
Die Szenerie am Morgen nach dem Paukenschlag in Donnersdorf könnte kaum passender sein, zur aktuellen Situation. Das Logistiklager von Kaufland im Gewerbegebiet Am Rödertor ist am Dienstagfrüh in dichten Nebel gehüllt. Bis auf ankommende und abfahrende Lastwagen ist am Zufahrtstor zum Gelände kaum etwas zu erkennen.
Vieles befindet sich im Unklaren, nach der Ankündigung von Kaufland, bis zu 350 von rund 500 Mitarbeitenden am Standort Donnersdorf nicht mehr weiterzubeschäftigen. Zunächst hatten die Gewerkschaft Verdi und der Betriebsrat die Nachricht von "Massenentlassungen" am Montag in die Öffentlichkeit gebracht. Erst daraufhin bestätigte das Unternehmen die geplante Maßnahme und dass ein Großteil des Personals künftig über Werkarbeitsfirmen angestellt werden soll. Als Grund gibt Kaufland an, den veränderten Bedingungen in der Logistikbranche Rechnung zu tragen.
Menschen in der Gemeinde fühlen mit den Betroffenen
In der 2000-Einwohner-Gemeinde im Steigerwald ist Kaufland mit seinem 2004 eröffneten Zentrallager der mit Abstand größte Arbeitgeber. Die Schreckensnachricht ist an diesem Morgen weniger ein Thema, zumindest in der örtlichen Bäckereifiliale, berichtet die Verkäuferin. Schlimm nennt sie die Entscheidung, falls es so kommen sollte. Eine Frau, die Brötchen eingekauft hat, aber ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, spricht von einer "Sauerei", hofft aber, dass keine Kündigungen ausgesprochen werden.
Bereitwilliger Auskunft gibt Kunde Thomas Geyer aus Falkenstein. Er war selbst im Kaufland-Lager bis 2015 beschäftigt und erlebte einige Jahre zuvor die unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnisse hautnah mit. Manche Mitarbeiter, die damals als Werkarbeiter schlechter bezahlt wurden als die tariflich Beschäftigten, hätten in Vollzeit um die 1500 Euro und "an der Armutsgrenze" verdient, sagt er.
Erst 2012, nach bundesweiten Ermittlungen, wurde diese Praxis nach Angaben von Verdi eingestellt und alle Mitarbeiter nach Tariflohn bezahlt. Geyer kann sich gut vorstellen, wie es vielen Kaufland-Beschäftigten gerade geht. "Da sind sicher viele Leute dabei, die Häuser gebaut oder gekauft haben, und die jetzt nicht wissen, wie es weitergeht. Die Stimmung wird bestimmt sehr schlecht sein."
Angst der Beschäftigten vor Arbeitsplatzverlust
Genau jene Sorgen äußern zwei Beschäftigte von Kaufland, die sich an die Redaktion gewandt haben, aber anonym bleiben wollen. Es gebe Menschen, die Familien zu versorgen hätten und Kredite abzahlen müssten, sagt eine Mitarbeitende. Sie fürchtet sich davor, demnächst die Kündigung zu erhalten: "Wir wissen nicht, wie unsere Leben weitergehen!"
Eine Kollegin spricht davon, dass viele Mitarbeitende vor der Arbeitslosigkeit und Hoffnungslosigkeit stünden. "Menschen, die vor der Pensionierung stehen, Familien mit kleinen Kindern, Menschen, die aufgrund fehlerhafter Managemententscheidungen auf der Straße landen." Noch hofft sie auf eine Rettung.
Das ist auch das Ziel der Gewerkschaft und des Betriebsrates: "Wir wollen keine Kündigungen, sondern dass die Jobs in Donnersdorf bleiben", erklärt Verdi-Sekretär Peter König. Seinen Angaben zufolge könnten im Moment ohnehin keine Kündigungen ausgesprochen werden. Möglich ist das erst, wenn zusammen mit dem Betriebsrat ein Interessensausgleich und Sozialplan erstellt wurden, was bislang noch nicht geschehen sei. Mehr Informationen erhofft König sich von einem Gespräch mit Kaufland am Mittwoch. Er kann es sich aber schon vorstellen, was ihn erwartet. "Alles, was sie können, werden sie entlassen."
Dabei hatten Betriebsrat und Verdi zuvor verschiedene flexible Arbeitszeitmodelle ausgearbeitet. Die Belegschaft habe voll dahinter gestanden. Als man der Geschäftsführung vergangene Woche alles präsentieren wollte, hat es laut König geheißen: Man habe gestern schon entschieden, dass man das nicht wolle. "Es wurde nicht mal diskutiert mit uns", ärgert er sich maßlos darüber.
Bürgermeister Klaus Schenk kritisiert die Gewerkschaft
Keinerlei Hinweise auf eine Kündigungswelle hatte Bürgermeister Klaus Schenk im Vorfeld erhalten. Aus Sicht der Arbeitnehmer sei die Entscheidung nicht nachvollziehbar. "Natürlich ist es nicht schön, wenn man 300 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze am Ort verliert. Das ist bescheiden."
Andererseits kann er die Entscheidung aus der Sicht des Unternehmens und aus wirtschaftlichen Gründen zumindest ebenso verstehen. "Jeder will sparen und jeder will im Regal die billigen Waren haben", so Schenk. Die Unternehmen würden sich mit ihrem Personal daran orientieren.
"Glücklich ist es nicht, wobei auch Verdi eine gewisse Mitschuld trägt", behauptet der Bürgermeister. Er verweist auf die Streikaktionen auch der Beschäftigten am Kaufland-Lager im Rahmen der mehr als ein Jahr dauernden Auseinandersetzungen zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern im bayerischen Groß- und Außenhandel, die erst im Juni 2024 beendet wurde.
Bundestagsabgeordneter Hümpfer fordert faire Lösungen
Unterdessen zeigt sich der Bundestagsabgeordnete Markus Hümpfer (SPD) empört über die Pläne der Schwarz-Gruppe, am Kaufland-Standort Donnersdorf bis zu 350 tariflich beschäftigte Mitarbeitende zu entlassen und diese durch Werkvertragsarbeitende zu ersetzen. "Feste Arbeitsplätze dürfen nicht durch unsichere Werkverträge ersetzt werden", heißt es in einer Pressemitteilung.
Hümpfer kündigt darin an, umgehend das Gespräch mit dem Konzern zu suchen, um auf eine bessere Lösung hinzuwirken und Entlassungen zu verhindern. Er stelle sich hinter die Beschäftigten und den Betriebsrat. Kaufland und die Schwarz-Gruppe rief er dazu auf, mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft Verdi faire Lösungen zu finden.
ob Mitarbeiter/innen zu schlechteren Bedingungen bessere Arbeit leisten - was ich genau nicht glaube. Man kann nur den "restlichen" Kaufland-Angestellten wünschen, dass das Unternehmen sich nicht dadurch selber in den Konkurs treibt, weil unter dem Strich die Kosten höher werden als vorher. Naja, der Krug geht solange zum Brunnen bis er bricht.
jedoch der Otto Normalverbraucher ist nicht besser.
Jedem Schnäppchen wird hinterhergerennt, jeder "mainstream-Scheiß " mitgemacht.
Die Autos werden immer grösser, jedoch hinter dem Lenkrad sitzen Menschen mit frustrierten Gesichtern.
Das Haus mit Garten muss abbezahlt werden, ebenso wie der künftige Skiurlaub und den Sommerurlaub bei 50 Grad im Schatten in Dubai.
Schliesslich haben wir uns das verdient.
Armes Deutschland!
Geiz ist geil!
Am Lohn liegt es nicht.
Wer nicht alles versucht hat schon verloren.
"Nach über 70 Stunden Tarifverhandlungen steht nun das Ergebnis. Die roten Linien der IG Metall werden eingehalten: Es wird keine Werksschließungen geben, keine Massenentlassungen und keine langfristigen Einschnitte in den Tarifvertrag. Am Ende ist das Ergebnis ein guter Kompromiss."
https://www.igmetall.de/tarif/tarifrunden/tarifrunde-volkswagen-2024