Eine 3,80 Meter große Geigenfeige macht sich gut im hohen geräumigen Hauptraum im Schweinfurter kom,ma. Wie ein Symbol für die 38-jährige Geschichte ragt sie in die Höhe, auf Rollen verschiebbar. Im offenen Jugendtreff im Dekanatszentrum in der Schultesstraße hat sich in den vergangenen Monaten einiges getan: Der erste Bauabschnitt mit dem Umbau des hinteren Saalbaus ist abgeschlossen, inzwischen sind die Bauarbeiten im Haupthaus in vollem Gange. Das kom,ma ist in den Faschingsferien in seine neuen Räume umgezogen.
Leiterin Martina Stamm steht beim Besuch der Redaktion vorn an der Durchfahrt zum Hinterhof, sie hat zwischenzeitlich ein Plakat an der Hausfassade anbringen lassen. „Seitdem wir hinten sind, findet man uns nicht mehr so leicht“, sagt sie. Der neue Eingang ist tatsächlich etwas versteckt hinter einem Bauwagen. Immerhin: Die Jugendlichen wissen nach dem ersten Besuch, wo es lang geht.
Ein Art Dorflinde, um die man sich versammelt
Martina Stamm hat die Jugendtreff-Leitung erst vor wenigen Wochen von Marie Lauer übernommen, die sich nach drei Jahren vorübergehend in Elternzeit verabschiedet hat. Mit dem Umzug in neue Räume kommen bei manchem Erinnerungen auf, bei anderen, vornehmlich den jüngeren im Team auch Fragen: Zum Beispiel was sich im Jugendtreff seit seiner Eröffnung 1968 verändert hat. Um mehr über die Unterschiede Früher und Heute zu erfahren, lädt Martina Stamm Günther Schäfer, Jugendtreff-Leiter von 1991 bis 2013, ins neue kom,ma ein.
Schäfer kennt die neuen Räume schon; obwohl in Ruhestand, schaut er immer wieder im kom,ma vorbei: den hellen Fitnessbereich auf der Empore, den Raum mit Playstation-Konsole, den geräumigen Bereich für die Hausaufgabenbetreuung im Keller sowie das Herzstück des kom,ma, den riesigen turnhallenhohen Raum mit eingebauter grün bemalter Box, in der Vorräte lagern und die Toiletten untergebracht sind.
Früher Freizeitheim, heute Jugendtreff
„Die Geigenfeige soll eine Art Dorflinde werden“, um die sich die Jugendlichen auf Sitzgelegenheiten treffen können, erklärt Martina Stamm. Der frühere Veranstaltungssaal des Dekanatszentrums beherbergt nach der Renovierung jetzt Internet-Café auf der Bühne, Küche, Esstische, Billardtisch und die Lagerbox. Die Räume sind großzügig, für manch privates Gespräch unter Jugendlichen vielleicht auch zu offen. Früher waren die Räume des Freizeitheims, wie es bis 2008 geheißen hatte, klein und oft dunkel.
Schäfer kennt die Anfänge der Jugendeinrichtung der Diözese Würzburg aus eigener Erfahrung – in den Anfangsjahren kam der spätere Sozialpädagoge selbst ab und an als Jugendlicher als Gast. „Ich bin ein paar Mal hinausgeschmissen worden“, sagt er und lacht vielsagend. Schäfer hat viel erlebt und viel zu erzählen.
Nach der Eröffnung 1968 kamen in das Haus der Offenen Tür zunächst die Gymnasiasten, die nach der Schule laut Schäfer „drei Stunden in Schweinfurt gefangen“ waren, bis sie der nächste Bus nach Hause brachte. Außerdem war das Freizeitheim eine Zeit lang auch für Sechs- bis 14-Jährige offen. Fast gleichzeitig mit dem Leitungswechsel zu Günther Schäfer 1991 folgte dann der Fokus auf Jugendliche, „Kinderbetreuung war nicht unsere Welt“, sagt er heute lachend. „Zudem haben wir eine Marktlücke in Schweinfurt entdeckt.“ Die Hausaufgabenbetreuung für Schüler ab der fünften Klasse sei neu gewesen, sie wurde 1996 auf Kleingruppen von drei bis vier Schüler begrenzt, und vom Jugendamt gefördert.
WLAN ist das Nonplusultra
Wer kommt ins kom,ma? Der Blick ins konsequent mit Vornamen, Alter und Wohnort geführte Gästebuch, sagt Martina Stamm, dass „der Anteil der Mädchen unter den Jugendlichen im kom,ma deutlich gewachsen“ sei. Sie schätzt ihn auf 25 bis 30 Prozent und führt das auch auf das Projekt „Medien und Mädchen“ zurück, das eine Berufspraktikantin durchgeführt hat. Nach wie vor sind viele Nationen vertreten, 2008 hat Schäfer einmal 16 gezählt.
„Heute kann man das nicht mehr so sagen“, sagt Stamm. Schon die Eltern vieler Jugendlicher sind in Deutschland geboren. Aber immer noch gibt es viele verschiedene Migrationshintergründe der Jugendlichen.
Früher reichte der Billardtisch, heute ist zusätzlich das freie WLAN das Nonplusultra, das Jugendliche in den Jugendtreff zieht. War also früher alles einfacher? Keineswegs, sagt Günther Schäfer: „Am Anfang war ich wie der Marshal von Dodge City.“
Wie im Wilden Westen hat er Jugendlichen, die bandenähnliche Strukturen hatten, Schreckschusswaffen und Wurfsterne abgenommen. Außerdem lernte er gängige Schimpfwörter auf Türkisch, um manchem Paroli bieten zu können, der sie benutzte. Der Umgang ist heute vermutlich ein besserer, sagt auch Martina Stamm. Und manchen der schwierigen Kerle von damals hat Günther Schäfer schon mit Kinderwagen durch die Stadt laufen sehen.
Programm am 17. Juni
Beginn der Einweihung ist um 17 Uhr im Jugendtreff kom,ma in der Schultesstraße 21. Domkapitular Christoph Warmuth segnet die neuen Räume. Zudem kann das Haus besichtigt werden. Laut Ankündigung gibt es verschiedene Angebote zum Mitmachen und Gewinnen, wie zum Beispiel zehn Plätze für einen Kurs zum Bau einer eigenen Virtual-Reality-Brille.
19.30 Uhr Scep, der 23-jährige Rapper aus Würzburg präsentiert eigenen deutschsprachigen Rap.
20.30 Uhr UnXpected, die Newcomerband aus Schonungen spielt Coversongs aus verschiedenen Genres und Jahren.
21.30 Uhr Blunaa, die Kitzinger Vier-Mann-Band mit eigenem Repertoir aus Deutsch-Rock, Pop und Punk schaut vor ihrem Auftritt auf dem Würzburger U&D-Festival im Schweinfurter kom,ma vorbei.
Der Eintritt ist frei.