Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, explodierende Preise für Rohstoffe, Fachkräftemangel: Die Welt um uns herum ist nicht einfacher geworden in den letzten Jahren und das Wirtschaften für Firmen teilweise ein Vabanquespiel. In Schweinfurt kommt für einen Teil der Firmenbesitzer im Maintal eine Bürde oben drauf, die die Laune nach wie vor nicht steigert: Das Problem mit den falschen Grundstückspreisen und womöglich ungerechtfertigten Preisabschlägen bei Grundstücksgeschäften dort. Seit Monaten nun arbeitet die Stadt an Lösungen, intensiv derzeit mit sieben Firmen.
Das Dilemma: Ein Teil der Grundstücke im Maintal wurde offenbar mit Preisabschlägen verkauft, die aus heutiger Sicht ein Verstoß gegen den Artikel 75 der bayerischen Gemeindeordnung darstellen könnten. In diesem Artikel wird geregelt, dass Kommunen ihr Eigentum nicht unter Wert verkaufen dürfen. Liegt ein Unterwertverkauf vor und ist es ein Verstoß gegen Artikel 75, ist das Grundstücksgeschäft nichtig und der Verkauf darf im Grundbuch nicht vollzogen werden. "Es ist eine rechtlich zwingende Folge, die die Verwaltung nicht beeinflussen kann", erläutert Liegenschaftsreferentin Anna Barbara Keck auf Nachfrage.
Allerdings: Firmen sind in ihrer Entwicklung blockiert, weil die Stadtverwaltung in der Vergangenheit einen Fehler gemacht hat mit möglicherweise gravierenden Auswirkungen. Anna Barbara Keck versichert, man arbeite unter Hochdruck an Lösungen, die Materie ist aber rechtlich kompliziert und die Einzelfälle sehr unterschiedlich. "Zu berücksichtigen sind bei allen Überlegungen bayerisches Kommunalrecht, zivilrechtliche Regelungen und auch europarechtliche Vorgaben", so Keck.
Den betroffenen Firmen ist das bewusst, sie bemühen sich auch um Kooperation mit der Stadt, wie verschiedene vertrauliche Gespräche mit dieser Redaktion zeigen. Auch das Bemühen der neuen Liegenschaftsreferentin, für die Firmen tragbare Lösungen zu finden, wird zur Kenntnis genommen. Gleichwohl ist der Tenor immer gleich: Der Imageschaden für den Wirtschaftsstandort Schweinfurt ist enorm. "Das Verhältnis zur Stadt ist nach wie vor stark negativ belastet", drückt es ein Firmenbesitzer aus und fügt an: "Wenn man den Slogan 'Schweinfurt: Zukunft findet Stadt' liest, kann man sich nur wundern."
Es gibt Fälle, in denen von der Problematik betroffene Firmen ihren Sitz bereits aus Schweinfurt verlegt haben, weil sie hier vor Ort keine Gewerbesteuer mehr zahlen wollen. In mindestens einem Fall gibt es die konkrete Überlegung, aufgrund des Themas nach Auslaufen entsprechender Förderfristen sich über eine Firmensitzverlegung Gedanken zu machen. In einem anderen Fall verlor eine Firma einen Großauftrag, weil das Thema zu niedriger Verkaufspreis einen für den Auftrag geplanten Neubau auf Eis legte.
Der Imageschaden für die Stadt geht auch dahin, dass Firmen, die keinen Nachlass bekamen, sich im nachhinein im Gespräch mit dieser Redaktion verwundert zeigen, wieso ihr Geschäftsmodell anders beurteilt wurde und es keinen Nachlass gab. Was im übrigen auf die große Mehrzahl der im Maintal getätigten Grundstücksgeschäfte zutrifft.
Anna Barbara Keck erklärt, sie habe mit ihren Mitarbeitenden im Liegenschaftsamt sowie den die Stadt beratenden Rechtsanwälten "Lösungsvorschläge" erarbeitet. Keck legt Wert darauf, dass es sich nicht um Nachforderungen gegenüber den Firmen handelt. Für das grundsätzliche Problem trägt sie selbst keine Verantwortung, weil nicht sie zum damaligen Zeitpunkt der Grundstücksgeschäfte Liegenschaftsreferent war, sondern Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU), der ihr das Amt als Teil einer Neuordnung als Reaktion auf das Problem im vergangenen Jahr übertrug.
Alle Grundstücksgeschäfte im Maintal wurden nach einem bestimmten Schema noch einmal überprüft: Es gibt solche, wo eine Unterschreitung des Verkehrswertes als so geringfügig angesehen wird, dass weder nach EU-Beihilferecht noch nach Kommunalrecht Probleme drohen, die geschlossenen Verträge also wirksam bleiben.
Dann gibt es Fälle, in denen EU-Beihilferecht über die so genannte De-minimis-Regelung einen Lösungsweg aufzeichnet. Die De-minimis-Regel erlaubt die Unterstützung von Unternehmen mit öffentlichen Mitteln, sofern eine Obergrenze nicht überschritten wird. Aber: "Unabhängig davon stellt sich immer die Frage, in welcher Höhe ein Unterwertverkauf nach bayerischem Kommunalrecht noch hinnehmbar ist, ohne dass die Nichtigkeit der Veräußerung anzunehmen ist", so die Liegenschaftsreferentin.
Die individuellen Lösungen hätten immer das Ziel "eine rechtlich mögliche und für die Erwerber wirtschaftlich tragbare einvernehmliche Lösung zu erarbeiten." Konkret heißt das, laut Keck: "Hierzu gehört auch die Überlegung, eine Grunddienstbarkeit zu Lasten des Erwerbers und zu Gunsten der Stadt eintragen zu lassen, die die Bebaubarkeit des Grundstücks reduziert. Dies hätte sich zum Zeitpunkt des Verkaufs – und würde sich heute – entsprechend wertmindernd auf das Grundstück auswirken."
Die gemeinsam mit der beauftragten Rechtsanwaltskanzlei aus München entwickelten Lösungen wurden laut Stadtverwaltung der Regierung von Unterfranken zur Beurteilung vorgelegt, eine Antwort wurde auch schon gegeben. Die darin enthaltenen rechtlichen Hinweise werde man berücksichtigen, so Keck.
Auf Nachfrage dieser Redaktion erklärt Regierungssprecher Johannes Hardenacke, die Behörde habe im Februar zu den ausführlichen von der Stadt bereitgestellten Unterlagen Stellung genommen, "einzelne Anmerkungen gemacht und auch verschiedene Hinweise gegeben."
Die von der Stadt angesprochenen rechtlichen Schwierigkeiten bei der weiteren Vorgehensweise seien zutreffend. Hardenacke betont: "Die angedachte Lösung über eine einverständliche Dienstbarkeit in Form einer Baurechtsbeschränkung zu einem angemessenen Grundstückpreis zu kommen wirft allerdings weitere Rechtsfragen auf. Auf das Risiko wurde hingewiesen."
Außerdem heißt es von Seiten der Regierung weiter: "Wie die Stadt Schweinfurt letztlich mit den Fällen umgeht, in denen eine Unterwertveräußerung festgestellt wird, bleibt in ihrem Verantwortungsbereich. Es ist insoweit nicht Aufgabe der Kommunalaufsicht, der Stadt Schweinfurt eine Risikobewertung abzunehmen." Es lasse sich nicht von der Hand weisen, dass viele Fragen bis heute umstritten und in der Rechtsprechung noch nicht geklärt seien, so Hardenacke.
Tatsache ist, dass bisher kein Richter in einem das Maintal betreffenden Fall entschieden hat, ob tatsächlich ein Verstoß gegen den Artikel 75 der Gemeindeordnung vorgelegen hatte. Für manche Firmen, die wegen eines Projekts aufgrund ständig steigender Baukosten unter Druck stehen, ist die rechtliche Klärung vor Gericht aber aufgrund der zu befürchtenden jahrelangen Prozessdauer keine Option. Die entsprechenden Risiken, schreibt die Regierung, "sind jedoch von der Stadt Schweinfurt bzw. den beauftragten Rechtsanwälten abzuwägen und zu bewerten."
Viel schlimmer ist , das keiner jetzt eine Entscheidung treffen will und wir außer Bürokratie
nichts vernünftiges davon hören . Es kann doch nicht so schwer sein , die Sache baldmöglichst aus Schweinfurter Sicht zu beenden und wenn man dadurch einen Verlust erlitten hat dann ist es eben so . Will man jetzt warten bis die Firmen abwandern ??????
Wer was nicht kann, soll es bleiben lassen...
Wieviele Negativbeispiele brauchen wir eigentlich noch ?