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Grafenrheinfeld
Wie ist der Stand der Ermittlungen gegen den Pro-Atomkraft-Aktivisten in Schweinfurt?
Der 37-Jährige war im August 2024 auf einen Strommast geklettert, die Polizei übernahm die Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft räumt nun mit Gerüchten auf.
Am 16. August 2024 wurden die Kühltürme am stillgelegten Kernkraftwerk Grafenrheinfeld gesprengt. Die Sprengung hatte sich verzögert, weil ein Pro-Atomkraft-Aktivist auf einen Strommast geklettert war. Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen ihn sind bisher nicht abgeschlossen.
Foto: René Ruprecht | Am 16. August 2024 wurden die Kühltürme am stillgelegten Kernkraftwerk Grafenrheinfeld gesprengt. Die Sprengung hatte sich verzögert, weil ein Pro-Atomkraft-Aktivist auf einen Strommast geklettert war.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 12.01.2025 02:30 Uhr

Freitag, den 16. August 2024, haben viele Menschen aus der Region noch gut im Gedächtnis: Es ist der Tag, an dem die Kühltürme am stillgelegten Kernkraftwerk Grafenrheinfeld (Lkr. Schweinfurt) gesprengt wurden. Mehrere tausend Menschen waren vor Ort, um das Spektakel zu erleben. Und sie mussten sich gedulden, da sich die Sprengung um eineinhalb Stunden verzögerte: der Pro-Atomkraft-Aktivist Andreas Fichtner aus Karlsruhe war auf einen Strommast in der Nähe der Kühltürme geklettert, um gegen die Sprengung zu protestieren.

Welche strafrechtlichen Folgen hatte das nun für ihn? In verschiedenen Gruppen in den Sozialen Medien gab es in den vergangenen Wochen die Behauptung, die Ermittlungen gegen den 37-Jährigen seien eingestellt worden. Dem widerspricht der Sprecher der Schweinfurter Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Markus Küstner, auf Nachfrage dieser Redaktion.

Es erschließe sich ihm nicht, woher derartige Gerüchte kommen. "Tatsächlich dauern die kriminalpolizeilichen Ermittlungen noch an, sodass sich bislang für die Staatsanwaltschaft die Frage nicht stellte, in welcher Form das Ermittlungsverfahren abgeschlossen werden kann", so Küstner. Sobald die Kriminalpolizei die Akten übergeben habe, werde die Staatsanwaltschaft prüfen, ob sie Anklage erheben wird oder nicht.

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Im Raum stehen unter anderem Nötigung, Hausfriedensbruch und ein Verstoß gegen die Allgemeinverfügung des Landratsamtes Schweinfurt, die unter Androhung eines Bußgeldes von bis zu 1000 Euro ein Betretungsverbot für die Sperrzone rund um das Kernkraftwerk während der Sprengung der Kühltürme erlassen hatte.

Landratsamt wartet die polizeilichen Ermittlungen ab

Nach Auskunft von Andreas Lösch, Sprecher des Landratsamtes, hat das Amt schon im August 2024 Strafantrag gestellt. Gleichwohl gebe es noch keinen Bußgeldbescheid, da man "zunächst die Ergebnisse der Ermittlungen der Polizei und die Prüfung der Staatsanwaltschaft in Bezug auf die strafrechtlichen Aspekte" abwarte.

Einsatzkräfte der Polizei versuchen, den Pro-Atomkraft-Aktivisten vom Strommast zu holen, der damals mit dieser Aktion gegen die Sprengung der Kühltürme des stillgelegten Kernkraftwerks Grafenrheinfeld protestierte.
Foto: Polizeipräsidium Unterfranken. | Einsatzkräfte der Polizei versuchen, den Pro-Atomkraft-Aktivisten vom Strommast zu holen, der damals mit dieser Aktion gegen die Sprengung der Kühltürme des stillgelegten Kernkraftwerks Grafenrheinfeld protestierte.

Offen ist neben den strafrechtlichen Ermittlungen auch die Frage, ob der Betreiber des Kraftwerks, Preußen Elektra, sowie die Polizei mögliche Mehrkosten für den Einsatz zivilrechtlich einklagen. Der Pro-Atomkraft-Lobbyist hatte sich nach eigener Aussage vor der Sprengung und während der Sperrung "im Wald hinter einem Baum versteckt", der direkt neben den Strommasten in Sichtweite der Kühltürme liegt. Von dort aus war er gegen 17 Uhr auf den ersten Mast geklettert, zunächst aber nicht von der Polizei gesehen worden.

Erst einige Zeit später hatten ihn Polizisten bemerkt. Zeitgleich hatte Fichtner einen Bekannten beauftragt, die Polizei zu informieren. Der Mann wurde dann von Einsatzkräften der Polizei mit einem Hubwagen der Spreng-Firma vom Mast geholt. Zuvor war auch die Höhenrettung der Polizei aus Nürnberg alarmiert worden, die dann aber doch nicht gebraucht wurde.

Aktivist hält Kernkraft für klimaneutral und würde daran festhalten

Andreas Fichtner betont auf Nachfrage, er würde eine solche Aktion wieder in Erwägung ziehen. Er sei überzeugt davon, dass der Atomausstieg der Bundesrepublik falsch sei und habe deshalb auch ein Zeichen setzen wollen. Unter anderem schrieb Fichtner im April 2023 gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern einen offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz, in dem er forderte, die damals noch laufenden Kernkraftwerke nicht abzuschalten.

Er kritisiert, dass Deutschland in Europa mit die höchsten Strompreise habe, hohe Milliardensummen in die sogenannte EEG-Umlage investiert würden, "wir aber gleichzeitig weiterhin wertvolle Energieinfrastruktur in Form unserer Atomkraftwerke zerstören". Bezüglich der Ermittlungen gegen ihn erklärte Fichtner, sein Anwalt habe bisher keine Akteneinsicht bekommen, da der Fall noch nicht bei der Staatsanwaltschaft sei.

 
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  • Christine Gerhardt
    Was ist denn hier los? Es gab Gerüchte, Herr Schikora hat im Interesse der Leser nachgefragt. Macht man so als Journalist. Wo ist das Problem?
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  • Horst Blatz
    5 Monate akribische Ermittlungsarbeit, mein lieber Scholli wegen - das erspare ich uns hier!
    Gab es da nicht die Möglichkeit der Schnellverfahren? Ratz, fatz 3 Monate Zuchthaus und gut!
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  • Alfred Mahler
    Hier kann man deutlich sehen, wie die Hirnwäsche der AfD und Union in den letzten Monaten die Menschen zu solch schwachsinnigen Aktionen verleitet hat. Es wird keine Rückkehr zur Atomkraft geben. Sämtliche Fachleute sind sich da einig. Aber Populismus bringt ganz offenbar Wählerstimmen, ganz nach trumpschen Vorbild...
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  • Florian Muck
    Ja die Justiz ist mit lächerlichen Anzeigen der Grünen und des Landratsamtes Schweinfurt (insbesondere des Ordnungsamtes) stark ausgelastet, da bleibt keine Zeit für die wichtigen Dinge
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  • Jürgen Heurich
    Quelle?
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  • Oliver Schikora
    Sehr geehrter Herr Englert, Ihre Kritik kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen. Nach knapp fünf Monaten die Staatsanwaltschaft zu fragen, was der Stand der Ermittlungen ist, ist ganz normal, hat nichts mit Gerüchten oder Kalkül zu tun. Man wird sehen, ob diese Ermittlungen dazu führen, dass es am Ende eine Anklage bzw. einen Strafbefehl gibt und natürlich werden wir dann auch darüber berichten. Mfg, Oliver Schikora
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  • Paul Zeitler
    Ich kann die Kritik des Herrn Englert schon nachvollziehen!
    Aber wenn Sie Herr Schikora es als Ihre dringlichste Aufgabe an sehn, Sachstandsnachfrage bei Behörden zu betreiben... gut, das ist der sog. Investigationsjournalismus der bei der Mainpost statt Nachrichten zur Zeit besonders gefordert ist... nur Herr Schikora, warum fragen Sie dann nicht mal beim Amtsgericht nach, warum die Luitboldstraße seit bestimmt 5 Jahren halbseitig gesperrt ist. Der Bau ist längst fertig. Warum und wie lange noch muß hier der Verkehr behindert werden. Das wäre eine lukrative Investigationsanfrage Herr Schikora, die sicher viele Klicks bringen wird! Nichts für ungut!
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  • Manfred Englert
    Nur weil irgendwelche Besserwisser in den sogenannten sozialen Medien Gerüchte streuen werden amtliche Stellen genötigt, Sachstandsmeldung abzugeben.
    Die Taten des Rechtsbrechers werden ermittelt und die Verfolgungsbehörden/Justiz werden diesem gerecht werden; genau wie denjenigen, die in anderen Sachen ähnlich gelagerte Straftaten begingen.
    Also, was soll dieser Artikel, Herr Schikorra, wer hat Sie denn zum Schreiben veranlasst?
    Kalkül Ihrerseits oder "saure Gurkenzeit"?
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  • Genau - "Saure Gurkenzeit"!
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