Der Prozess um den Einsturz eines Teils der neu gebauten Talbrücke Schraudenbach auf der A 7 im Juni 2016 nahe Werneck (Lkr. Schweinfurt) hatte im Frühjahr 2023 ein vorläufiges Ende. Am 3. Mai sprach die 1. Große Strafkammer des Schweinfurter Landgerichts zwei angeklagte Ingenieure wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung schuldig und verurteilte sie zu Haftstrafen auf Bewährung.
Da deren Verteidigungen Rechtsmittel einlegten, liegt der Fall zur Revision beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Bisher wurde keine Entscheidung bekanntgegeben. Während des Prozesses in der Stadthalle gab es aber auch eine spektakuläre Wende: Wegen einer Erkrankung seiner Anwältin wurde der Prozess gegen einen mitangeklagten Statiker abgetrennt.
Das bedeutet, dass gegen den Angeklagten, der die statischen Berechnungen für das eingestürzte Traggerüst vorgenommen hatte, ein neues Verfahren vor dem Schwurgericht der 1. Großen Strafkammer am Landgericht Schweinfurt beginnt, inklusive Beweisaufnahme und Gutachten.
Wann, das ist derzeit offen, was auch mit der Revision zu tun hat. Erst wenn der Bundesgerichtshof darüber befunden hat, heißt es aus Kreisen der Justiz, fällt eine Entscheidung. Ein grundsätzlich sinnvoller Weg, da die Verteidigungen der beiden Prüfingenieure die Schlussfolgerungen des Wiener Gutachters Johann Kollegger massiv kritisierten. Sieht der Bundesgerichtshof das Gutachten aber als valide an und bestätigt den Schuldspruch, hat das natürlich auch Folgen für den Prozess gegen den Statiker, dessen Mitverantwortung für den Einsturz das Gericht in seiner Urteilsbegründung ausdrücklich festgestellt hatte.
14 Verletzte und ein Toter beim Einsturz der Talbrücke Schraudenbach 2016
Bei dem Einsturz des Traggerüstes am 15. Juni 2016 während der Betonage des dritten Bauabschnittes kam ein kroatischer Bauarbeiter ums Leben, 14 weitere Bauarbeiter erlitten teils schwere Verletzungen und sind teilweise bis heute arbeitsunfähig. Ihre Schilderungen, wie es ihnen heute geht, waren auch für die Prozessbeteiligten teilweise beklemmend.
Das Gericht hatte einen 59 Jahre alten Prüfingenieur zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung und einer Geldauflage von 10.000 Euro verurteilt. Ein 49 Jahre alter Ingenieur, der dem Prüfingenieur zugearbeitet haben soll, wurde zu neun Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldauflage von 5000 Euro verurteilt. Ein ebenso angeklagter 65 Jahre alter Prüfingenieur wurde freigesprochen. Der 49-Jährige arbeitet in dessen Firma und soll an den 59-Jährigen "verliehen" worden sein, der durch die Autobahndirektion bereits 2015 damit beauftragt worden war, die statischen Berechnungen für die Traggerüste der neu zu bauenden Brücke zu prüfen.
Landgericht Schweinfurt folgte den Erklärungen des Gutachters
Das Gericht folgte damals den Ausführungen des Gutachters, der die Ursache für den Einsturz in "unzureichender Planung und fehlender Prüfung" sah, wie Richterin Claudia Guba in ihrer Urteilsbegründung erklärte. "Man hätte das tragische Geschehen vorhersehen und vermeiden können." Der Argumentation der Verteidigungen, es habe sich um "Pfusch am Bau" gehandelt, so einer der Verteidiger des 59-Jährigen, folgte das Gericht damals nicht.
Hätte das Traggerüst den Vorschriften und der geltenden Norm entsprochen, so der Gutachter im Prozess, hätte es die doppelte Menge Beton aushalten müssen. Eine Feststellung, die auch auf den ausstehenden Prozess gegen den Statiker Auswirkungen hat: Warum war das Gerüst nicht der Norm gemäß geplant? Im Prozess im Frühjahr hatte sich der Statiker bis zur Abtrennung seines Verfahrens nicht zu den Vorwürfen gegen ihn geäußert.
Autobahndirektion will sich im laufenden Verfahren nicht äußern
Auf Nachfrage der Redaktion, in welcher Form die Autobahndirektion Nordbayern nach dem Einsturz des Brückenteils 2016 Konsequenzen gezogen und unter Umständen für zukünftige Baustellen weitere über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehende Sicherheitsmaßnahmen getroffen hat, erklärte eine Pressesprecherin, man werde sich im laufenden Verfahren nicht äußern.