Zu den meist diskutierten Projekten zählt seit vielen Jahren die Umgestaltung und Sanierung des Marktplatzes. Die Schäden am Kopfsteinpflaster sind nicht zu übersehen, ebenso müssen die Versorgungsleitungen im Untergrund erneuert werden. Nachdem das Planungsbüro Realgrün Landschaftsarchitekten aus München seit Herbst weitere Wünsche und Anregungen in den Entwurf eingearbeitet hat, liegt erstmals eine detaillierte Kostenberechnung vor.
Und die hat es in sich: Mit 7,8 Millionen Euro rechnen das Bauamt und die Planer zum aktuellen Stand. Bei der Präsentation waren nicht wenige Stadtratsmitglieder erstaunt ob des Preisschildes und stellten die Frage, ob sich die Stadt die Neugestaltung so überhaupt leisten kann.
600.000 Euro Mehrkosten im Bereich Marktplatz
Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann hatte gemeinsam mit Planer Klaus Neumann die Kosten für die drei Bauabschnitte vorgestellt. Größter Posten ist die Neugestaltung des Marktplatzes (Bauabschnitt I) mit einem Anteil von vier Millionen Euro. Und damit 600.000 Euro teurer als ursprünglich gedacht. Ursächlich dafür sind laut Neumann unter anderem der Belag sowie der vom Stadtrat gewünschte Baumscheiben-Untergrund am Platanendach, eine Zisterne, weitere E-Ladestationen und der Bodenaustausch.
Was bislang komplett fehlte, war die Antwort auf die Frage: Wie teuer werden die Arbeiten im Untergrund? Dazu zählen Kanal und Versorgungsleitungen, Bodenentsorgung und archäologische Untersuchungen. Andreas Fischer vom Ingenieurbüro Hossfeld & Fischer verwies darauf, dass die meisten Abschnitte mit dem günstigeren Inliner-Verfahren saniert werden könnten; nur in drei Bereichen empfiehlt er einen Neubau. Die Wasserleitungen müssten aber erneuert werden.
Trotz Förderung: Eigenanteil von 4,8 Millionen Euro
Mit insgesamt rund 1,5 Millionen Euro kalkuliert man für all diese Posten. Zusammen mit einem finanziellen Puffer von 800.000 Euro, den das Stadtbauamt vorsorglich einplant, ergeben sich die besagten Gesamtkosten von knapp acht Millionen Euro.
Die Stadt kann womöglich mit einer 60-prozentigen Förderung auf alle förderfähigen Kosten durch die Regierung rechnen. Damit würde sich der Eigenanteil um 2,9 Millionen Euro verringern. Blieben demnach noch 4,8 Millionen Euro für die Stadt Gerolzhofen.
Aus Sicht vieler Stadtratsmitglieder ist das immer noch zu viel. Auch wenn den Wortbeiträgen zufolge Einigkeit herrscht, "dass etwas gemacht werden muss", wie Benedikt Friedrich (CSU) es formulierte. Man sollte sich allerdings gut überlegen, was gemacht werden soll. Vorrangige Arbeiten sieht er im Untergrund. Notfalls müsste man die Reißlinie ziehen.
Arnulf Koch: "Wir können uns das so nicht leisten"
Damit war der Ton gesetzt. CSU-Fraktionssprecher Arnulf Koch hatte bereits zuvor, angesichts der weiteren Millionen-Investitionen für Schulhausneubau und Kindergarten, gemahnt: "Wir können uns das so nicht leisten."
Zugleich störte er sich an dem aus seiner Sicht ungelösten Problem mit zu wenigen Parkplätzen und außerdem an der falschen Platzierung des Platanendachs im Marktplatz-Südbereich, der ohnehin durch die Gebäude beschattet sei. Aus all diesen Gründen könne er nicht zustimmen.
Ablehnung deutet auch Thomas Vizl (Geo-net) an. Er regte, wie weitere Ratsmitglieder, an, nach Einsparpotentialen zu suchen, um die Kosten zu reduzieren. Christoph Rosentritt (CSU) nannte mit der Zisterne und dem Granit-Belag zwei Kostentreiber, die hinterfragt werden müssten.
Burkhard Wächter: Notfalls zurück auf Los gehen
Planer Klaus Neumann sieht keine Möglichkeit zu einer deutlichen Reduzierung, jedenfalls keine im Millionen-Bereich. Einzig beim Material für die Oberflächengestaltung könne man sparen. Notfalls, meinte Burkhard Wächter (CSU) dazu, müsste man bei der Planung "zurück auf Los" gehen. Ein sichtlich verärgerter Planer sprach später von fehlendem Basisvertrauen des Stadtrates.
Zweiter Bürgermeister Erich Servatius (SPD) zeigte sich ratlos im Spannungsfeld zwischen geringem finanziellen Spielraum und der Notwendigkeit einer Marktplatz-Sanierung nicht nur im Untergrund, sondern auch am maroden Belag. Er schlug vor, die Haushaltssitzung am 13. Mai abzuwarten.
Wegfall der Außengastronomie stört Freie Wähler
Kritik an den hohen Kosten äußerte auch Günter Iff (Freie Wähler), der sich weiterhin als Befürworter des Projekts sieht. Den Wegfall der Außengastronomie durch Aufstellflächen für die Feuerwehr-Drehleiter nannte er nicht akzeptabel, weshalb er nicht zustimmen könne. Er forderte eine nochmalige Überarbeitung des Entwurfs.
Eine Lösung könnte mobiles Mobiliar sein, das im Falle eines Einsatzes zügig weggeräumt werden könnte. Nach fast dreistündiger Diskussion und der größtenteils ablehnenden Haltung im Gremium wurde der ursprüngliche Beschlussvorschlag, der Weiterplanung zuzustimmen, verworfen.
Stattdessen ließ Bürgermeister Thorsten Wozniak (CSU) über zwei kurzfristige Anträge abstimmen. Die Verwaltung wurde demnach beauftragt, von der Feuerwehr eine Aussage zu den Aufstellflächen und zum mobilen Mobiliar einzuholen (Zustimmung mit elf zu acht Stimmen) sowie mit den Planern Einsparpotentiale zu finden (14 Ja-Stimmen). Erst danach soll über das weitere Vorgehen entschieden werden.
"Herr, wirf Hirn herab" möchte man gerne als Stoßgebet zum Himmel senden.
Kein Geld für Kindergärten, Schulen oder Kläranlage, aber 7,8 Millionen für den Umbau des Marktplatzes? Die Kosten für den fragwürdigen "Architektenwettbewerb" und die möglichen Kostensteigerungen noch gar nicht eingerechnet.
Gut, das Kopfsteinpflaster ist sanierungsbedürftig und wohl auch die Leitungen im Untergrund.
Aber ob da wirklich kein Einsparpotential bleibt?
Gut, es muss gespart werden, insbesondere wenn die letzte "Marktplatzgastronomie" abgewandert und der der letzte Laden geschlossen ist und so die notwendige Gewerbesteuer einbricht.
Sieht man die Skizzen der Umgestaltung, dürften wohl auch Wein- und Altstadtfest vor dem Aus stehen. Zum einen wegen dem Lärmschutz, zum anderen wegen der Drehleiter. Von mangelnden Stellflächen ganz zu schweigen.
Bleibt zu hoffen, dass die nächsten Kommunalwahlen rechtzeitig stattfinden, bevor GEO zum totalen Trauerspiel wird.