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Gerolzhofen
Naturkindergarten in Gerolzhofen startet Betrieb: Nachfrage nach Betreuungsplätzen bleibt größer als Angebot
Mit viel Ausdauer hat Jennifer Rasch ihren Herzenswunsch verwirklicht. Vorerst 20 Kinder werden mitten in der Natur betreut. Wie stehen andere Kindergärten dazu?
Wenn es die Witterung notwendig macht, werden die Kinder des Naturkindergartens in diesem geräumigen Wagen im Wald betreut.
Foto: Philip Koppenhöfer | Wenn es die Witterung notwendig macht, werden die Kinder des Naturkindergartens in diesem geräumigen Wagen im Wald betreut.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 07.09.2024 02:29 Uhr

Diese Nachricht dürfte alle Eltern in Gerolzhofen, die nach einem Kinderbetreuungsplatz suchen, gefallen: An diesem Mittwoch, 4. September, öffnet der Naturkindergarten im Mahlholz. Denn auch wenn diese spezielle Form der Betreuung im Wald, weitgehend außerhalb von festen Wänden, nicht jedem zusagt: Das zusätzliche Angebot schafft etwas Luft angesichts der angespannten Betreuungssituation in der Stadt. Davon dürften alle profitieren, die vor Ort einen Kindergarten-Platz suchen.

Herzstück des Naturkindergartens ist ein großer Wagen, vergleichbar mit einem Mobilheim oder Tiny House. Dieser steht auf einer kleinen, lichten Fläche im städtischen Wald in der Nähe des Fitness-Parcours. Vorerst 20 Mädchen und Jungen ab drei Jahren sollen dort betreut werden.

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Zum Start der Regelgruppe sind es zunächst zwölf Kinder, die drei und vier Jahre alt sind, sagt Jennifer Rasch, die Betreiberin des Gerolzhöfer Naturkindergartens. Fünf- und Sechsjährige sollen bald folgen, für diese Altersgruppe seien auch noch ein paar freie Plätze vorhanden. Darüber hinaus sei der neu öffnende Kindergarten im Wald allerdings bereits jetzt bis ins Jahr 2027 hinein ausgebucht, berichtet Rasch. Allein für kommendes Jahr hätten aktuell 15 zusätzliche Familien ihr Interesse an einem Platz im Naturkindergarten angemeldet und stünden auf der Warteliste.

Im Frühjahr soll ein Tipi folgen

Obwohl sie den zunehmenden Trend hin zur Natur kenne, habe eine so starke Nachfrage dann doch überrascht, sagt Rasch, die für die Verwirklichung des Naturkindergartens jahrelang hart gekämpft hat. Die Betreiberin hofft, im Frühjahr 2025 zusätzlich zum Wagen im Wald ein bereits genehmigtes Tipi, ein Rundzelt, zu errichten. Damit würde sich die Kapazität der zu betreuenden Kinder um zwei auf 22 erhöhen.

Das Innere des Wagens ist hell und freundlich und lädt bei schlechtem Wetter zum Spielen ein.
Foto: Philip Koppenhöfer | Das Innere des Wagens ist hell und freundlich und lädt bei schlechtem Wetter zum Spielen ein.

Kindergartenplätze sind in Gerolzhofen seit längerer Zeit Mangelware. Daran ändert auch das zusätzliche Angebot des Naturkindergartens nichts Grundlegendes. Nach Angaben von Sabine Wächter, eine der beiden Leiterinnen der von der katholischen Kirchenstiftung betriebenen Kinderhäuser St. Regiswind und St. Martin, stehen dort für diesen September elf Kinder unter drei Jahren auf der Warteliste für einen Platz in der Krippe. Bei den Über-Dreijährigen seien neun Kinder auf der Warteliste.

Die Warteliste ist damit im Vergleich zu Anfang des Jahres zwar merklich geschrumpft. Doch mit Blick auf das kommende Jahr sieht es laut Wächter schon wieder ganz anders aus: Die Kinderhäuser haben bereits jetzt 60 Anfragen für Krippen-Plätze, wobei die frei werdenden Plätze in den Krippen fast ausschließlich an Familien gehen dürften, die bereits Kinder in den Einrichtungen haben, also an Geschwister-Kinder. Für die Regel-Gruppen stehen für das Jahr 2025 aktuell 19 Kinder auf der Warteliste.

Warteliste auch beim Waldkindergarten

Und auch der Waldkindergarten in Gerolzhofen, der ebenfalls im Mahlholz, nicht weit entfernt vom Naturkindergarten, unter Leitung von Uli Hillenbrand 21 Kinder betreut, kann längst nicht alle Anfragen erfüllen. Annähernd 20 Kinder warten dort darauf, dass ein Betreuungsplatz frei wird, berichtet Maxie Herold, zweite Vorsitzende des dortigen Trägervereins auf Nachfrage dieser Redaktion.

Angesichts der Wartelisten-Zahlen dürfte klar sein: Der Naturkindergarten deckt den Bedarf vor Ort nur ansatzweise, zumal dort auch keine Kinder unter drei Jahre betreut werden. Der Bau eines neuen Kindergartens, den die Stadt Gerolzhofen seit Anfang 2023 verfolgt, kommt weiter schleppend voran. Zuletzt war im Juni im Stadtrat vom Angebot eines privaten Investors die Rede, der einen Kindergarten errichten und der Stadt verpachten könnte. Dies würde frühestens in zwei Jahren zusätzliche Plätze schaffen, hieß es.

Rein rechnerisch könnten in Gerolzhofen also noch mehrere vergleichbare Betreuungseinrichtungen in freier Natur eröffnen, meint Rasch. Die Investitionskosten für mobile Unterkünfte beliefen sich auch nur auf rund ein Zehntel der Kosten, welche man für eine Kindergarten-Gruppe in einem festen Bau ansetzt.

Jahrelange Hängepartie durch die Instanzen

Den Weg bis zum Erhalt der Betriebserlaubnis für ihren Naturkindergarten, die das Jugendamt Schweinfurt ihr erst in der vorletzten Augustwoche schriftlich gegeben hat, hat Rasch vor allem als Nerven und Kraft zehrende Hängepartie in Erinnerung. Allein zwei Jahre habe es zuletzt gedauert, bis alle Absprachen und Vorkehrungen getroffen waren, um den Naturkindergarten auf der Fläche im Mahlholz zu verwirklichen, sagt Rasch, die sich mit ihrem Vorhaben auf weiter Strecke auf sich allein gestellt sah. In anderen Kommunen seien solche Vorhaben durchaus deutlich schneller verwirklicht worden, in Wiesentheid etwa innerhalb von einem Jahr.

Das Team des Naturkindergartens (von links): Jana Bördlein, Yvonne Naser, Katharina Koppenhöfer, Annemarie Beck, Betreiberin Jennifer Rasch und Kathrin Rößner.
Foto: Philip Koppenhöfer | Das Team des Naturkindergartens (von links): Jana Bördlein, Yvonne Naser, Katharina Koppenhöfer, Annemarie Beck, Betreiberin Jennifer Rasch und Kathrin Rößner.

Immerhin hat sich die vor einem halben Jahr noch ungelöste Personalfrage letztlich sehr gut lösen lassen. Rasch fand für ihren Kindergarten vier Erzieherinnen und eine Kinderpflegerin, die sich die Arbeit inklusive Leitungsaufgaben teilen. Eine der Erzieherinnen ist nach Angaben von Rasch als studierte Inklusionsfachkraft berechtigt, Kinder mit einer drohenden oder vorhandenen Behinderung zu betreuen.

Siebeneinhalb Stunden pro Tag geöffnet

Die Öffnungszeiten des Naturkindergartens sind montags bis donnerstags von 7.30 bis 15 Uhr und freitags von 7.30 bis 13 Uhr, mit flexiblen Bring- und Abholzeiten. Rasch betreibt den Naturkindergarten, wird selbst aber, wie sie es sich gewünscht hat, weiter als Tagesmutter arbeiten und weiter fünf Kinder betreuen.

Zufrieden ist Rasch auch damit, dass es ihrem Empfinden nach keinerlei Dissonanzen mit den bestehenden Kindergärten vor Ort gibt. So hätten es beispielsweise die Kinderhäuser St. Regiswind und St. Martin Eltern erlaubt, vorzeitig Betreuungsplätze zu kündigen, damit deren Kinder jetzt kurzfristig in den Naturkindergarten wechseln können.

Die Nachfrage in den Kinderhäusern und beim Waldkindergarten bestätigt, dass der Naturkindergarten dort nicht als Konkurrenz betrachtet wird, sondern "eher als Bereicherung", wie Herold vom Waldkindergarten sagt. "Wir freuen uns, dass weniger Kinder auf der Warteliste stehen", meint Wächter als Leiterin der Kinderhäuser. Sie begrüße das breiter gewordene Angebot in der Stadt.

 
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