Der Hollywood-artige Schriftzug "Passion 2024" am Eingang zum Bühnengelände zeigte es schon: Hier wird ganz großes Kino gespielt. Was die Sömmersdorfer mit ihren Fränkischen Passionsspielen aus der altbekannten Geschichte gemacht haben, beeindruckte und erstaunte. Die Premiere der neuen Inszenierung wurde vom Publikum mit stürmischem Applaus belohnt.
Es ist der Gesamteindruck, den die Sömmersdorfer Gemeinschaft den 1600 Premieren-Besuchern vermittelte. Das fing schon im Empfangsbereich an, geschmückt mit alten Requisiten aus Säulen, Toren und Beduinenzelt sowie Speisen- und Getränkeangeboten, deren Namen zum biblischen Ort der Geschichte passten.
Das Bühnenbild mit dem Palimpsest, der mehrfach überschriebenen hebräischen Schrift auf dem Tor, sowie den Bildern und Fragmenten gab gleich beim Betreten des Zuschauerraums den Hinweis darauf, dass die alte Geschichte immer wieder neu interpretiert wurde – auch in diesem Theaterstück. Die Intention der Regisseure Silvia Kirchhof und Kai Christian Moritz war, zu zeigen, dass diese Geschichte des Leidens und Sterbens Jesu bis heute Gültigkeit hat. Die Kernfrage: Wie gehen wir miteinander um? Wie agieren wir, gerade auch in Extremsituationen?
Es ging um die Liebe zueinander, sei es bei Jesus, den Jüngern und Jüngerinnen, Magdalena oder Maria. Oder um Zweifeln oder gar Verzweifeln über eine Entscheidung, sei es bei Judas oder Jesus, der am Ölberg mit seinem Schicksal hadert. Es ging um Standhaftigkeit, um Angst oder schlicht um Macht, wie sie der Hohepriester Kajaphas (Volker Rückert) verstand.
Dazu brauchte es das Können der Schauspieler, alles Laien, aber alle mit enormer Professionalität und Leidenschaft. Beeindruckend ein Jesus (Tobias Selzam), ein jüdischer Lehrer, der mit verständlicher Sprache und sehr menschlich seinen Weg geht. Oder ein Judas (Patrick Spyra), der hohe Anforderungen an Jesus und sich selbst stellt, aber kein banaler Verräter aus Geldgier ist. Oder eine starke junge Frau Maria Magdalena (Franziska Fasel), deren Menschenfreundlichkeit alles überragt.
Szenen, die unter die Haut gehen und Parallelen zu heute aufzeigen
Nicht nur die einzelnen Darsteller überzeugten, es waren auch die Massenszenen, die die Zuschauer in ihren Bann zogen. Jubelnde Menschen beim Einzug Jesu in Jerusalem, die sich später verführen ließen zu einer aggressiven Meute, die den Tod ihres Heilands forderte. Das ging unter die Haut, das zeigte Parallelen zu aktuellen Verwandlungen.
Packend wurde diese Geschichte gespielt, mit unzähligen Details, vom Blasen eines echten Schofarhorns über eine neue Szene mit einer "Ausländerin" bis zu den Auftritten von Pferden und Kamelen, die Szenenapplaus bekamen. Berührend und emotional erlebten die Zuschauer das Geschehen, litten mit Jesus und vor allem Magdalena bei der Geißelung, konnten den Schmerz der Mutter Maria am Kreuz nachvollziehen. So mancher und manche musste dabei schlucken und sich verstohlen die Augen wischen.
Wie die neue Inszenierung die Geschichte in die Gegenwart holt
Die neue, live gespielte Musik von Christian Stapff unterstrich die Emotionen, war aber wohltuend nicht dominant. Dass einige Spieler auch hervorragend singen können, bewies vor allem Franziska Fasel als Magdalena.
Als geschickter Schachzug erwiesen sich Prolog und Epilog, die die alte Geschichte in die fränkische Gegenwart holten: Ein Mittagstisch, um den sich eine Sömmersdorfer Familie während der Probenzeit versammelt. Mittendrin die 84-jährige Elisabeth Seemann, Witwe des langjährigen Vereinsvorsitzenden, und ein Jesus, der unter seinem Gewand das Trikot der deutschen Fußballnationalmannschaft trägt.
Da war es, das Symbol der Gemeinschaft, das immer wiederkehrende Versammeln um den Tisch. Und die Erklärung dafür, warum die Sömmersdorfer ihre Passion spielen: Weil sie eine Quelle des Zusammenhalts ist. Gemäß ihres Slogans und auch ihres Schlussliedes: "Eine Geschichte, ein Dorf, eine Leidenschaft".
Auch Schirmherr Bischof Franz Jung würdigte dies und dankte für diese Art der Verkündung. Er hatte am Vormittag mit einem Gottesdienst die Spielsaison feierlich eröffnet. Dabei war der Feueralarm, ausgelöst durch das Entzünden des Weihrauches, nur eine von vielen Herausforderungen, die die Sömmersdorfer im Vorfeld ihrer Passionsspiele meisterten.
Dass viele solcher "Steine" aus dem Weg geräumt werden mussten, verdeutlichte Co-Vereinsvorsitzender Norbert Mergenthal bei der Premierenfeier. Der Konflikt mit einigen Anwohnern, die wegen Lärmbelästigung geklagt hatten, hätte alle Beteiligten extrem belastet. Das ganze Dorf hätte mitgezogen, so eine sichtlich berührte, aber auch stolze Bürgermeisterin Simone Seufert nach der Premiere. Umso erleichterter wurde der kürzliche Vergleich vor dem Verwaltungsgericht aufgenommen.
Das Landratsamt stelle sich der Aufgabe, die Baugenehmigung rechtssicher zu erteilen, versprach Landrat Florian Töpper. Ziel sei es, die Bühne belebt zu halten. Das diene nicht nur der Dorfkultur, Sömmersdorf sei auch ein Leuchtturm für den ganzen Landkreis.
Besucher wurden aufgefordert, den Spielraum zu verlassen. Was war schuld? Die Ministranten
hatten voller Eifer zu fleißig Kohle in das Weihrauchfaß getan und der Weihrauch ging bis zum
Feuermelder und da war dann der Spektakel. Doch der Altardienst beteuerte: Bleibt sitzen Leut, es ist nur der Weihrauch vom Bischof....
Auch am Morgen fand um 10.00 ein beeindruckender und wunderschöner Gottesdienst mit
unserem Bischof Franz statt. So "locker" hatte ich unseren Bischof noch nie erlebt, egal ob im Dom oder sonst wo, wo er die hl. Messe zelebriert und vorallem geprdigt hat. Hut ab, Herr Bischof.
Der Fehlalarm trug noch seine