neben Eigentum auch (per Quote) Sozialwohnungen zu schaffen.
In den vergangenen Jahrzehnten hat die Stadt Schweinfurt nicht den Fehler gemacht, sich von Immobilien zu trennen und diese zu Geld zu machen. Deshalb kann das Rathaus derzeit noch beruhigt sein. Doch ein Ausruhen ist nicht angesagt. Ansonsten werden die Mieten immer schneller und auch weit kräftiger als die Löhne steigen– auch als die Löhne der Metaller, die nicht zuletzt Dank der Gewerkschaften sich das Wohnen in Schweinfurt noch leisten können.
Fahren „Sie mit der Maus über die Karte und sehen Sie die Mietpreise in den einzelnen Stadtteilen“
Durchschnittliche Mietpreise pro Quadratmeter* – bei Wohnungen unter einer Fläche von 50 Quadratmetern steigt der Quadratmeterpreis um durchschnittlich acht Prozent. Bei einer Fläche von über 80 Quadratmetern sinkt der Preis um durchschnittlich fünf Prozent.
*Bei der Berechnung der durchschnittlichen Kaltmiete (ohne Nebenkosten) in den Stadtteilen sind wir von einer 65 Quadratmeter großen Wohnung ausgegangen, die mittelmäßig ausgestattet ist und über Badewanne oder Dusche verfügt. Berücksichtigt ist - soweit möglich - die Sanierung von Altwohnungen in den Stadtteilen. Grundlage für die Berechnung ist der Mietspiegel. Die Stadtteile Hafen-Ost, Hafen-West und Maintal wurden nicht berücksichtigt, da es sich um Gewerbegebiete handelt.