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Schweinfurt
Rückzug aus der Jugendarbeit in Schweinfurt: Kirche kündigt die Schließung des Jugendtreffs kom,ma an
Nicht nur Immobilien stößt die Diözese ab, jetzt setzt sie auch den Rotstift in der caritativen Arbeit an. Die Stadt muss nun einen neuen Träger fürs kom,ma finden.
Die Diözese Würzburg hat die Schließung des Jugendtreffs kom,ma angekündigt. Bis Ende des Jahres, längstens bis Februar, hat die Stadt laut Sozialreferent Jürgen Montag Zeit, eine Nachfolgelösung zu finden. 
Foto: Anand Anders | Die Diözese Würzburg hat die Schließung des Jugendtreffs kom,ma angekündigt. Bis Ende des Jahres, längstens bis Februar, hat die Stadt laut Sozialreferent Jürgen Montag Zeit, eine Nachfolgelösung zu finden. 
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:58 Uhr

Es war ein Paukenschlag: Mitte Juli flatterte der Stadtverwaltung Schweinfurt ein Brief der Diözese Würzburg ins Haus, dass mit Beginn der Sommerferien die Hausaufgabenbetreuung im kirchlichen Jugendtreff kom,ma eingestellt wird. Und nicht nur das: Ende Oktober 2023 soll das kom,ma ganz geschlossen werden.

Dass beide Angebote bis jetzt noch existieren, liegt nicht etwa daran, dass es sich die Kirche anders überlegt hätte. "Der Rückzug ist Fakt", bedauert Sozialreferent Jürgen Montag. Die Stadt habe lediglich einen Aufschub bis Ende des Jahres, längstens bis Februar, bekommen, um eine Nachfolgelösung zu finden. Ob es die geben wird, ist nach derzeitigem Stand eher fraglich.      

Was ist passiert, dass die Diözese Würzburg so eine einschneidende Maßnahme vornimmt? Das kom,ma im Dekanatszentrum, dem heutigen +plus.punkt-Kirche für die Region, besteht seit über 50 Jahren. Es ist ein Angebot für Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren zur sinnvollen Freizeitgestaltung. Neben den festen Angeboten wie Offener Treff, Hausaufgabenbetreuung, Jugendveranstaltungen und Mitmach-Angeboten in den Ferien gibt es auch Workshops und Projekte. "Das kom,ma ist für Schweinfurt sehr wichtig", sagt Sozialreferent Montag. Es ist der einzige Jugendtreff in der Innenstadt.

Bistum äußert sich nicht

Eine Erklärung für den Rückzug aus der Jugendpastoral in Schweinfurt gibt das Bistum nicht. Auf mehrfache Nachfrage dieser Redaktion teilt die Pressestelle des Bischöflichen Ordinariats mit, dass sich das Bistum aktuell nicht zu Detailfragen äußere. Es würden noch Gespräche über die künftige Aufstellung des kom,ma laufen. Also gibt es doch noch Hoffnung?

Sozialreferent Montag verneint: "Die Kirche sagt, mit uns ist es kein Thema mehr." Sie muss sparen. Nicht nur Immobilien werden deshalb abgestoßen, sondern auch Mittel für caritative, kulturelle und seelsorgerische Aufgaben gekürzt. Einrichtungen wie das kom,ma stehen deshalb wohl nicht mehr auf der Prioritätenliste.

Nicht nur Schweinfurt trifft das. Auch die Stadt Aschaffenburg hatte einen Brief vom bischöflichen Ordinariat bekommen, dass die in Aschaffenburg betriebene Jugendeinrichtung Katakombe zum Jahresende geschlossen werden soll. Laut Tanja Sebald, der Leiterin des Jugendamtes Aschaffenburg, ist das inzwischen aber vom Tisch: "Die Diözese sucht nach Lösungen für ein tragfähiges Zukunftskonzept im pastoralen Raum." 

Von Billard bis Playstation reicht die breite Palette des Freizeitangebots im Jugendtreff kom,ma.
Foto: Anand Anders | Von Billard bis Playstation reicht die breite Palette des Freizeitangebots im Jugendtreff kom,ma.

Seitens der öffentlichen Jugendhilfe werde diese Entscheidung sehr begrüßt, sagt Sebald, da es sich bei der Katakombe um eine "wichtige, niedrigschwellige Einrichtung im Stadtgebiet handelt". Das Jugendamt der Stadt Aschaffenburg sei auch zukünftig an einer guten Zusammenarbeit mit der Diözese Würzburg interessiert.

In der Stadt Schweinfurt hingegen muss man sich laut Sozialreferent Montag auf die Suche nach einem neuen Träger machen. Und die gestaltet sich schwierig. Bislang habe es viele Absagen gegeben, heißt es. Das Problem ist die Finanzierung, die bislang die Diözese gestemmt hat. Die Stadt hatte lediglich den laufenden Betrieb mit 1000 Euro jährlich bezuschusst, auf Antrag der Diözese dann 2022 den Zuschussbetrag auf 11.000 Euro aufgestockt. Zusätzlich wurde die Hausaufgabenbetreuung mit 6487 Euro von der Stadt unterstützt. "Zu diesen Konditionen wird es wohl niemand mehr machen", glaubt Montag. 

Kein Geld im Haushalt eingeplant

Wie soll es nun weitergehen? Dass die Stadt selbst als Träger einsteigt, wäre eine Alternative, aber "ein neuer Riesenbrocken" für den städtischen Haushalt, so Montag. Schon jetzt stelle sich die Frage, wie das laufende Jahr finanziell gestemmt werden soll, wenn die Kirche so kurzfristig aussteigt. Der Haushalt 2024 steht, er wird in den nächsten Wochen verabschiedet. Zusätzliche Gelder fürs kom,ma sind nicht eingeplant. "Wir suchen also einen Nachfolger, ohne zu wissen, wie wir es finanzieren sollen."

Ungeklärt ist laut Montag auch, ob die Diözese überhaupt die Räumlichkeiten im Dekanatszentrum weiterhin zur Verfügung stellen wird. Und wenn ja, zu welchen Konditionen. Bislang habe die Stadt auf diese Anfrage noch keine Antwort aus Würzburg bekommen.

Die Stadt Schweinfurt hatte 2015 den Umbau des Dekanatszentrums mit der Neugestaltung des Pentagons hinter dem Hauptgebäude zu einem modernen Jugendtreff mit einer sechsstelligen Summe gefördert. Diesen Bauzuschuss werde man sich eventuell zurückholen, kündigt Montag schon mal als Reaktion auf den Rückzug der Kirche an und meint verärgert: "Der Steuerzahler ist nur noch der Reparaturbetrieb."

Breitgefächertes Freizeitangebot im kom,ma

Zwischen 35 und 50 Jugendliche kommen täglich im kom,ma vorbei, die Hausaufgabenbetreuung nutzen etwa 20 Mädchen und Jungen. So breitgefächert wie ihre Herkunft ist auch das Programm im Jugendtreff.

Musicalprojekte wie 'Captain Hook' im vergangenen Jahr im Jugendtreff kom,ma begeisterten viele Kinder.
Foto: Natalia Mleczko | Musicalprojekte wie "Captain Hook" im vergangenen Jahr im Jugendtreff kom,ma begeisterten viele Kinder.

Der große Saal im Erdgeschoss bietet jede Menge Freizeitmöglichkeiten wie Tischtennis, Billard, Dart, Computerspiele oder Musik machen. Auf der Empore laden der Fitnessbereich und der Playstation-Raum zum Auspowern oder Abhängen ein. Auch als Veranstaltungsraum kann der Saal genutzt werden. Er ist mit einer Bühne sowie Ton- und Lichttechnik ausgestattet. Im Kellergeschoss sind eine Werkstatt und fünf weitere Gruppenräume vorhanden.

Aktuell arbeitet ein hauptberufliches Team an Erziehern unter der Leitung von Sozialpädagogin Marie Lauer im Jugendtreff. Das kom,ma wird außerdem von Praktikantinnen und Praktikanten sowie von vielen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt.

Als einziger Jugendtreff in der Innenstadt sei Schweinfurt dringend darauf angewiesen, dass das kom,ma weiter bestehen bleibt, sagt Montag. Fraglich sei aber, "ob wir es uns leisten können".

 
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Kommentare
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  • Stefan Fuchs
    Was soll das Gejammer?
    Wir schicken unsere Kinder einfach in die Koranschule. Dort sind sie gut untergebracht und machen keinen Blödsinn.

    Satire Ende

    Denk ich an Deutschland in der Nacht, so bin ich um den Schlaf gebracht.
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  • Bernhard Mott
    Die Kirche muss sparen, das ist Fakt. Hier bin ich aber persönlich der Meinung, dass die Prioritäten falsch gesetzt sind. Jugend ist Zukunft, da sollte man nicht sparen, sondern investieren. Gilt aber auch für die Stadt. Vielleicht gibt es ja doch noch eine gemeinsame Lösung - Kirche und Stadt.
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Immer mehr Leute wollen Kirchensteuer sparen

    aber "die Kirche" möchte sich doch freundlicherweise weiter um alle/s kümmern, was "der Staat" links liegen lässt. Man finde den Fehler.
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  • Christopher Richter
    Man muss sagen, dass es tolle Angebote der Jugendarbeit in Schweinfurt gibt. Man kann die Einrichtungen und die Mitarbeiter nur loben für ihre Ideen. Aber die Innenstadt in Schweinfurt verkommt immer mehr zum Stiefkind. Herr Montag hat es deutlich gesagt, dass der Verlust dieser Einrichtung eine Katastrophe ist. Und je mehr sich die Kirche zurückzieht bzw. zurückziehen muss wegen klammer Kassen desto weniger sichtbar wird sie auch. Man hat das Gefühl es geht nur noch nach unten und die Talsohle ist noch nicht erreicht
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  • Thomas Diener
    @ Völker :Kann ich nicht ganz nachvollziehen
    Die Kirche muß sich gewaltig umstellen und ein sehr großer und guter Teil wäre es gewesen ,
    sich mehr um die Jugendlichen usw. zu kümmern und dafür gewisse Prachtbauten usw.
    wegzulassen . Der soziale Bereich in der Kirche fällt auf Dauer komplett weg und dann
    fragt man sich warum soviele aus der Kirche austreten .
    Bei allen problemen sind immer die anderen Schuld , aber was kriegt man denn wirklich
    zur Zeit geklärt ? Beim Mißbrauch ein rumgeeiere ohne Ende , immer mehr Bürokratie ,
    die Ehrenamtlichen stößt man mit unsinnigen Entscheidungen immer mehr vor dem Kopf.
    Und irgendwie haben die Verantwortlichen immer noch nicht die Zeichen der Zeit
    erkannt und nach sinnvollen Lösungen gesucht .
    Wenn es so weitergeht , wird es in ein paar Jahren keine Kriche mehr geben, weil sie sich
    selbst wegrationalisiert hat !
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  • Hans-Ullrich Völker
    Ich gebe Ihnen völlig Recht. Der Rückzug aus der Jugendarbeit ist die schlechteste Idee zum Sparen. Ich wollte nicht die Kirchenaustritte an sich kritisieren, sondern nur die logische Folge in den Zusammenhang bringen. Da sind aber nicht die Schuld, die austreten, sondern die, die für die Austritte verantwortlich sind. Die Gründe benennen Sie.
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  • Matthias Braun
    Bevor jetzt Jugendeinrichtungen geschlossen werden sollte man sich lieber von noch mehr alten Kirchenbauten trennen. Das spart noch mehr Geld und ein Gottesdienst kann auch in einem Jugendtreff abgehalten werden .
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  • Anja Federlein
    Die Frage ist hier doch, wie viele der Kinder sind hier in der Kirche? Wieso sollte eine Kirche hier eindeutig kommunale Aufgaben erfüllen?
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  • Hans-Ullrich Völker
    Das passiert, wenn viele Menschen aus der Kirche austreten, dann gibt es solche Angebote eben auch nicht mehr. Das wäre allerdings besser verkraftbar in einer Stadt, die sich mit aller Kraft um ihre kommunalen Aufgaben kümmert. In Schweinfurt ist man hingegen überrascht. Wie von vielen anderen Dingen auch. Vielleicht hätte der Stadtrat in den letzten Jahren weniger über die Tauben und mehr über die ernsthaften Probleme der Stadtentwicklung diskutieren müssen. Ist die Stadt nicht attraktiv und lebenswert, findet die Industrie und andere Firmen keine qualifizierten Arbeitskräfte, die hierher ziehen wollen. Irgendwann schließen die Firmen dann. Die Welt ist schließlich groß, woanders gibt es auch Standorte.
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