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Gerolzhofen
Minimalsanierung und anderer Standort: Wie lassen sich beim Schulhausbau in Gerolzhofen Kosten sparen?
Ein Antrag der CSU-Fraktion zeigt: Kosten von 60 Millionen Euro bereiten dem Stadtrat große Sorgen. Ein Ausweg aus der drohenden Schuldenfalle wird noch gesucht.
Laut geltenden Beschlüssen sollen Mittel- (im Bild) und Grundschule in Gerolzhofen künftig in einem gemeinsamen Neubau am Lülsfelder Weg unterkommen. Jetzt diskutierte der Stadtrat erneut über eine Sanierung.
Foto: Josef Lamber (Archivfoto) | Laut geltenden Beschlüssen sollen Mittel- (im Bild) und Grundschule in Gerolzhofen künftig in einem gemeinsamen Neubau am Lülsfelder Weg unterkommen. Jetzt diskutierte der Stadtrat erneut über eine Sanierung.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 14.04.2024 02:42 Uhr

Die gewaltige Summe von 60 Millionen Euro für den Neubau von Grund- und Mittelschule in Gerolzhofen geistert seit Wochen als Schreckgespenst umher. Sie hat die CSU-Fraktion veranlasst, Ende Januar einen vierseitigen Antrag zu stellen: Der Stadtrat möge den geplanten Schulhausbau nochmals grundlegend überdenken. Der Antrag enthält auch den Auftrag an die Verwaltung unter anderem Folgendes prüfen zu lassen: Ließe sich der Bestandsbau nicht doch günstiger sanieren, statt die Schule neu zu bauen? Und: Wie teuer käme ein Bau am Alternativstandort neben dem FC-Gelände in der Schallfelder Straße?

Dieser Vorstoß – oder eher eine Rolle rückwärts? – stand am Montag auf der Tagesordnung des Stadtrats. Eindringlich warnte CSU-Fraktionsvorsitzender Arnulf Koch seine Kolleginnen und Kollegen im Gremium davor, sich als Stadt mit dieser, wie er es nannte, auf absehbare Zeit "größten Entscheidung des Stadtrats" sehenden Auges in eine Schuldenfalle zu navigieren. Es drohe die Gefahr, für viele Jahre jeden finanziellen Spielraum zu verlieren. Es müssten mögliche kostengünstigere Auswege geprüft und dem Stadtrat Alternativen anhand "verständlich aufbereiteter Daten" vorgestellt werden.

Beispiellose Schuldenlast droht

Sollten die aktuell geltenden Beschlüsse, die einen Neubau am Standort Lülsfelder Weg vorsehen, umgesetzt werden, würde das Projekt der Stadt "finanziell über die Köpfe wachsen". Der drohende Schuldendienst für den Schulbau würde der Stadt deren komplette freie Finanzspanne nehmen, warnte Koch. Gerolzhofen würde sich mit erwarteten zwölf bis 15 Millionen Euro zusätzlicher Schulden auf eine in Bayern beispiellose Art verschulden.

Da saß es, das Schreckgespenst, mitten im Sitzungssaal. Und auch die übrigen Fraktionen sahen es leibhaftig vor sich. Ausgaben von 60 Millionen Euro für die Schulen, "das können wir uns nicht leisten", stimmte beispielsweise Thomas Vizl (Geo-net) zu.

Doch ist diese Summe nicht übertrieben? Den Schulverbänden hatte Kämmerer René Borchardt im Februar erst eine Bruttosumme von 43 Millionen Euro vorgestellt. Der genannte Betrag sei die vorliegende fundierte Kostenschätzung, bestätigte Sandra Nagel vom Stadtbauamt dem Stadtrat am Montagabend. Doch die Wortmeldungen während der Sitzung ließen keinen Zweifel daran, dass dort quer durch die Fraktionen alle die 60 Millionen Euro als eine realistische Größenordnung betrachten. Denn die 43 Millionen Euro enthielten nicht alle zu erwartenden Kosten. Es fehlten etwa die Kosten für die Unterbringung der Schülerinnen und Schüler während der Bauzeit sowie die für die Gestaltung der Außenanlagen.

Verwaltung sieht Probleme

Nagel bemühte sich aus Sicht des Stadtbauamtes, den Anwesenden eines klarzumachen: Das laufende Projekt lasse sich nicht so einfach "zurück auf Start stellen", wie Koch dies empfahl. Es gebe geltende Beschlüsse für das einzuleitende Vergabeverfahren, wandte die Mitarbeiterin der Verwaltung ein und stellte fest: "Wir drehen uns im Kreis."

Günter Iff (Freie Wähler) nannte es dagegen einen Glücksfall, dass das Vergabeverfahren nicht, wie vorgesehen, Anfang Januar bereits gestartet ist. Denn so bestehe noch die Möglichkeit, wie Nagel es bestätigte, in das Verfahren, das frühestens im Mai anlaufen dürfte, zwei zentrale Forderungen des CSU-Antrags aufzunehmen: Es sollen die Kosten für eine Minimalsanierung der Bestandsgebäude, um dort vorerst weiter unterrichten zu können, ermittelt werden. Und es sollen die Kosten geprüft werden für den Fall, dass die Schule auf einem städtischen Grundstück neben dem FC-Gelände entsteht.

Diese Aussage nahm dem Schulden-Gespenst im Raum etwas den Schrecken. Denn demzufolge setzt das Vergabeverfahren, anders, als Koch es befürchtete, keinen unumkehrbaren Automatismus in Gang, der der Stadt am Ende nicht zu stemmende Millionen-Schulden aufbürdet. "Den Prozess einfach so weiterlaufen zu lassen, wäre nicht verantwortbar", stimmte Vizl zu. Und auch Iff dürfte beruhigt sein. Diese hatte gewarnt: Sollte das Vergabeverfahren in der ursprünglich beschlossenen Form ablaufen, "dann wäre eine Sanierung tot".

Was kostet eine Sanierung?

Ob eine Sanierung tatsächlich merklich günstiger kommt als ein Neubau, bleibt indes abzuwarten. In dieser Annahme steckt vor allem die Hoffnung, dass die jüngsten Kostensteigerungen im Bausektor sich auf Sanierungsvorhaben weniger auswirken als auf Neubauten. Vizl verwies auf einen Stadtratsbeschluss von Ende 2018. Dieser basierte auf geschätzten 23 Millionen Euro, die eine Sanierung kosten könnte; diese Summe habe bereits eine Kostensteigerung für die folgenden Jahre beinhaltet.

Vor einigen Jahren wurde der Haupteingang zur Mittelschule in Gerolzhofen saniert.
Foto: Josef Lamber (Archivfoto) | Vor einigen Jahren wurde der Haupteingang zur Mittelschule in Gerolzhofen saniert.

Angesichts der zu erwartenden Verteuerung des Schulbaus habe auch er sich über Alternativen Gedanken gemacht, stellte Bürgermeister Thorsten Wozniak fest. Doch gab er zu bedenken: Beim Schulbau handle es sich um ein Gemeinschaftsprojekt aller neun über die beiden Schulverbände beteiligten Kommunen. Ihm sei es als Verhandlungsführer seinerzeit gelungen, alle Beteiligten unter einen Hut bringen, sagte Wozniak. Dies sei eine "Meisterleistung der Bürgermeister" und dürfe nicht dadurch gefährdet werden, dass jetzt in allen Gremien erneut darüber debattiert und entschieden werde.

Bürgermeister sollen gehört werden

Deshalb sei beabsichtigt, in einer Arbeitssitzung aller neun Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zusammen mit den Vorsitzenden der Fraktionen zu klären, wie das Projekt weiterverfolgt werden soll. Erst danach werde das Vergabeverfahren weiterlaufen.

Damit sah Koch einen zentralen Zweck des eingereichten Antrags als erreicht an. Seine Fraktion habe einen Impuls geben wollen. Koch zog den CSU-Antrag daraufhin zurück. Die Debatte im Stadtrat habe ihm gezeigt: "Alle wollen das Beste für die Schüler, aber es muss bezahlbar bleiben." Das Schreckgespenst war damit vertrieben. Vorerst.

 
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Kommentare
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  • Edith Kram
    @GF:

    Stuttgart21 läßt grüßen.

    Hier noch ne Arbeitssitzung, dort noch eine Studie.

    Echte Sparmaßnahme oder Hinhaltetaktik?

    Und was im Bericht nicht steht - auch die beteiligten Verbandsgemeinden werden tiefer in die Tasche greifen müssen. Und ob die sich das leisten können.

    Nur dass diese nicht auf die "großen Steuerquellen", wie NORMA und Schäflein zurück greifen können.
    Oder entpuppen sich diese "Flächenfresser" etwa als steuerliche Rohrkrepierer?

    Wie auch immer: Die Leidtragenden sind und bleiben die Schülerinnen und Schüler.

    Marode Schulhäuser - Deutschland weit. Kein Geld für Schulen, aber für viele andere Dinge.

    Kinder sind unsere Zukunft. Ohne sie wird es wohl keine Renten, keine Ärzte, keine Pflege mehr geben.
    Dass man sich mit der "Zukunft" in Gerolzhofen sehr schwer tut, zeigt auch die Diskussion über den benötigten Kindergarten. "Wir vertagen das Problem". Wie lange noch?
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