Stefan Laubender hat ziemlich viel zu tun zur Zeit. Casa und Hilde, Charly und Vroni, Manni und Tine, Karl und Eugenia halten ihn auf Trab. Wer Stefan Laubender auch nur flüchtig kennt, vermutet sofort: Hilde und Co, das müssen Vögel sein. Schließlich sind die Natur, besonders die Vogelwelt seine große Leidenschaft. Seit Kindertagen.
Laubender (Schwebheim) hat die vier Storchenpaare getauft, die im Raum Schweinfurt brüten: Casa und Hilde in Wipfeld, Charly und Vroni in Grafenrheinfeld, Manni und Tine in Heidenfeld und Eugenia und Karl in Hirschfeld. Seine zweite große Leidenschaft ist die Fotografie. Die zwei Passionen verbinden sich perfekt. Laubender macht faszinierende Fotos von den Störchen und ihrem Nachwuchs. Dafür braucht er ziemlich viel Geduld, muss den richtigen Augenblick erwischen und sich genau überlegen, wie die Sonne steht, um den richtigen Moment zu erwischen. Das kann schon mal ein paar Stunden dauern. Aber so ist es halt. Die Natur kann man nicht planen. Auch das fasziniert Laubender.
Jedes Jahr die große Frage: Wieviel Jungtiere sitzen im Horst?
Wieviel Junge die Paare jeweils aufgezogen haben, kann er noch nicht genau sagen. Er muss warten, bis er die Schnäbel der Jungstörche aus dem Horst, so heißt das Nest ornithologisch korrekt, rausspitzen sieht. In Wipfeld haben Casa und Hilde drei Junge. Laubender hat drei Schnäbel aus dem Nest spitzen sehen. In Heidenfeld (Kloster) bei Manni und Tine wurden zwei Jungstörche gesichtet. In Hirschfeld und Grafenrheinfeld wird noch gebrütet.
Welches Paar wollen wir uns anschauen für den Bericht? Die Entscheidung ist schnell getroffen. Wipfeld, hier fing alles 2018 an. Seit vielen Jahren brütete hier wieder ein wild lebendes Storchenpaar im Landkreis Schweinfurt. Wipfeld ist eine gute Wahl: Gut zu erreichen, wunderbare Kulisse. Und man kann danach mit der Fähre über den Main setzen. Auch noch mal eine schöne Gelegenheit, die Störche zu beobachten.
"Oh, da ist ein Storch", rufen viele Radler und Spaziergänger. Stefan Laubender kommt auch oft mit Leuten ins Gespräch, erzählt über die Störche oder weist auf die anderen Vögel hin, die gerade vorbei fliegen oder laufen: Bussarde, Rot-/Schwarzmilane, Turmfalken, Möwen die am Main entlang ziehen & diverse Singvogelarten. Sogar einen Regenbrachvogel konnte er einige Tage dort beobachten, der auf dem Durchzug in sein Brutgebiet war
Beide Störche sind selten gemeinsam im Horst zu sehen
Störchin Hilde steht gerade oben auf dem Horst, spannt die Flügel wie einen Sonnenschirm auf, um ihrem Nachwuchs Schatten zu spenden. So werden die Kleinen auch vor Regen geschützt, erzählt Stefan Laubender. Wer die Elternstörche zusammen sieht, hat Glück. Während der Brutzeit und nach dem Schlüpfen der Jungvögel hält der eine Horst-Wache, der andere ist auf Nahrungssuche, oder organisiert Nistmaterial, da ständig am Horst renoviert wird.
Nach einer kurzen Begrüßung mit Geklapper, wird die Brutwache getauscht und Casa fliegt sogleich ab in Richtung St. Ludwig auf die Wiese. Da geht er gerne auf die Suche nach Nistmaterial und Futter. Er fliegt auch oftmals weiter in Richtung Hirschfeld/Heidenfeld, sogar am Sauerstücksee wurde Casa oftmals gesichtet, sagt Laubender. Nach einiger Zeit bringt er Nistmaterial in den Horst – und Hilde fliegt sofort los. Schön sieht das aus, Störche sind elegante Flieger und Gleiter.
Welchen Storch man vor sich hat, kann man oft nur an der Beringung erkennen. Die Geschlechter sind schwer zu unterscheiden. Männliche Störche wiegen meist etwas mehr (500 Gramm), aber das Federkleid ist gleich. Vier der Störche sind beringt, zwei Männchen, zwei Weibchen.
Laubender ist auch Ringwart, das heißt er kümmert sich darum, dass die Jungvögel beringt werden. Man kann die Vögel dadurch identifizieren. Die Jungstörche kommen nicht zum Horst zurück, in dem sie geschlüpft sind, sie müssen sich ein eigenes Revier und einen Horst suchen. Laubender erfreut sich immer, wenn er eine Nachricht von der Vogelwarte Radolfzell bekommt, dass einer seiner Störche gesichtet wurde.
Die Jungvögel zu beringen ist eigentlich ganz einfach, sagt Laubender. Mit einem Hubsteiger der ÜZ Lülsfeld fährt er an den Horst. Die Eltern-Störche fliegen ab, wenn sich das Ring-Team nähert. "Die laufen dann unten auf und ab und tun so, als wäre nichts." Die Kleinen stellen sich derweil tot. Das machen Jungstörche, wenn sich ein Feind nähert, verfallen in die so genannte Schutzstarre. Ihnen einen Ring an das Bein zu machen ist daher äußerst unkompliziert. "Es gibt nichts einfacheres, als Störche zu beringen."
Hier ein Facebook-Post von Stefan Laubender: Er freut sich, dass Störchin Vroni wieder da ist.
Allerdings muss er auf den richtigen Zeitpunkt achten. In diese Schutzstarre fallen die Tiere nur bis ungefähr zur sechsten Woche. Würde er diese Phase verpassen, brächte er die Tiere in Gefahr, sie könnten aus dem Nest fallen. Und das ist das letzte, was er will.
Was hat der Schwerenöter Casanova mit den Störchen zu tun?
Stefan Laubender spricht gerne über die Störche. Und er hat viel zu erzählen. Wahrscheinlich fragt ihn jeder, warum er einen Storch "Casa" getauft hat. "Das kommt von Casanova", erzählt er. Warum? In vier Jahren von 2018 bis 2021 hatte Casa drei Partnerinnen pro Brutsaison. Deswegen hat er ihn nach dem klassischen Frauenhelden getauft. Damit ist übrigens keine moralische Wertung verbunden. Das Storchen-Männchen ist als erster am Horst, wartet auf sein Weibchen und falls diese etwas zu spät aus dem Winterquartier ankommt, entscheidet sich das Männchen für ein anderes Weibchen.
Die anderen Namen sind ihm einfach so in den Sinn gekommen. Für Manni steht allerdings Manfred Lorenz Pate, wie Laubender Mitglied im Schweinfurter Vogelschutzverein und schwer engagiert. Er hilft mit bei der Storch-Überwachung, radelt die vier Brutstätten ab und schaut, was sich alles tut bei Familie Storch.
Casa war übrigens der erste Storch in der Schweinfurter Umgebung. 2018 ist er nach Wipfeld gekommen, hat auf der Nisthilfe, den die ÜZ Lülsfeld vor zirka 20 Jahren aufgestellt hat, einen Horst gebaut. Seitdem ist er jedes Jahr wiedergekommen und hat sein Heim gegen andere Männchen bisher jedes Jahr verteidigen können. Zumindest seinem Heim bleibt er treu. Kein Wunder. Ist ja auch wunderschön hier.