Wird meine Knie-OP noch durchgeführt oder muss sie aufgrund der angespannten Corona-Lage verschoben werden? Fragen, wie diese, stellen sich derzeit viele Menschen, die auf ihre geplanten Operationen warten müssen. Denn die vierte Corona-Welle sorgt auch im Raum Schweinfurt für deutliche Engpässe auf den Intensivstationen, weswegen zahlreiche Operationen aktuell nicht durchgeführt werden können. Doch wonach wird eigentlich entschieden, ob eine OP dringend erforderlich ist oder ob sie warten kann?
Dass sich diese Fragen gerade viele Menschen stellen, zeigt das Beispiel einer Leserin, die sich mit ihrer Geschichte an die Redaktion wandte. Demnach war die 64-Jährige, für die eine Gallenblasenoperation geplant ist, kürzlich zur operativen Aufnahme erschienen, musste dann jedoch prompt wieder den Nachhauseweg antreten. Denn auch wenn sie fest mit einem zeitnahen OP-Termin, "noch vor Weihnachten", gerechnet hatte, habe ihr ein Arzt erklärt, dass der Eingriff aufgrund der Corona-Situation im Augenblick nicht möglich sei.
"Sie sagten, ich soll nach Hause gehen"
"Er sagte mir zwar, dass es bei mir eine Indikation für eine Operation gibt und, dass eine Verschlechterung meiner Situation lebensgefährlich sein kann", erzählt die Frau. Allerdings müsste bei dem Eingriff ihr Bauch geöffnet werden, weshalb für sie ein Intensivbett benötigt würde. Dies sei der Grund, warum ihre wichtige Operation auf unbestimmte Zeit aufgeschoben werden müsse.
"Sie sagten, ich soll nach Hause gehen und es könnte Februar werden, bis ich wieder dran bin", so die 64-Jährige. Sie habe erfahren, dass auch in anderen Kliniken kein Platz sei und dass sie sich gedulden müsse. "Ich frage mich nur langsam, welche Indikation überhaupt bestehen muss, um operiert werden zu können." Ihre Wut auf diejenigen, die die angespannte Lage im Gesundheitswesen herbeigeführt haben, wachse von Tag zu Tag. "Die Geimpften sind die Leidtragenden unter den Ungeimpften", sagt die Patientin, deren Tochter selbst in der Pflege arbeitet und durch die sie die Krise hautnah miterlebe.
Wie entscheiden Krankenhäuser, welche OP verschoben wird?
Die Frau ist mit ihrer Enttäuschung sicher nicht alleine. Angesichts der dramatischen Lage vor Ort hat die Regierung von Unterfranken für sämtliche betroffenen Krankenhäuser ein elektives Operationsverbot erlassen. Das heißt: Es dürfen nur notfallmäßige Operationen durchgeführt werden, alle planbaren Eingriffe müssen verschoben werden. Soweit die Theorie. Dennoch bleibt für viele Patienten offensichtlich unklar, ob ihre Operationen tatsächlich warten müssen oder nicht.
Auf Anfrage der Redaktion versucht etwa das Schweinfurter Leopoldina-Krankenhaus Licht ins Dunkel zu bringen. Welche Kriterien über eine durchzuführende Operation bestimmen, sei "letztlich eine individuelle Entscheidung aufgrund der Erkrankung, der Dringlichkeit und der verfügbaren Ressourcen", sagt Pressesprecher Veit Oertel. Ein elektiver Eingriff im Bewegungsapparat, bei dem die damit verbundenen Einschränkung zu verkraften sind, werde aktuell verschoben.
Anders sieht es etwa bei Tumoroperationen aus, bei deren Verschiebung sich die Prognose des Patienten verschlechtern könnte. Deshalb findet ein solcher Eingriff auch weiterhin statt, sagt Oertel. So könne es trotz der angespannten Situation nicht passieren, dass Operationen verschoben werden, obwohl eine dringende medizinische Indikation vorherrscht. "Die Entscheidungen werden nach bestem Wissen und Gewissen getroffen. Einer dringenden medizinischen Indikation wird dabei immer entsprochen."
73 Prozent der OP-Kapazitäten im Leo stehen zur Verfügung
Laut Oertel müssten Patientinnen und Patienten demnach nicht in Sorge um ihre Behandlung im Krankenhaus sein. "Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben ihr Bestes, um unseren Versorgungsauftrag auch abseits von Corona gerecht zu werden." Aktuell betreibe man acht von elf Operationssälen, was bedeutet, dass 73 Prozent der OP-Kapazitäten zur Verfügung stünden. Mit welchen Wartezeiten Patientinnen und Patienten rechnen müssen, deren Operationen verschoben wurden, lasse sich mit Blick auf das dynamische Infektionsgeschehen und die daraus resultierenden Einschränkungen nicht seriös beantworten, so Oertel.
Klar dagegen sei die Regelung, wie man sich als Patient in Sachen Corona-Test verhalten müsse. "Bei allen Patienten zur stationären Aufnahme wird ein Screening (PCR) im Haus durchgeführt", so Oertel. Ambulante Patienten würden dagegen im Vorgang ihres Termins darüber informiert, einen aktuellen Testnachweis selbst mitzubringen.
St. Josef: 50 Prozent der bisherigen OP-Kapazitäten von Corona-Verfügungen betroffen
Im Schweinfurter Krankenhaus St. Josef werden derzeit alle Patientinnen und Patienten vor Ort einem Schnelltest unterzogen, teilt der ärztliche Direktor Dr. Wolfgang Menger auf Anfrage mit. Bei Corona-spezifischen Symptomen werde sofort ein PCR-Test durchgeführt, der auch auf Mutationen untersucht werde. Doch unabhängig davon muss auch das St. Josef derzeit viele Operationen verschieben. "Gut 50 Prozent unserer bisherigen OP-Kapazitäten sind von den aktuell geltenden Corona-Verfügungen betroffen", so Menger.
Man entscheide nach ärztlich medizinischer Abwägung. So würden Eingriffe, die keinen Aufschub erlauben, durchgeführt. "Dazu zählen akute Unfallfolgen wie etwa Knochenbrüche oder Verletzungen anderer Organsysteme, Eingriffe bei Krebspatienten, starke Schmerzzustände und drohende Gefährdung des Lebens, zum Beispiel Blinddarmentzündung, Darmdurchbruch, Gallenblasenentzündung, eingeklemmte Brüche."
Wenn medizinisch vertretbar: Auch Notfälle "um wenige Tage verschoben"
Nicht dringliche OP würden verschoben, was etwa Gebärmutterentfernungen, Kniegelenkspiegelungen, Nasenscheidewand-Operationen oder Ersatz von Knie- und Hüftgelenken betreffe. Notfälle könne man noch zeitgerecht versorgen, so Menger. Auch dringliche Operationen und Eingriffe, die eine intensivmedizinische Betreuung erfordern, müssten teilweise, und wenn es aus medizinischer Sicht vertretbar ist, um wenige Tage verschoben werden, erklärt der ärztliche Direktor.
Eine exakte Zeitangabe, wann Patienten, deren Operationen verschoben wurden, mit einem Ersatztermin rechnen können, sei auch für das St. Josef-Krankenhaus "aktuell nicht möglich, da ein Ende der pandemischen Lage nicht absehbar ist". Dennoch prüfe man bei jedem Fall, ob nicht doch ein Eingriff erforderlich ist, sagt Menger.
Geomed-Klinik: "Mit Sicherheit nicht die günstigste Konstellation"
Zahlreiche verschobene Operationen gibt es derzeit auch in der Geomed-Kreisklinik in Gerolzhofen. Geschäftsführer Wolfgang Schirmer verweist dabei auf die unterfrankenweite Vorgabe, wonach bestimmte Krankenhäuser derzeit verpflichtet sind, von sämtlichen unter medizinischen Aspekten aufschiebbaren stationären Behandlungen abzusehen. Die Freihaltung ausreichender Intensivkapazitäten für die Behandlung von Covid-Patienten, von Notfallpatienten, sowie von Patienten, deren planbare Behandlung aus medizinischen Gründen nicht verschoben werden kann, soll damit sichergestellt werden.
Bis auf die angesprochenen Fälle müsse man auch in Gerolzhofen "alles planbare verschieben", so Schirmer. Für Patienten, die auf ihre geplanten Operationen warten, "ist das mit Sicherheit nicht die günstigste Konstellation". Und auch für Notfälle, etwa Schlaganfallpatienten, sei es nicht gerade einfach, Betten freizuhalten, da die Kapazitäten sehr überlastet sind. Der Geschäftsführer spricht von einer "flächendeckend prekären Situation", weswegen man sich im Geomed immer auch ein gewisses Polster verschaffe, um für angesprochene Notfallpatienten aufnahmefähig zu bleiben.
Zurückhaltung unter Patienten spürbar
Auch im Geomed könne man den vertrösteten OP-Patienten keine verbindlichen Ersatztermine versprechen. "Da die Anordnung bis zum 10.1. läuft, schieben wir die Termine aktuell in die zweite Januar-Hälfte", so Schirmer. Allerdings unter Vorbehalt, da Änderungen durch weitere Vorgaben der Ministerien eintreten und zu einer weiteren Verschiebung führen könnten. Dies den wartenden und enttäuschten Patienten zu kommunizieren, sei natürlich nicht einfach.
Allerdings, betont Schirmer, sei derzeit auch eine gewisse Zurückhaltung unter den Patienten spürbar. Viele, die bereits länger eine Operation durchführen lassen wollten, etwa am Knie oder an der Hand, drängten derzeit nicht darauf, in der jetzigen Situation unbedingt ein Krankenhaus zu betreten. "Die Lage hat sich natürlich rumgesprochen", so Schirmer.
@chrihand: warum werden Betten abgebaut? Wohl auch weil das Personal fehlt! Und das liegt nicht unbedingt an der schlechten Bezahlung sondern auch am Stress. Es ist auch nicht gerade motivationsfördernd wenn man sich um Personen kümmern muss die an ihrer Situation zum Teil selbst schuld sind. Querdenker fabulieren doch immer von leeren Intensivstationen. Dabei sind Intensivbetten extrem teuer, da hält man nicht einfach unzählige Betten inkl. Personal frei! Einerseits wird über hohe Krankenkassenbeiträge gejammert, andererseits werden Intensivbetten im Übermaß gefordert - und das für Leute, die diese Betten zum Teil eigentlich "nicht verdient" haben.
Danke für Ihre Antwort an Chrihand, der natürlich im Stil der Quarkdenker argumentiert ohne zu Bedenken, was seine Vorstellungen für die Beitragszahler der Krankenversicherungen bedeutet.
es sind nicht die belegten Betten...es sind die abgebauten Betten, die die Engpässe erzeugen!
Es ist das Totalversagen der Politik, das diese Probleme verursacht. Nicht erst seit Corona, schon viele Jahre zuvor hatten wir jeden Winter die gleiche Problematik. Da kann man auch im Archiv dieser Zeitung nachlesen.....wenn man nur will!
Was nützt mir ein Krankenhausbett wenn ich als ungeimpfter an Covic 19 erkrankt bin?
Ich kenne niemand der Hurra geschrien hat weil er einen Tubus gelegt bekommen hat.
Wie viele kennst du?