Am Dienstag, 20. Juni, machten Kliniken aus ganz Deutschland bei einer bundesweiten Protestaktion unter dem Motto "Alarmstufe Rot - Krankenhäuser in Not" auf ihre kritische wirtschaftliche Situation aufmerksam. Die Lage ist ernst. Aufgrund von steigenden Personal- und Materialkosten sowie dem zunehmenden Fachkräftemangel sind viele Kliniken von der Insolvenz bedroht.
Aus Stadt und Landkreis Schweinfurt beteiligten sich die Krankenhäuser St. Josef und Leopoldina, Markt und Schloss Werneck sowie die Geomed-Kreisklinik in Gerolzhofen an der Aktion. Zwischen 10 und 15 Uhr klärten deren Geschäftsführer sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an einem Aktionsstand am Schweinfurter Marktplatz über die aktuelle Problematik auf.
"Durch die eklatanten Kostensteigerungen kommt das bisherige Krankenhausfinanzierungssystem an seine Grenzen", erklärt Jürgen Winter, Geschäftsführer des Krankenhauses Leopoldina. Gleichzeitig könnten aufgrund des Fachkräftemangels immer weniger Menschen noch stationär behandelt werden, ergänzt Wolfgang Schirmer, Geschäftsführer der Geomed-Kreisklinik.
Dadurch wiederum fehle Geld, um die gestiegenen Kosten aufzufangen. Sogar so viel, dass laut des Krankenhaus Rating Reports 2023, einer jährlichen Studie über die wirtschaftliche Lage der deutschen Krankenhäuser, fast jede zweite Klinik von der Insolvenz bedroht ist. Setzt sich der Trend fort, werden Kliniken schließen müssen und verheerende Lücken in der Gesundheitsversorgung entstehen.
Die Bedürfnisse der Menschen müssen wieder in den Fokus rücken
Deshalb wolle man mit der Protestaktion nicht nur die Bevölkerung für die Probleme sensibilisieren, sondern auch Entscheidungsdruck auf die Politik ausüben, so Schirmer. Bis zum Herbst solle endlich klar sein, wie die Reform und besonders die Finanzierung der Überbrückungszeit aussehen soll. Denn Winter ist sich sicher: Ohne finanzielle Unterstützung werden einige Kliniken die Krankenhausreform nicht erleben.
Deshalb fordern er und seine Kolleginnen und Kollegen einen sofortigen Inflationsausgleich und sammeln an ihrem Infostand Unterschriften dafür. Christoph Zeißner, zuständig für die Unternehmenskommunikation des Krankenhauses St. Josef, erklärt: "Um unsere Rolle der Patientenversorgung gerecht zu werden, benötigt der Krankenhaussektor nicht nur sofortige finanzielle Unterstützung, sondern vor allem eine strukturelle Veränderung des Finanzierungssystems."
Denn das aktuelle System spiegele auch wieder, welche Wertigkeit soziale Berufe in der Gesellschaft hätten. "Wenn ein Fließbandarbeiter mehr Geld verdient als eine Krankenschwester, dann stimmt etwas in der Wertschätzung nicht", gibt Wolfhard Walde, Vorstand des Krankenhauses Markt Werneck, zu bedenken. Er ist der Meinung, dass die Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens als Daseinsvorsorge ökonomiebefreiter werden und die Bedürfnisse der Menschen stärker in den Fokus rücken müssen.
Auch für Norbert Jäger, Direktor des Krankenhauses St. Josef, stehen die Patientinnen und Patienten an erster Stelle. Von der Politik würde er sich mehr Freiheiten wünschen, eigene Ideen im Rahmen der Krankenhausreform einzubringen. "Es ist besser, Veränderungen vor Ort gemeinsam zu gestalten, als durch Gesetzesänderungen und Verordnungen diktiert zu bekommen." Die finanzielle Entwicklung der Krankenhäuser treibe ihn auch privat um und manchmal frage er sich: "Wer pflegt mich einmal?"
Die Menschen waren offen und zeigten Verständnis für die Protestaktion
Diese Unsicherheit scheine auch viele Schweinfurterinnen und Schweinfurter zu beschäftigen, vor allem diejenigen, die betroffene Angehörige haben oder selbst Erfahrungen mit Versorgungsengpässen gemacht haben, erklärt Wolfgang Schirmer. Die Menschen, mit denen sie sich unterhalten haben, hätten alle Verständnis für die Protestaktion gehabt.
So zeigt er sich zufrieden mit dem Ergebnis der Aktion. Viele Menschen seien sogar direkt zu ihnen gekommen, weil sie von der Aktion gelesen hätten und für den Inflationsausgleich unterschreiben wollten. Es wird sich zeigen, was die Politik daraus macht.