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Sömmersdorf
Frohe Botschaft rechtzeitig zur Premiere: Die Passionsspiele in Sömmersdorf können wie geplant stattfinden
In der Klage von Anwohnern der Freilichtbühne in Sömmersdorf wegen Lärmbelästigung gab es einen Vergleich. Und eine Hausaufgabe vom Gericht für das Landratsamt.
Im Streit um den Betrieb der Freilichtbühne in Sömmersdorf haben die Beteiligten vor dem Verwaltungsgericht Würzburg einen Vergleich geschlossen. Der Verein Fränkische Passionsspiele Sömmersdorf, der die Bühne betreibt, verpflichtet sich, bei vier Abendveranstaltungen der Passionsspiele 2024 nach Mitternacht keinen Cateringbetrieb mehr durchzuführen.
Foto: Irene Spiegel | Im Streit um den Betrieb der Freilichtbühne in Sömmersdorf haben die Beteiligten vor dem Verwaltungsgericht Würzburg einen Vergleich geschlossen.
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 30.06.2024 02:33 Uhr

Fünf Tage vor der Premiere steht jetzt fest: Die Fränkischen Passionsspiele auf der Freilichtbühne in Sömmersdorf können am kommenden Sonntag wie geplant starten. Mit insgesamt 18 Aufführungen und mit anschließendem Catering, allerdings mit Einschränkungen. Bei vier der acht Abendveranstaltungen ist nach Ende der Theatervorstellung um 24 Uhr Schluss. Danach darf es keinen Ausschank mehr geben und das Gelände muss bis 0.30 Uhr geräumt sein.

Diesen Vergleich rang Gerichtspräsident Hubert Strobel den Streitparteien nach knapp zwei Stunden Verhandlung am Dienstagvormittag vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg ab. Anwohner der Freilichtbühne hatten Klage wegen der Lärmbelästigung durch den Theaterbetrieb eingereicht. Die Kläger argumentieren, dass die Bühne über das genehmigte Maß hinaus genutzt würde und durch den Betrieb das Rücksichtnahmegebot verletzt werde. Ihre Forderung: Das Landratsamt Schweinfurt, das den Bau der Bühne und deren Erweiterung im Lauf der zurückliegenden Jahre zu einem Kulturzentrum genehmigt hat, sollte verpflichtet werden, bauaufsichtlich gegen den Passionsspielverein einzuschreiten.

Auch wenn es kein Urteil gab, hat das Landratsamt Schweinfurt vom Gericht aber eine Hausaufgabe bekommen. Die Behörde muss bis zum 30. September eine wasserdichte Baugenehmigung vorlegen. Darin sollen zum Beispiel geregelt sein: die Anzahl der Veranstaltungen, die Lärmgrenzwerte, die Spielzeiten, das Catering, das Passionsjahr.       

Viel Publikum in Gerichtssaal

Die Zuschauerreihen im Sitzungssaal waren gut gefüllt. Etliche Mitwirkende aus Sömmersdorf waren gekommen. Auch der Vorstand des Passionsspielvereins war komplett angerückt, mitsamt Bürgermeisterin Simone Seufert und ihrem Amtsleiter Stefan Funk. Das Landratsamt Schweinfurt als Beklagter war mit Bauamtsleiter Thomas Zweiböhmer, Juristin Jana Mai und Ingeborg Wiethe vom Immissionsschutz anwesend. Auf der Klägerseite saß nur Anwältin Anja Schilling, die den betroffenen Anwohner Klaus Markert vertritt.

Der Sitzungssaal spiegelte das wider, was seit Jahren in dem Theaterdorf Realität ist: Auf der einen Seite die geschlossene Dorfgemeinschaft, die für ihre Passion lebt, auf der anderen Seite ein Mann, der als Speerspitze für das "Recht auf Ruhe und Gesundheit" der Anwohnerschaft kämpft. Es gab Erörterungstermine, Vorortbesichtigungen und ein Mediationsverfahren. Alles ergebnislos. "Deshalb sitzen wir heute nun hier", sagte Richter Strobel. Ihm sei es nach wie vor ein Anliegen, die Parteien zusammenzubringen. "Lassen Sie uns die Passionsspiele mit Anstand über die Bühne bringen", warb er für einen Kompromiss. Ein Urteil würde lediglich das Verfahren in die Länge ziehen und weitere Jahre eines rechtsunsicheren Zustandes zur Folge haben. 

Über die Auffassung des Gerichts ließ der Vorsitzende Richter keinen Zweifel: "Die Klage ist begründet, die Lärmgrenzwerte werden überschritten." Und das Landratsamt habe sein Ermessen, ob es einschreitet, "fehlerhaft ausgeübt", rügte er. Nicht nur das: Seit 1966 habe die Schweinfurter Behörde immer wieder neue Baugenehmigungen für das Passionsspielgelände erteilt, ohne aber den Betrieb zu regeln. Erst 2012, bei der Genehmigung der neuen Überdachungen, sei die Zahl der Veranstaltungen auf 16 festgelegt worden.   

Die juristische Vertreterin des Theatervereins sah das pragmatisch: 1966 habe kein Mensch an eine Reglementierung gedacht. Da habe man auch einen Kuhstall gebaut, ohne festzulegen, wie viele Kühe darin "Muh" machen. "Wir gehen davon aus, dass 1966 die Bühne mit allem drum und dran genehmigt wurde", stellte Rechtsanwältin Kathrin Schilling klar.

Gerade aber die Zahl der Aufführungen ist strittig. Dürfen es nur 16 sein, wie 2012 genehmigt, oder in Ausnahmefällen, wie im Passionsjahr, auch 18? Das Landratsamt sah sich bislang hier nicht zuständig, sagte Juristin Jana Mai, weil die Passionsspiele in der Vergangenheit nie Teil eines behördlichen Genehmigungsverfahrens gewesen seien, sondern wie Vereinsfeste unter Gemeindehoheit standen. Was ja nun geändert werden solle.     

Lärmgrenzwerte werden überschritten

Und dann ist da noch die Lärmbelastung. Auch hier stellte Richter Strobel klar, dass anders als bei der Baugenehmigung im Jahr 2012, als die Sportanlagenlärmschutzverordnung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSch) noch Grundlage war, jetzt zur Beurteilung die insgesamt strengere Freizeitlärmrichtlinie herangezogen werden müsse. 

Nach kurzer Unterbrechung der Verhandlung und gegenseitiger Aussprache war schnell klar, dass es einen Kompromiss geben wird, um die bevorstehenden Passionsspiele nicht zu gefährden. Gefeilscht wurde nur noch darum, ob bei der Abendveranstaltung ganz oder nur teilweise auf das Catering nach den Aufführungen verzichtet wird. Am Ende traf man sich mit vier Ausschank freien Veranstaltungen in der Mitte. "Damit können wir leben", sagt Norbert Mergenthal. Wichtig sei dem Verein aber auch eine langfristige, rechtssichere Regelung. 

Die Klägerseite kann den Vergleich noch bis zum 5. Juli widerrufen.   

 
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