Ob "Rocky Horror Picture Show", "Merry Fucking Christmas Party", "Rudelsingen", "Dorfpunks" oder "Zweikampfhasen" – wer einen Blick auf das neue Programm des Schweinfurter Theaters wirft, wird sich womöglich die Augen reiben. Gerade als jüngerer oder junggebliebener Mensch, der eher ein nicht theater-affines Freizeitverhalten an den Tag legt. In Schweinfurt ist's auf einmal auch für dieses Publikum interessant.
Das Lob der Mitglieder des Kulturausschusses für das neue Programm und die Arbeit des seit Februar 2022 in Schweinfurt wirkenden neuen Intendanten Christof Wahlefeld ist einhellig. Seine Aussage "Schweinfurt ist nach wie vor ein Leuchtturm in der Branche der Gastspielhäuser" hören die Lokalpolitikerinnen und Politiker natürlich gerne.
Wahlefeld hat von seinem Vorgänger eine liegengebliebene Aufgabe übernommen, die alle Theater in Deutschland betrifft: Dem Stammpublikum gerecht werden und gleichzeitig das Programm so gestalten, dass deutlich mehr neue, vor allem jüngere Gruppen, gerne kommen.
Das ist fast schon eine Herkulesaufgabe, denn auf der einen Seite sanken in Schweinfurt die Abozahlen vor allem in den vergangenen zehn Jahren rasant: Von einstmals deutlich über 6000 auf zuletzt 4279 im Jahr 2022. Erst Wahlefeld ist es nun gelungen, die Zahlen zu stabilisieren. Das Freizeitverhalten der Menschen hat sich radikal geändert. Sich mit Abonnements zu binden, findet zwar bei Streamingdiensten statt, aber nicht mehr so wie früher im Theater.
Ersatzspielstätte des Schweinfurter Theaters im Gemeindehaus wird angenommen
In Schweinfurt kommt hinzu, dass Christof Wahlefeld neben der Herausforderung Programmgestaltung auch die Herausforderung Ersatzspielstätte hat: Das Haupthaus des Theaters wird bekanntlich saniert, seit Oktober 2022 wird im Evangelischen Gemeindehaus gespielt. Dass das Publikum mit der Spielstätte zunächst fremdelte, verhehlt Wahlefeld nicht.
Aber: Kurz vor dem Ende der ersten kompletten Spielzeit dort Mitte Juni fällt die Bilanz positiv aus, die Auslastung liege mittlerweile bei 63,83 Prozent, so Wahlefeld. Für die kommende Spielzeit, die am 28. September mit der Tourneepremiere des Stückes "Der Graf von Monte Christo" beginnt und am 23. Juni 2024 mit einer Opern- und Operetten-Gala des Theaters Dessau endet, möchte der Theaterchef die Auslastung natürlich weiter nach oben schrauben.
Dazu wird zum einen verstärkt auf Marketing und Werbung gesetzt, insbesondere online und auf Sozialen Medien sowie mit YouTube-Videos. Aber auch auf weitere Erleichterungen, die das Buchen von Tickets unkomplizierter machen: Die Vorverkaufsstellen im Bürgerservice und im Museum Otto Schäfer bleiben natürlich erhalten, zusätzlich kann man sein Ticket nun aber auch in einem Live-Webshop bis fünf Minuten vor der Vorstellung kaufen und es auf dem Handy speichern.
Abonnements werden am Schweinfurter Theater wieder eingeführt
Gerade für das treue Stammpublikum – manche Theatergängerinnen und -gänger haben über mehrere Jahrzehnte schon ein Abonnement – wird dieses wieder eingeführt. Es gibt ab der neuen Spielzeit wieder das Familien-Abo, das Senioren-Abo und neu das Jugend-Abo. Die Abo-Card bleibt ebenso erhalten, so dass man sich auch individuell ein Programm zusammen stellen kann.
Das Programm selbst ist vielfältig und entspricht auch dem, was früher im Haupthaus gezeigt wurde: 158 Veranstaltungen plant Christof Wahlfeld mit seinem Team zwischen September 2023 und Juni 2024. Davon finden 112 im Gemeindehaus statt, 31 beim Kooperationspartner Museum Otto Schäfer. Sechs Mal ist das Gemeindehaus vermietet, außerdem gibt es weiterhin die beliebten Theater- und Konzertfahrten nach Meiningen, Würzburg und Bamberg, neun Stück an der Zahl.
Höhepunkte im Programm neben den eingangs erwähnten Stücken sind auch bekannte Klassiker wie das Ukulele-Orchester of Great Britain, ein Publikumsmagnet, das am 20. und 21. Januar 2024 gastiert. Seit Jahrzehnten erstmals wieder in Schweinfurt sind die berühmten Regensburger Domspatzen, die am 10. Dezember ein Weihnachtskonzert geben. Diese "Kooperation wollen wir in den nächsten Jahren auch wieder ausbauen", so der Intendant.
Der Wiener Opernball als Vorbild für Schweinfurt
Am 21. Oktober 2023, genau ein Jahr nach Eröffnung der bis Mitte 2026 zu nutzenden Ersatzspielstätte, versucht das Theater ein neues Format: den 1. Schweinfurter Theaterball, "nach dem Vorbild des Wiener Opernballs", so Christof Wahlefeld.
Ebenso etwas noch nie Dagewesenes seit Eröffnung des Theaters 1966 gibt es mit dem Stück "Cry Baby" am 27. und 28. April. Es geht um die Musikerin Janis Joplin und ihr Leben. Autor: Christof Wahlefeld. Das erste Mal, dass ein Schweinfurter Intendant ein von ihm geschriebenes Stück vor Ort auf die Bühne bringt.