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Schweinfurt
Schweinfurter Schüler entwickeln Klimaschutzprojekt für Ghana: Was das mit den Hobbits aus "Herr der Ringe" zu tun hat
Schüler am Walter-Rathenau-Gymnasium in Schweinfurt haben im Unterricht ein klimafreundliches Farmhaus entwickelt. Dafür wurden sie nun ausgezeichnet.
Laura Krüger (12), Valentina Gold (12) und Leon Bernhardt (19, von links) arbeiten gemeinsam mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern aus der sechsten und elften Klasse an einem Farmhaus für Arbeitskräfte auf einem Bauernhof in Ghana.
Foto: Marcel Dinkel | Laura Krüger (12), Valentina Gold (12) und Leon Bernhardt (19, von links) arbeiten gemeinsam mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern aus der sechsten und elften Klasse an einem Farmhaus für Arbeitskräfte auf einem ...
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 06.08.2024 02:41 Uhr

Was im ersten Moment nach Fantasie klingt, hat auf den zweiten Blick einen realen Bezug zu aktuellen Problemen auf der Welt. Aus kleinen Knetbausteinen und dünnen Holzstäbchen haben der Elftklässler Leon Bernhardt (19) und seine beiden jüngeren Mitschülerinnen Laura Krüger (12) und Valentina Gold (12) aus der sechsten Klasse am Walter-Rathenau-Gymnasium in Schweinfurt ein Miniaturmodell einer Lehmhütte entworfen.

In ihrem jahrgangsübergreifenden Schulprojekt "FutureLab Schweinfurt: Gemeinsam Heimat und Welt verändern" setzen sich die Schüler kreativ mit dem Klimawandel und dessen Folgen für die Menschen in Ghana auseinander. Die nämlich arbeiten zu einem Großteil in der Landwirtschaft und leiden damit besonders unter den steigenden Temperaturen.

Farmarbeitern in Ghana fehlen Wohnungen

Um auf den Farmen zu arbeiten, pendeln viele Ghanaer aus den Städten zum Arbeiten auf das Land, erklärt Laura Krüger. "Das Problem ist, viele kündigen nach einer Zeit, weil sie kein richtiges Haus und Wasser für ihre Familien haben." Um den Menschen dort zu helfen und gleichzeitig zu lernen, beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler deshalb mit praktikablen Lösungsansätzen für die Probleme der lokalen Bevölkerung. Ihre Ideen tauschen sie mit Schülern ihrer Partnerschule in Kisi, lokalen Unternehmen aus Schweinfurt und Wissenschaftlerinnen der Universität Würzburg aus.

Kisi liegt im Südwesten von Ghana. Weil dort ganzjährig ein feuchtwarmes Klima um durchschnittlich 30 Grad herrscht, mussten sich die Schüler nicht nur ein Konzept für ein Haus, sondern auch Möglichkeiten überlegen, wie sie es nachhaltig kühlen können. 

Hier kommen die Hobbits aus der Filmreihe "Der Herr der Ringe" ins Spiel. Die nämlich leben dort in sogenannten Hobbithöhlen, die in der Erde verbaut sind. Das habe einen dämmenden Effekt, meint Valentina. Leider habe man die Idee wegen des Aufwands zwar verwerfen müssen, "aber genau auf diesen Prozess, hin zu einem umsetzbaren Modell, kommt es an", bekräftigt Leon Bernhardt.

Unterricht nach phänomenbasiertem Lernen

Ins Leben gerufen hat das Projekt der Politik-, Musik- und Geografielehrer Oliver Kunkel. Ziel sei es, den Unterricht mithilfe von phänomenbasiertem Lernen so aktiv und vielseitig wie möglich zu gestalten. "Wir haben die komplexen natürlichen Systeme auseinanderdividiert und zerstört. Wenn wir eine Chance haben, unser menschliches Leben auf der Erde zu erhalten, müssen wir solche komplexen Systeme wieder schaffen", verdeutlicht Kunkel.

Sudehan Karaman (18), David Breit (12) und Luis Bühl (12) haben für die Landwirte in Ghana ein Modell für eine schwimmende Photovoltaikanlage  entworfen. Bald soll ein erster Prototyp davon auf einem See bei Volkach (Lkr. Kitzingen) gebaut werden.
Foto: Marcel Dinkel | Sudehan Karaman (18), David Breit (12) und Luis Bühl (12) haben für die Landwirte in Ghana ein Modell für eine schwimmende Photovoltaikanlage entworfen.

Das Prinzip übergreifender Systeme wendet Kunkel auch auf das Lehrmodell an. Phänomenbasiertes Lernen heißt das Ganze. Die Methode werde seit Jahren auch im Unterricht in skandinavischen Schulen erfolgreich praktiziert. Entscheidend dafür sei es, verschiedene Expertinnen und Experten aus der Umgebung in den Lernprozess einzubinden. Von lokalen Landwirten über Baufirmen bis hin zu Politik und Wissenschaft, so Kunkel.

Schüler lernen Verantwortung zu übernehmen

Ziel ist es, dass die jungen Leute nachhaltiger lernen. Zwei Stunden pro Woche sind dafür im Lehrplan vorgesehen. Damit das gelingt, behandeln auch Lehrkräfte anderer Fächer Aspekte daraus im Unterricht. Alles andere als selbstverständlich, meint Kunkel. Dabei lernen die Schüler auch klassenübergreifend zu arbeiten. Und auch das internationale Lernen über Landesgrenzen hinweg sei eine völlig neue Erfahrung. "Das Bewusstsein voneinander zu lernen, ist meiner Meinung nach relevant in dieser Welt", so Kunkel.

"Das Gute daran ist, dass wir Schüler dadurch mehr Verantwortung für den Unterricht haben", sagt Valentina. So dürften sie und ihre Klassenkameraden auch mal selbst entscheiden, welchen Weg sie einschlagen und was funktionieren könnte. "Wenn man das Ergebnis dann sieht, ist das schön."

Projekt auf Partner und Förderungen angewiesen

Damit das Projekt künftig weiter bestehen könne, sei man jedoch auf weitere Partner und Förderungen angewiesen, sagt Kunkel. "Bisher haben wir noch keinen Zuschlag erhalten." Die bisherigen Kosten hat Kunkel zum größten Teil aus eigener Tasche bezahlt. Immerhin: Beim Schulwettbewerb zur Entwicklungspolitik wurde das Projekt jüngst mit einem Sonderpreis des Bundeslandes Bayern ausgezeichnet. Kunkel erhielt zusätzlich den Engagementpreis für Lehrkräfte. Preisgeld gab es keines. 

Im nächsten Schritt stellen Laura, Valentina, Leon und ihre Mitschüler das Projekt via Internet ihren Partnern in Afrika vor. Ein erstes Haus für Wachleute auf der Farm sei bereits finanziert. Sechs weitere sollen folgen. Und auch das Problem mit der Kühlung haben die Schüler bereits gelöst. "Wir haben einen Kühlturm entworfen, der Regenwasser sammelt und durch Leitungen in die Hauswände pumpt", sagt Laura Krüger. Die Energie dafür liefern Solarplatten, die auf Bambusdächern montiert sind.

 
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