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Schweinfurt
Nach Bauernprotesten und Volksbegehren: Warum der BUND und die Landwirte in Schweinfurt stärker zusammenarbeiten
Landwirte und Naturschützer geraten mit ihren Ansichten häufig aneinander. Warum in Schweinfurt jetzt andere Wege eingeschlagen werden
Der Bund Naturschutz Schweinfurt hat einen Arbeitskreis gegründet, um künftig enger mit Landwirten aus der Region zusammenzuarbeiten. Im Bild (v.r.):  Petra Schmalbruch, Corina Eder, Benedikt Böhm, Winfried Ernst, Richard Lindner, Benedikt Böhm, Andreas Gerner sowie (nicht im Bild) Josef Gräf und Erich Rößner.
Foto: Marcel Dinkel | Der Bund Naturschutz Schweinfurt hat einen Arbeitskreis gegründet, um künftig enger mit Landwirten aus der Region zusammenzuarbeiten.
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 10.01.2025 02:33 Uhr

Oft scheint es so, als ob Naturschutz und Landwirtschaft einander unversöhnlich gegenüberstehen. Nicht erst mit den Bauernprotesten im vergangenen Jahr wurde diese vermeintliche Kluft wieder sichtbar. Um wieder mehr miteinander statt übereinander zu reden, hat die Kreisgruppe des Bund-Naturschutzes Schweinfurt (BUND) deshalb Ende 2024 den Arbeitskreis Landwirtschaft gegründet.

"Es ist wichtig, dass wir mehr Verständnis füreinander bekommen", sagt Richard Lindner, Geschäftsstellenleiter vom BUND Schweinfurt. Dort, wo vermeintlich Welten zwischen einander liegen, glauben Lindner und seine Kolleginnen und Kollegen an mehr Konsens beider Seiten. Ziel der Arbeitsgruppe sei es, Naturschutz und Landnutzung miteinander zu verbinden, meint Lindner.  Einmal alle zwei Monate trifft sich die Gruppe dafür in den Räumen der BUND-Geschäftsstelle am Schweinfurter Fischerrein. 

"Ich finde es wichtig, dass wir ins Gespräch miteinander kommen und für uns Hintergrundwissen abgreifen zu können", meint Lindner. Doch wie lassen sich Umweltschutz und Landwirtschaft besser miteinander vereinbaren? Am besten, indem man an der Erfüllung gemeinsamer Ziele arbeitet. Beispiel regionale Lebensmittel: Der BUND spreche sich zwar klar für den ökologischen Landbau aus, sagt Lindner. Es sei jedoch wichtig, zu differenzieren. Beispielsweise, wenn es darum geht, Bioprodukte aus anderen Ecken der Welt nach Deutschland zu transportieren. "Hier liegt unser Fokus eher auf regionalem Anbau – egal ob ökologisch oder konventionell", verdeutlicht Lindner.

Regionale Vermarktung bereitet häufig Probleme

Häufig ist es die Vermarktung, die Landwirten Probleme dabei bereitet, für hochwertig produzierte Lebensmittel einen angemessenen Obolus zu erhalten. So auch beim Streuobst: Hier sucht der Arbeitskreis aktuell nach einer Lösung, den ökologischen und ökonomischen Nutzen als regionales Nahrungsmittel unter einen Hut zu bekommen.

"Es ist ein Trauerspiel, dass Sachen, die bei uns gut wachsen, trotzdem häufig aus fernen Ländern kommen, nur weil sie spottbillig sind", sagt Andreas Gerner. Der Aktivist und Vollerwerbslandwirt aus Birnfeld betreibt einen 140 Hektar großen Ackerbaubetrieb. Auf seinem Hof hat Gerner schon diverse Dinge ausprobiert wie Schweine mit Weidehaltung oder den Anbau von Soja an lokale Abnehmer.

Viele seiner Ansätze musste der Landwirt letzten Endes jedoch aufgeben, da es keine entsprechende Nachfrage am Markt gab. Neben dem Preis, sei es auch die Bequemlichkeit vieler Verbraucherinnen und Verbraucher, die ausländische Waren den regionalen vorziehen würden, meint Gerner. Von dem Arbeitskreis verspricht sich der 40-Jährige, dass die Menschen, die über den Umweltschutz sprechen, enger mit denen zusammenkommen, die es am Ende umsetzen.

Ökologie und Ökonomie besser zusammenbringen

"Es wäre gut, wenn die Landwirtschaft und der Naturschutz mehr aufeinander zugehen", sagt auch Winfried Ernst. Der Nebenerwerbslandwirt aus Gerolzhofen betrieb zeit seines Lebens einen Öko-Weinstock. Auch wenn sich manche Landwirte mit Veränderungen schwertäten, glaubt auch er, dass es viel mehr Überschneidungen gäbe. So würden beispielsweise biologische und konventionelle Winzer in Sachen Anbau und Düngung längst eng beieinanderliegen. "Es gibt fast keinen Weinberg mehr, der nicht begrünt ist."

"Keiner von uns will die Natur zerstören, egal ob biologisch oder konventionell", fügt Landwirt Benedikt Böhm hinzu. Letztlich hätten alle das gleiche Ziel: Gute Lebensmittel zu einem fairen Preis zu erzeugen. Ähnlich sieht das auch Corina Eder. Die Vertrieblerin bei SKF hat ihre Ernährung vor Jahren auf vegan umgestellt. Dass viele ihrer Kolleginnen und Kollegen im Arbeitskreis gerne Fleisch essen, stelle weder für sie noch für die anderen ein Thema dar. "Ich habe meine Entscheidung für mich getroffen, aber jeder kann essen, was er will", so Eder.

BUND will Wertschätzung und Aufklärung verbessern

Die ein oder andere Diskussion über den richtigen Weg gehöre zwar durchaus dazu, meint Richard Lindner. Der Fokus liege jedoch darauf, Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und sich gegenseitig zu unterstützen. Landwirtschaft und Naturschutz seien eben komplex. "Immer, wenn wir miteinander darüber sprechen, merken wir, dass die Gemeinsamkeiten da sind." 

Um diese hervorzuheben, möchte der BUND deshalb künftig das Bewusstsein für regionale Lebensmittel weiter stärken. Ackerbauseminare mit Kindern oder Zusammenarbeiten mit Schweinfurter Schulen, Kindergärten oder der Kindertafel: Ideen gibt es jedenfalls viele. "Egal zu welchem Thema: Wenn jemand ein paar Stunden in die Herstellung von Lebensmitteln und die Problemlagen reinschnuppern kann, ist schon etwas gewonnen", sagt Gerner.

 
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