
Vor einem Jahr startete der Mammut-Prozess gegen den Kopf der Gemeinschaft "Go&Change" aus Lülsfeld (Lkr. Schweinfurt). Nach 33 Verhandlungstagen verurteilte das Landgericht Schweinfurt den heute 43-jährigen Kai K. im November wegen Vergewaltigung, eines sexuellen Übergriffs und Körperverletzungen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Außerdem ordnete das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Doch das Urteil ist bis heute nicht rechtskräftig.
Die Verteidigung hatte kurz nach Prozessende Revision eingelegt. Das Urteil liegt inzwischen schriftlich vor, teilt ein Gerichtssprecher auf Nachfrage mit.
Bundesgerichtshof muss über Schweinfurter Fall entscheiden
Somit hätten die Anwälte von Kai K. jetzt "Gelegenheit, die Revision inhaltlich zu begründen". Erst wenn das geschehen ist, geht die Revision an den Bundesgerichtshof (BGH). Die Karlsruher Richter brauchen in der Regel noch einmal mehrere Monate für eine Entscheidung.
Was bedeutet das für den Verurteilten, der unter seinen Anhängerinnen und Anhängern den Status eines Gurus genießt? Fakt ist: Kai K. war im Mai 2023 festgenommen worden, weil er seine frühere Partnerin geschlagen, vergewaltigt und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt haben soll - laut Anklage, um ihr angebliche Dämonen auszutreiben. Bei "Go&Change" soll damals die Angst geherrscht haben, dass die Gemeinschaft und insbesondere ihr Anführer von satanistischen Zirkeln bedroht werden.
Im Oktober 2023 war Kai K. in eine forensische Psychiatrie verlegt worden. Ein Gutachter hielt Kai K. nur für teilweise schuldfähig, diagnostizierte bei ihm eine drogeninduzierte Psychose und eine Substanz-Konsum-Störung, eine Form der Drogensucht.
Noch ist Kai K. in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht
Bis heute ist der 43-Jährige in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Laut Sprecher des Gerichts in Schweinfurt haben seine Anwälte bislang auch keinen "Antrag bezüglich einer Beendigung der Unterbringung" eingereicht.
Dennoch scheint es nicht ausgeschlossen, dass Kai K. wieder auf freien Fuß kommt, noch bevor das Urteil rechtskräftig wird: Im Schnitt endet die Behandlung in einer Entziehungsanstalt nach zwei Jahren. Sind dann noch Haftstrafen zu verbüßen, werden sie im Regelfall dann zur Bewährung ausgesetzt. Demnach könnte der "Go&Change"-Kopf also unter Umständen im Oktober 2025 frei kommen.
Generaloberin äußert sich zum Verkauf des Klosters: Erlöserschwestern fassungslos
Unterdessen ist es um "Go&Change" still geworden. Zwar wurden in Lülsfeld im Herbst per Internetanzeige drei Wallabys, eine Känguru-Art, wie sie die Gemeinschaft hält, zum Verkauf angeboten. Doch allen Gerüchten zum Trotz gibt es derzeit keine Anzeichen, dass die Gemeinschaft das frühere Kloster Maria Schnee verlässt. "Go&Change" hatte das Anwesen 2017 von den Erlöserschwestern gekauft.
Vor Kurzem hat sich Generaloberin Schwester Monika Edinger im "Würzburger katholischen Sonntagsblatt" zu dem damaligen Geschäft geäußert: "Trotz Bemühungen und intensiver Recherchen bleibt eine hundertprozentige Absicherung bei einem Verkauf immer schwierig", verteidigte die Generaloberin den Schritt. Die Entwicklungen in Lülsfeld im ehemaligen Kloster der Kongregation habe man "mit Fassungslosigkeit" in den Medien verfolgt.

Die Lülsfelder nehmen die Situation inzwischen zumindest teilweise mit Humor. Im Januar trat die Lülsfelder Theatergruppe mit einer "rabenschwarzen Komödie in drei Akten" im Sportheim auf. Der Titel: "Im Kloster ist der Teufel los". Auch wenn auf dem Werbeflyer das frühere Kloster Maria Schnee abgebildet war, hatte das Stück indes nichts mit den Ereignissen bei "Go&Change" zu tun.