Beschwingt wie die Musik der Riverside Bluesband aus Stuttgart war auch der Festakt, den das Diakonische Werk Schweinfurt zur Verabschiedung seines langjährigen Vorstandsvorsitzenden Pfarrer Jochen Keßler-Rosa am Samstag im Evangelischen Gemeindehaus ausgerichtet hat. Über 30 Jahre hat er die Einrichtung geprägt, ihr Aufgabengebiet erweitert und dabei den Spagat zwischen dem, was die Menschen brauchen, und dem, was wirtschaftlich möglich ist, ausgehalten. Dieser Gedanke zog sich wie ein roter Faden durch die Reden, die allesamt von einer hohen Wertschätzung des Managers und Menschen Keßler-Rosa zeugten.
Dekan Oliver Bruckmann sprach auch im Namen der Regionalbischöfin Gisela Bornowski als er sagte, "wer wissen will, was Diakonie ist, soll sich Jochen Keßler-Rosa anschauen. Diakonie sei für ihn immer praktiziertes Evangelium gewesen. Diakonie habe er als Gesicht der Kirche und das Gesicht Gottes verstanden. Dabei habe seine Arbeit auf einer fundierten Fachkenntnis beruht, die ihn zu einem profunden Berater in diakonischen Fragen werden ließ. "Ich hoffe, dass du weitermachst", bat Bruckmann den künftigen Ruheständler.
Der Vorsitzende des Verwaltungsrats, Klaus Eckhardt, sprach auch im Namen seiner Vorgängerin Hannelore Schäfer-Gärdes und begab sich auf die Spurensuche vor 30 Jahren zurück, als Keßler-Rosa und seine Frau Susanne sich die Pfarrstelle in Poppenlauer teilten. Als hellwach und kritisch, als innovativ habe man ihn erlebt. Baumaßnahmen und Sanierungen in der Region habe er angeschoben, die Beratungsangebotene, beispielsweise für Schwangere, Flüchtlinge oder Ältere ausgebaut, befreundete und weniger befreundete Vereine ins Diakonische Werk übernommen, was teilweise politisch schwierig gewesen sei, viel Überzeugungsarbeit gebraucht habe.
26 Jahre lang die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände in Schweinfurt geleitet
Eckhardt erinnerte auch daran, dass Keßler-Rosa 26 Jahre lang die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände in Schweinfurt geleitet hat, 28 Jahre lang Regionalbeauftragter der Diakonie in Unterfranken war und immer noch den Vorsitz des Diakonischen Rats in Bayern innehat. Das alles stehe für eine große Lebensleistung. Keßler-Rosa werde zwar als Vorstand entpflichtet, bleibe aber der "Mann der Diakonie".
Die Präsidentin des Diakonischen Werks in Bayern, Sabine Weingärtner, freute sich, dass Keßler-Rosa auch weiterhin ein kritisch konstruktiver Begleiter des Werkes bleiben werde. Das "Schweinfurter Modell" sei zu einem Markennamen geworden, weil es für die Zusammenarbeit mehrerer Träger stehe, die jedoch ihre Eigenständigkeit behielten. Für Keßler-Rosa habe immer gegolten "was zählt, ist der Mensch".
Für die Stadt nannte Bürgermeisterin Sorya Lippert ihn einen guten Ratgeber für die Politik. Keßler-Rosa habe das Diakonische Werk durch schwierige Zeiten geführt und dabei die haupt- und ehrenamtliche Arbeit gut verbunden. Die stellvertretende Landrätin Bettina Bärmann, nannte Keßler-Rosa einen Moderator, der Besprechungen so gesteuert habe, dass ein Ziel erreicht worden sei.
Pflege, Soziales und Erziehung sollen als existentieller Bedarf in der Gesellschaft erkennbar sein
Man werde ihn als Vorstand vermissen, "als Menschen noch viel mehr", würdiget Erika Aleksonis die gute Zusammenarbeit namens der Mitarbeitenden. Der neue Mann an der Spitze der Diakonie, Carsten Bräumer, dankte für die gute Zusammenarbeit im letzten halben Jahr und kündige an, den Rat seines Nachfolgers gerne zu suchen.
Keßler-Rosa dankte schließlich seiner Familie, den Mitarbeitenden ("die mich weitergebracht, aber auch mal gebremst haben") und äußerte Wünsche: die Pflege, das Soziale und die Erziehung sollen als existentieller Bedarf in der Gesellschaft erkennbar sein, die Gemeinnützigkeit müsse erhalten werden. Er bot schließlich seinem Nachfolger Rat und Hilfe an, "nur wenn sie mich brauchen, nur dann".