
Die Botschaften, die Kaufland-Beschäftigte vor dem Werk in Donnersdorf in die Höhe halten, sind unmissverständlich und eindeutig: "Genug Arbeit da - und trotzdem arbeitslos?", "Werkvertrag - nein Danke!" oder "Keine Massenentlassungen im Kaufland Lager" ist auf einigen der vielen Plakate zu lesen. Währenddessen gibt sich Verdi-Sekretär Peter König kämpferisch, bei seiner Rede am Mikrofon. Sie wird immer wieder von ohrenbetäubendem Trillerpfeifenlärm und Beifall begleitet.
Am Freitagnachmittag haben mehr als hundert Mitarbeitende aus dem Logistiklager erstmals direkt am Werk auf ihre missliche Lage aufmerksam gemacht. Während einer Pause in der ersten Betriebsversammlung seit Bekanntwerden der geplanten Maßnahmen des Konzerns, marschierten sie geschlossen auf den Firmenparkplatz, um ihren Unmut in die Öffentlichkeit zu tragen. Zuvor hatten sie erstmals Informationen dazu vom Betriebsrat und von Verdi erhalten.
Auftakt mit "kämpferischer Betriebsversammlung"
Wie mehrfach berichtet, droht bis zu 350 der rund 500 Kaufland-Angestellten der Verlust ihres Arbeitsplatzes in nächster Zeit. Zwar wurden bislang keine Kündigungen durch die Geschäftsleitung ausgesprochen. Gleichwohl hat der Lebensmitteleinzelhändler mit Sitz im baden-württembergischen Neckarsulm bekanntgegeben, diese nicht mehr weiterbeschäftigen zu wollen und die Arbeit in dem Logistiklager für Non-food-Waren künftig komplett durch Werkarbeiter von Subunternehmen ausführen zu lassen.

"Wir haben heute eine kämpferische Betriebsversammlung gemacht, einen Streik light", sagte Peter König zur Aktion. Es sei ein klares Signal an den Arbeitgeber und die Öffentlichkeit, dass man gegen die Massenentlassung und um jeden Arbeitsplatz kämpfen werde.
Die Entscheidung von Kaufland ist für die Gewerkschaft und den Betriebsrat nicht nachvollziehbar und falsch. Seitdem vor zwölf Jahren endlich alle Beschäftigten in den Tarifvertrag für Groß- und Außenhandel aufgenommen wurden, "weg von der prekären Werkarbeit und um endlich vernünftig Geld zu verdienen", habe sich diese Praxis bewährt, stellte König fest und konstatierte dahingehend: "Es gab ja keine großen Probleme."
Und nun komme die Hiobsbotschaft, dass man wieder Werkarbeit einführen will. Viele der angestellten Kollegen, so der Verdi-Gewerkschafter weiter, würden deshalb bald ihren Job verlieren. "Kaufland will es scheinbar einfach durchziehen, ohne es näher zu begründen, außer 'wir wollen flexibel sein'."
Betriebsratsvorsitzender Krampe: "Das geht so nicht!"
Laut König sei das Unternehmen noch nicht einmal ein Krisenbetrieb. "Kaufland geht es blendend. Euer Chef ist der Herr Schwarz, das ist der reichste Deutsche, den ihr durch eure Arbeit tagtäglich noch reicher macht." Soziale Verantwortung sei hier totale Fehlanzeige, sagte er, und forderte die Beschäftigten auf, sich gemeinsam mit Verdi dagegen zur Wehr zu setzen.
"Unser Kampf hat heute begonnen, dass Kaufland diese unsinnige Entscheidung zurücknimmt und eure Arbeitsplätze und eure Existenz hier in Donnersdorf gesichert ist!" Die erste Protestaktion sei zunächst nur ein "Streik light", aber man werde den Widerstand weiter organisieren. Auf einer Unterschriftenliste gegen die Massenentlassung haben ihm zufolge bereits über 600 Unterstützter in den ersten drei Tagen unterzeichnet.

Betriebsratsvorsitzender Matthias Krampe berichtet davon, dass viele Menschen hinter den Kaufland-Mitarbeitenden stünden. "Wir können jede Unterstützung brauchen in der aktuellen Situation, die Kaufland mit uns vorhat. Das geht so nicht!"
Man werde kämpfen und Forderungen stellen. Mit deutlichen Worten richtete er einen Appell an die politischen Entscheidungsträger: "Die Politik muss hier etwas machen. Und wenn die Gesetze nicht ausreichen, dann müssen sie eben neue Gesetze machen. Verdammt nochmal, dann ist das so!" Tosender Applaus und Trillerpfeifen waren die Folge.
Staatsminister spricht bald mit Verdi und Betriebsrat
Solidarität erfuhren die Beschäftigten bei ihrem Protest vor dem Kaufland-Werkstor von kirchlicher Seite. Der Betriebsseelsorger im Bistum für den Landkreis Haßberge, Rudi Reinhart, nannte es problematisch, wenn wieder Werkverträge bei Kaufland geschlossen würden, nachdem es schon 2012 nicht funktioniert hat. Reinhart versprach, dass "wir mit euch kämpfen, für eure Arbeitsplätze".

Peter König von Verdi kündigt weitere Betriebsversammlungen an, um die Beschäftigten fortlaufend zu informieren, sowie weitere öffentliche Aktionen. Der Redaktion teilte er auf Anfrage mit, dass am Donnerstag eine Videokonferenz des Betriebsrates und der Gewerkschaft mit Staatsminister Florian Herrmann stattfinden wird. Dieser hatte beim CSU-Neujahrsempfang in Grettstadt am Wochenende gegenüber einer Delegation von Kaufland-Beschäftigten mitgeteilt, das Gespräch suchen zu wollen.