
Richtig glückliche Gesichter waren am Montagabend im Sitzungssaal des Alten Rathauses nicht zu sehen. Und das, obwohl sich im Gerolzhöfer Stadtrat am Ende eines zweistündigen Ringens mit 13 Befürworterinnen und Befürwortern eine klare Mehrheit gefunden hat. Diese möchte den Marktplatz mit dem Büro Realgrün Landschaftsarchitekten aus München so umgestalten wie von den Planern vorgeschlagen. Dass dieser Kompromiss zustande kam, ließ der Verlauf der Sitzung nicht unbedingt erwarten. Auch ein Scheitern stand im Raum.
Eingangs stellte Planer Klaus Neumann vor, wie Realgrün die während der Stadtratssitzung am 9. Oktober laut gewordenen Wünsche in den Entwurf eingearbeitet hat. So sind nun zwei zusätzliche Bedarfsparkplätze vor dem "Wilder Mann" vorgesehen, so dass es insgesamt 15 Parkplätze am Marktplatz geben soll; aktuell sind es mehr als doppelt so viele. Einer der drei Bäume am Marktplatzbrunnen wird auf der Seite Richtung Kirche gepflanzt, so dass mehr Schatten auf den Wasserspielbereich fällt.
Fläche des Platanenhains schrumpft nochmals
Das viel diskutierte Platanendach auf der Südseite wird laut aktueller Planung weiter gestaucht, indem die zwölf Bäume enger zusammenrücken. Der Bodenbelag unter den Bäumen kann rund um die Baumscheiben gepflastert werden, anstelle der bisher vorgesehenen Kiesbelags. "Daran soll's nicht scheitern", machte Neumann klar.
Dissonanzen, die nicht ganz ausgeräumt wurden, gab's zu Fragen des Brandschutzes. Neumann versicherte, dass der Entwurf alle Vorgaben, etwa für Aufstell- und Zufahrtsflächen für die Feuerwehr, einhalten würde. Allerdings schränkte er ein: Er könne nur auf Basis der Unterlagen arbeiten, die er vom Stadtbauamt bisher erhalten habe.
Vor allem geht es um Häuser auf der Marktplatz-Südseite. Dort liegen laut Kenntnisstand des Planers keine Wohnräume in einer Höhe, die den Einsatz einer Drehleiter vorschreiben. Sollte sich an diesem Kenntnisstand etwas ändern (Neumann nannte mögliche "Schwarzbauten"), dann müsste die Stadt reagieren. Dies könnte sich unter Umständen auf die Marktplatzplanung auswirken, falls zusätzliche Sperrflächen zu berücksichtigen wären.
Kommandant: Drehleiter-Flächen sind tabu
Stadtratsmitglied Martin Zink (Freie Wähler), auch Kommandant der Feuerwehr Gerolzhofen, stellte klar, dass Einsatzbereiche für eine Drehleiter grundsätzlich freizuhalten seien, auch von mobilem Mobiliar wie Tischen oder Sonnenschirmen. Günter Iff (Freie Wähler) forderte, dass offene Brandschutzfragen am Marktplatz unbedingt geklärt werden müssten.
An Schärfe gewann die Diskussion, als Burkhard Wächter für die CSU-Fraktion – Fraktionssprecher Arnulf Koch war erkrankt – das Wort ergriff. Er stellte fest, dass zentrale Wünsche seiner Fraktion zu Planungsänderungen nicht berücksichtigt seien. Die Zahl der fortbestehenden Parkplätze ist ihm zu gering. Parkplätze direkt am Marktplatz seien elementar wichtig, um Handel, Kultur und kirchliches Leben im Stadtzentrum am Leben zu halten, meinte Wächter.
Zudem kritisierte er das grundsätzliche Verfahren des Planungswettbewerbs zur Marktplatzgestaltung, das "keine zündenden neue Ideen" gebracht habe. Stattdessen hätte sich der Stadtrat "das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen" und stecke dafür jetzt "berechtigte Prügel der Gerolzhöferinnen und Gerolzhöfer ein". "Für mich wäre es kein Drama, wenn der Deal mit dem Architekturbüro platzen würde", stellte Wächter die Aufgabe des Gesamtprojekts in den Raum. Dies sei nicht die erste Planung in Gerolzhofen, die "für immer in der Schublade verschwindet".
Welche Priorität haben Parkplätze?
Mit dieser drastischen Bestandsaufnahme stand Wächter jedoch alleine da. Nur er stimmte für seinen Antrag, den Beschluss über den jüngsten Entwurf zur Marktplatzgestaltung erneut zu vertagen. Auch für einen zweiten Antrag Wächters, dann wenigstens auf der Südseite des Marktplatzes so viele Parkplätze wie möglich zu erhalten, bis andernorts Ersatzparkplätze geschaffen wurden, fiel mit 7:10 Stimmen durch. Unterstützung fand Wächter bei den Freien Wählern, die, wie Iff sagte, sich auch vor dem "Umdenkprozess der CSU" für möglichst viele Parkplätze am Marktplatz und den Ersatz der dort verlorengehenden Parkflächen eingesetzt habe.

Dass der Wegfall von Parkplätzen insbesondere Geschäftsleuten am Marktplatz missfällt, zeigt ein Rundschreiben eines Unternehmers an alle Stadtratsmitglieder im Vorfeld der Sitzung. Darin wird auf rund 1700 unter Kunden gesammelten Unterschriften verwiesen, die sich für den Erhalt der Parkplätze am Marktplatz aussprechen.
Vielleicht verwies Bürgermeister Thorsten Wozniak deshalb während der Sitzung am Montag darauf, dass die Stadt im kommenden Jahr im Bereich der Verwaltungsgemeinschaft und in der Grabenstraße zusätzliche Parkplätze schaffen möchte. Am Marktplatz selbst, stellte er fest, würden "überproportional viele Parkplätze" dem Ziel entgegenstehen, diesen zu beleben. Dort gehe es darum, die Verweildauer der Menschen zu steigern, wie Thomas Vizl (Geo-net) sich wünschte, oder, wie Planer Neumann die Ratsmitglieder fragte: "Wollen Sie einen Parkplatz oder einen Marktplatz?"
Für Kirchgasse ist kein Geld vorhanden
Vizl brachte für Geo-net drei weitere Anträge ein. Mit 12:5 Stimmen folgte die Mehrheit dem Vorschlag, den sogenannten Ideenteil der Planung im Bereich der erst vor gut 15 Jahren erneuerten Kirchgasse aus der Planung zu nehmen. Nur an der Westseite der Stadtpfarrkirche soll ein durchgängig barrierefreier Gehstreifen entstehen. Die 710.000 Euro, die für die Kirchgasse veranschlagt sind, könne die Stadt sich nicht leisten, argumentierte Vizl. Die Umgestaltung des restlichen Marktplatzes soll geschätzte 2,5 Millionen Euro kosten.
Die beiden weiteren Anträge von Geo-net scheiterten: Die Schaffung eines barrierefreien Übergangs im nördlichen Teil der Kirchgasse zur Salzstraße hin wird nicht in die Planung aufgenommen (mit 4:13 Stimmen abgelehnt). Dies könne unabhängig von der Marktplatzgestaltung angegangen werden, hieß es im Gremium.

Und auch der Wunsch, die vier Platanen am Marktplatzbrunnen zu erhalten, fand neben den drei anwesenden Geo-net-Mitgliedern nur einen weiteren Befürworter, in Person von Wächter. Damit werden die Bäume wie geplant durch drei neue Bäume ersetzt; die alten Platanen sollen anderswo weiter wachsen. Die Aufgabe der Platanen bereitet auch Iff "den meisten Schmerz", aber dies sei die Pille, die man schlucken müsste, um das Gesamtprojekt nicht zu gefährden.
Doch bedenken wir auch, dass rechtliche Vorgaben dafür sorgen, dass Großstadtplaner ohne Bezug zur Kleinstadt zum Zuge kommen. Zum einen interessiert diese nur das Geld für die Planung, zum anderen sorgen auch sie nicht für die Ansiedlung von "innenstadtbelebenden" Geschäften.
Somit hätte der Stadtrat besser die Reißleine gezogen und das Projekt eingestampft; oder eigene Ideen in kleinen Schritten zusammen mit den Geschäftsleuten und interessierten Bürgern umgesetzt.
Und am Ende könnten sich Herr Wächter und Herr Iff zusammentun und ein Bürgerbegehren initiieren. denn letztendlich sollen die Bürger "ihren" Marktplatz toll finden, oder?