2008 zog die Linke und damit auch Sinan Öztürk zum ersten Mal in den Schweinfurter Stadtrat ein. Schweren Herzens, wie er sagt, hat Öztürk sein Mandat aus beruflichen Gründen aufgegeben (wir berichteten): Er wechselt als stellvertretender Landesbezirksleiter zu Verdi nach München. Zu seinen Aufgaben gehört auch Tarifkoordination. Zuvor war er Bezirksgeschäftsführer im Verdi-Bezirk Schweinfurt. Nachfolgerin ist Marietta Eder.
Mit einer herzlichen Feier im Feuerwehrhaus in Oberndorf, in der es aber auch politisch zur Sache ging, verabschiedete die Linken-Fraktion im Stadtrat (Andrea C. Greber, Frank Firsching und Robert Striesow) Sinan Öztürk. Robert Striesow ist für ihn nachgerückt. "Ohne Dich wäre ich nicht politisch aktiv geworden", bedankt er sich für Sinan Öztürks Vorbildfunktion. Er gibt aber auch zu, dass er schon ein bisschen Respekt gehabt hat, in seine Fußstapfen zu treten.
14 Jahre Mitglied des Schweinfurter Stadtrates
"Wir freuen uns über deinen Karriereschritt, dass auf Landesebene Schwung einzieht bei Verdi", sagt Frank Firsching. Trotzdem könne einen Öztürks Ausscheiden aus der Stadtpolitik schon traurig machen. "Du hast Dir einen Namen in Schweinfurt gemacht", bedankt sich Firsching für die gemeinsame Arbeit seit 14 Jahren. Firsching erinnert an all die Anträge der Linken, die im Stadtrat abgelehnt wurden. Ein Schulmittelfonds zum Beispiel. Damit sollte bedürftigen Familien geholfen werden, die benötigten Schulsachen kaufen zu können. Ein paar Jahre später wurde das dann vom Freistaat beschlossen.
Firsching erinnert auch an heftige Kämpfe, wie den um einen Sozialpass, gleich am Anfang der Linken-Geschichte im Stadtrat. Da gibt's dann auch einen Applaus für einen Gast, der damals auf der Seite der Linken war: Jochen Keßler-Rosa, ehemaliger Diakoniechef und damals noch CSU-Stadtrat. Keßler-Rosa war auch beim "Bürgerbegehren Bezahlbar Wohnen in Schweinfurt" mit im Boot. "Kirche und Linke passen schon zusammen", sagt jemand aus der Runde.
Die Linke habe sich aber nicht nur für soziale Themen eingesetzt, sondern auch für die Stadtentwicklung und gegen Flächenverbrauch. Gelohnt habe sich auch 2016 der Einsatz gegen die von der Stadt geplante Schließung der Rathenau-Schulen. Oder dafür, dass Yorktown, das ehemalige Wohngebiet der Amerikaner, nicht, wie vorgesehen, zum Gewerbegebiet wurde, sondern Wohngebiet geblieben ist. "Dein Engagement hatte inhaltliche Konsequenzen für die Stadt".
Zuhören, nachbohren, nachfragen als Stärken
Ralf Hofmann, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Stadtrat, sieht Öztürks Ausscheiden aus dem Stadtrat als einen schweren Verlust für die Stadt, auch wenn sein Nachfolger Robert Striesow eine echte Bereicherung sei. Zuhören, nachbohren, nachfragen, das seien die Stärken von Öztürk. "Du kannst echt nerven", sagt Hofmann anerkennend. "Wie würde Sinan reagieren?" Das sollte man sich jetzt ab und an mal fragen. "Räum München auf, behalte Herz und Charakter", gibt er mit auf den Weg. Nette Worte zum Abschied kommen auch von Kreisrat Wolfgang Gutgesell, Karl-Heinz Poggel und Bernhard Jahnel. "Du gehörst in die Welt", sagt Poggel.
Das hartnäckige Nachfragen Öztürks hat es auch Stadträtin Ulrike Schneider (ödp/Zukunft) angetan. Öztürk sei einer der ganz wenigen im Stadtrat, die zu dem stehen, wovon sie überzeugt sind. Als hartnäckig, sachorientiert, intelligent, ehrlich und werteorientiert beschreibt sie ihn. Sie hat noch ein Kompliment für ihn: CSU und Grüne müssten eigentlich feiern, dass er weggeht und Ruhe gibt. Schneider nutzt auch die Gelegenheit, hier in Oberndorf, auf ihren Kampf gegen ein geplantes Einkaufszentrum im Stadtteil hinzuweisen.
Sichtlich gerührt bedankt sich Sinan Öztürk für die Würdigungen, auch für die von den anderen Fraktionen. "Wir haben gemeinsam doch einiges hingekriegt." Ein Danke geht auch an Herbert Wiener von der SPD, der der Linke damals nach dem Einzug in den Stadtrat die Spielregeln erklärt hat, erinnert sich Öztürk. Wiener scheint da auch gerne dran zu denken. Vor dem Festakt macht er ein Erinnerungs-Foto mit Firsching und Öztürk.
Was wünscht sich Öztürk für die Zukunft? "Dass die Stadt ein neues Stadtoberhaupt bekommt. Diese Stadt hat diesen Oberbürgermeister nicht verdient." Den Kolleginnen und Kollegen, die an diesem Abend hier sind, wünscht er: "Bleibt, wie ihr seid."
Humor kommt auch nicht zu kurz an diesem Abend: Jürgen Dietz spielt als Ein-Mann-DGB-Songgruppe "Heute hier, morgen dort" von Hannes Wader. Ein schönes Motto für jemanden, der zwischen München und Schweinfurt pendelt. Von der Fraktion gibt es eine Collage fürs neue Büro und einen Getränke-Gutschein für das Stammlokal Cartwrights Inn am Bergl. Laut Firsching ein guter Ort, um zu erfahren, was die Leute so bewegt in der Stadt.
In einer früheren Version war statt Andrea C. Greber falsch Andreas C. Greber zu lesen. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.