
Das Lachen huscht immer wieder über Michael Bürgers Gesicht, während er vom Betrieb seines Nahwärmenetzes erzählt. Fast 90 Anwesen in Unterspiesheim versorgt er von seiner mit Hackschnitzeln befeuerten Heizzentrale in der Schafgasse aus mit Wärme. Alles funktioniere sehr gut, sagt der 39-Jährige. Von seinen Kundinnen und Kunden höre er keine Klagen. Und auch er sei sehr zufrieden damit, wie's jetzt läuft.

"Ich höre keine Klagen", bestätigt auf Nachfrage dieser Redaktion Horst Herbert, Bürgermeister der Gemeinde Kolitzheim. Diese zählt mit dem Feuerwehrhaus in Unterspiesheim selbst zu den Nahwärmekunden. Ebenso zufrieden ist Martina Kerler, die Vorsitzende des Caritas-Vereins, der den örtlichen Kindergarten betreibt. Den Neubau ans Wärmenetz anzuschließen, "war mir gleich die liebste Lösung", sagt Kerler. Auch Markus Ebert bereut als Vorsitzender der DJK Unterspiesheim die Entscheidung nicht, das Sportheim und die Turnhalle mit Nahwärme, statt wie bisher mit Öl, zu beheizen. Nach einer Nachbesserung an einer Pumpe habe alles funktioniert, sagt Ebert nach dem ersten Winter. "Das war das Beste, was wir machen konnten."
Wärmeversorgung verzögerte sich um ein Jahr
Diese allgemeine Zufriedenheit war nicht immer wahrnehmbar. Der Aufbau des größten Wärmenetzes im Raum Gerolzhofen hatte sich immer wieder verzögert. Statt, wie zunächst geplant, zum Winter 2020/21, konnte Bürger den angeschlossenen Haushalten erst ein Jahr später, ab Dezember 2021 warmes Wasser liefern. Und anfangs auch nicht allen, weil sich der Bau der insgesamt 3800 Meter langen Wärmeleitungen auf den letzten paar hundert Metern hinzog wie Kaugummi. Auch die Lieferung von Übergabestationen verzögerte sich.
Doch das ist Geschichte. Im August 2022 stellte Bürger eigenen Angaben nach das Nahwärme-Projekt fertig. Da waren alle aufgerissenen Gräben wieder verschlossen, alle Verkehrs- und Gehwege wieder asphaltiert. Im Rückblick auf den Bau während der Corona-Pandemie und im Vergleich mit anderen Bauprojekten stellt Bürger fest: "So langsam waren wir gar nicht."
Seitdem das Unterspiesheimer Nahwärmenetz in Betrieb ist und dem Vernehmen nach problemlos funktioniert, haben Michael Bürger und seine Frau Sabine Bürger etliche Anfragen erhalten von Grundstücksbesitzern, die sich gerne nachträglich an die Wärmeleitungen anklemmen möchten. Das Betreiber-Ehepaar des Wärmenetzes spricht von etwa 60 Anfragen. Dazu beigetragen hat, wie Bürgermeister Herbert ebenfalls vermutet, sicherlich die von der Bundesregierung angestoßene politische Debatte, welche Formen des Heizens in Deutschland künftig erlaubt sein sollen (Stichwort: "Heizgesetz"). Nahwärme zählt dazu.

Maximal Heizleistung lässt sich nicht erhöhen
Dies führt zur Frage: Lässt sich das privat betriebene Wärmenetz in Unterspiesheim überhaupt erweitern? Grundsätzlich ja, sagt der Betreiber. Aber es gebe Grenzen. Beispielsweise ließe sich die maximale Heizleistung der 0,75-Megawatt-Anlage nicht erhöhen, denn das komplette Leitungsnetz sei auf diesen Wert ausgelegt. Dennoch sieht Bürger Möglichkeiten, zusätzliche Häuser anzuschließen, wenn diese Pufferspeicher installierten. Diese könnten bevorzugt nachts Wärme abnehmen. Da sei der Heizbedarf im Gesamtsystem niedriger und es gebe freie Kapazitäten.
Grob gerechnet schätzt Bürger, dass maximal 30 zusätzliche Anschlüsse realisierbar sind. Diese müssten auf jeden Fall entlang der bereits verlegten Leitungstrassen liegen; ein Verlängern der Rohre sei nicht möglich. Und klar sei auch: Wer sich nachträglich ans Wärmenetz anschließt, muss mit höheren Kosten rechnen als diejenigen, die von Anfang an dabei waren. "Alles andere wäre unseren ersten Kunden gegenüber ungerecht", sagt Bürger. Diese hätten sich schließlich frühzeitig für Nahwärme entschieden und sich von ihren alten Heizsystemen verabschiedet – zu einer Zeit, als die nach Beginn des Ukraine-Kriegs erfolgte Energiepreissteigerung nicht absehbar war.

Kilowattstunde verteuert sich ab Januar 2024
Denn dass ein Anschluss ans Wärmenetz für viele so attraktiv erscheint, liegt auch an dem Preis, den Bürger pro abgenommener Kilowattstunde verlangt. Seit Inbetriebnahme des Netzes sind es 5,5 Cent. Ab 1. Januar 2024 werden es 7 Cent sein, was immer noch teils deutlich unter den aktuellen Betriebskosten von Gas- oder Ölheizungen liegt. Hinzu kommt, dass Nahwärmekunden sich Unterhaltskosten für eine eigene Heizung sparen.
Wen er als neuen Wärmekunden aufnehmen kann, hat Bürger noch nicht entschieden. "Die richtigen, das heißt gerechte Auswahlkriterien zu finden, ist schwierig", gibt er zu. Klar ist, dass er die Kosten für die Neuanschlüsse an die Neukunden verrechnen wird. Wie hoch diese ausfallen, ist noch offen. Doch fest steht, dass pro Anschluss ein etwa fünf bis zehn Meter langer Graben geöffnet werden muss. Anders gelingt es nicht, einen Abzweig an die im Boden verlegte Wärmeleitung anzusetzen. Der Aufwand ist hier deutlich höher als etwa beim Anbringen eines Telefonanschlusses, sagt Bürger. Doch technisch bedingt gebe es für Wärmerohre aktuell keine einfachere Lösung.
Klar ist, dass die in Unterspiesheim entstehende Grundschule ans Wärmenetz angeschlossen wird. Dies sei von vornherein geplant gewesen, sagt Bürger. Allerdings bedeute dies auch, dass an diesem Strang der Wärmeleitung – es gibt, ausgehend von der Heizzentrale, vier Stränge im Ort – kein weiterer Anschluss mehr möglich sein wird.

Heu und Stroh als zusätzlicher Brennstoff?
Wäre es da nicht eine Alternative, ein zusätzliches Wärmenetz im Ort zu errichten? Machbar wäre dies sicherlich, stimmt Bürger zu. Doch "im eigenen Dorf" werde er eine solche Aufgabe sicherlich nicht nochmals übernehmen, sagt er. "Zumindest nicht in dieser Ehe", ergänzt seine Frau Sabine und lacht.
Gedanken macht sich Bürger derzeit nicht nur, wie er weitere Wärmekunden versorgen kann. Neben Hackschnitzeln, von denen er 2000 bis 2500 Kubikmeter pro Jahr verbrennt und die zu einem großen Teil aus Bürgers Landschaftspflege-Betrieb stammen, möchte er gerne Heu und Stroh als Brennstoff einsetzen. Die dafür notwendigen speziellen Brenner gibt es auf dem Markt. Doch wegen ungeklärter Fragen zur Abgasnorm seien diese hierzulande noch nicht zugelassen, sagt Bürger. In Österreich beispielsweise sei dies anders.
Seit Kurzem nutzt Bürger auch Überschussstrom aus der eigenen Photovoltaikanlage, um damit das Wasser in seinem 30.000 Liter fassenden Pufferspeicher zu erhitzen.
Sieht man die Genehmigungsverfahren und deren Zeitlichen Grundbedarf an, dann erkennt man sehr schnell,warum in Deutschland nichts vorangeht. Ausser beim Verteilen von Hilfsgeldern, da überschlagen sich unsere externen Protagonisten ein ums andere Mal und haben da anscheinend einen Best of Prozess am Laufen…