Wie gut war die Arbeit der Stadtverwaltung während der Corona-Pandemie seit März 2020? Wie gut die des Gesundheitsamtes? Und welche Lehren zieht man aus den Problemen, die es wegen der wochenlang sehr hohen Inzidenz und einer unter dem Durchschnitt liegenden Impfquote gibt? Berechtigte Fragen. Die Antworten sind allerdings ganz offenbar auch eine Frage der Perspektive.
Ordnungsreferent Jan von Lackum ist sozusagen das Gesicht der Stadt Schweinfurt in den diversen Corona-Krisenstäben, er war von Anfang an eingebunden und hat vor allem in den vergangenen Monaten, als die Kritik am Gesundheitsamt bei der Suche nach den Ursachen für die vielen Infektionen vor allem in der Stadt stark anschwoll, maßgeblich dafür gesorgt, dass Lösungen gefunden und Dinge anders gehandhabt wurden. Kein Wunder also, dass er sich vom Antrag der Freien Wähler, FDP und proschweinfurt im Hauptausschuss nicht nur angesprochen, sondern angegriffen fühlte.
FW-Fraktionssprecher Stefan Labus betonte zwar, es gehe nicht um Schuldzuweisung, sondern darum, aus den Fehlern bei den Themen Kontaktpersonenverfolgung, hohe Inzidenz und weniger Impfungen als im bayernweiten Durchschnitt zu lernen. Er machte seine Sicht aber auch klar: "Es fehlte an guten Ideen, Kreativität und Mut." Die drei Parteien hatten auch ein Gremium aus Stadträten gefordert, das das Handeln der Verwaltung in den vergangenen Monaten bilanzieren sollte.
Stadtverwaltung verwahrt sich gegen aus ihrer Sicht unsachliche Kritik
Jan von Lackum fand deutliche Worte. Ihm war anzumerken, dass ihm die Kritik nahe ging: "Ich bin enttäuscht und verärgert. Sie kaschieren den Wunsch nach Aufklärung in Pauschalkritik", hielt er Labus entgegen. Natürlich seien auch Fehler passiert, man müsse aber den gesamten Zeitraum sehen und nicht nur einzelne Wochen heraus greifen.
Die Art der Kritik, so von Lackum, "macht es schwierig für uns, die Mitarbeiter in der Verwaltung weiter zu motivieren, die seit 17 Monaten unter Pandemiebedingungen arbeiten". Man dürfe nicht vergessen, dass die Verwaltung ihre normalen Aufgaben zusätzlich zur Bewältigung der Pandemie ganz normal wahrgenommen habe.
Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) betonte, die Stadt habe immer ausführlich auf allen ihr zur Verfügung stehenden Kanälen die Bürger informiert. "Wir tun alle unser Bestes in der Verwaltung und in den städtischen Töchtern wie Stadtwerke oder Leopoldina-Krankenhaus." Er habe kein Problem mit Kritik, forderte die Stadträte aber auch auf, aktiv auf die Verwaltung bei Fragen zuzugehen – das geschehe aus seiner Sicht verhältnismäßig selten.
Jan von Lackum ging außerdem ausführlich darauf ein, was die Stadt in den verschiedenen kritisierten Themenfeldern tatsächlich unternommen hat und hatte neben einer 13-seitigen Tischvorlage noch neun Seiten für die Stadträte aufgearbeitet, was der Krisenstab und die Verwaltung genau taten.
Vor allem die Frage, welche Behörde wofür zuständig ist, ist bei der Beurteilung des städtischen Handelns wichtig. Der Ordnungsreferent erläuterte die Zusammenarbeit mit dem am Landratsamt angesiedelten Gesundheitsamt, die grundsätzlich als gut eingestuft werde. Dass die Antwort auf die Ursache der hohen Inzidenzen meist lautete "diffus", habe die Stadt auch nicht zufrieden gestellt, war aber tatsächlich so, wie man auf vielen Karten, die den Stadträten oft präsentiert wurde, sehen konnte.
Die Stadt habe bekanntlich im Juni selbst gehandelt, als man einzelne Cluster bei größeren Familienverbänden feststellte und entsprechend Aufklärung betrieben und Hilfe angeboten, so von Lackum. Ein anderes Thema sei die Abhängigkeit als Kommune von Bund und Freistaat Bayern und den dort getroffenen Entscheidungen.
Natürlich müsste jetzt gehandelt werden, um im Herbst eine vierte Welle zu vermeiden, stimmte von Lackum Forderungen verschiedener Stadträte zu: "Aber es sind Ferien, es ist Sommer, es steht die Bundestagswahl bevor und es sind erst rund 50 Prozent der Menschen geimpft. Das sind schlechte Bedingungen, um Entscheidungen zu treffen, die weh tun", fand er offene Worte. Auch deshalb, um klar zu machen, dass die Verwaltung ihr Bestes tue, aber in vielen Bereichen nur umsetzen könne, was vorgegeben werde.
Auch das Thema Impfen nahm größeren Raum ein. Für den OB geht es darum, "auch den letzten Impfwilligen an die Nadel zu bringen." Dafür werde auch niederschwellig viel getan, wie Impfbusse oder Stadtteil-Impfzentren: "Sie müssen nichts anderes tun, als ihren Ausweis mitbringen, es braucht keinen Termin, keine Anmeldung", appellierte der OB an die Bevölkerung, sich impfen zu lassen als einzigem Weg zurück zur ersehnten Normalität.
Dass Schweinfurt beim Impffortschritt weit hinter anderen Regionen in Bayern liege, wollte Jan von Lackum pauschal nicht gelten lassen. Man dürfe zum einen nicht vergessen, dass der Anteil von 8,1 Prozent Menschen über 80 in der Stadt deutlich höher sei als in anderen Regionen. Zum anderen müsse man die Arztpraxen in der Stadt und ihre Strukturen beachten.
FDP, Freie Wähler und proschweinfurt wollen noch mehr Transparenz für Bevölkerung
In der Diskussion betonten Georg Wiederer (FDP) und Christiane Michal-Zaiser (proschweinfurt), es gehe nicht darum, die Verwaltung bloß zu stellen. Bürger trügen ständig neue Sorgen an sie heran, "zum Beispiel die Trennung von Stadtverwaltung und Gesundheitsamt versteht niemand", so Michal-Zaiser. Die ausführliche Darstellung durch die Stadt begrüßte sie und wünschte, dass diese auch den Bürgern zur Verfügung gestellt werde.