Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine seit dem 24. Februar beschäftigt auch die Bürger in Schweinfurt und die Kommunalpolitik. Zum einen, weil viele Schweinfurterinnen und Schweinfurter sich aktiv engagieren und geflüchteten Menschen aus der Ukraine vor Ort helfen. Zum anderen, weil die Stadt mit ihrer Flüchtlingsunterkunft in der Ledward Kaserne und den zahlreichen Angeboten dort wichtige Hilfe zur Integration bietet. Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) will nun noch mehr helfen, direkt vor Ort.
Im Stadtrat gab er bekannt, dass sich die Stadt um eine Solidaritäts-Partnerschaft mit der ukrainischen Großstadt Luzk bemühe. In einer selten von ihm so gehörten emotionalen Rede betonte der OB, er wolle ein "fühlbares Zeichen der Solidarität" senden. Er habe einen solchen Krieg in Europa "nicht für möglich gehalten". Remelé bezog klar Stellung: "Das ist ein völkerrechtswidriger Angriff auf einen friedlichen Nachbarn. Die Ukraine verteidigt nicht nur sich selbst, sondern auch Europa."
Aus seiner Sicht gehe der Krieg "uns persönlich und unsere Stadt auch etwas an", denn Russland greife "unser Werteverständnis" an. Es sei eine – wenn auch sehr wichtige – Sache, vor Ort Menschen aufzunehmen und sich zu kümmern. Mit der Solidaritäts-Partnerschaft, um die er sich persönlich bemühen werde, wolle man aber noch mehr tun, so Remelé.
Schweinfurt will nun Gespräche mit dem Bürgermeister Ihor Polischtschuk und der Stadtverwaltung von Luzk in der nordwestlichen Ukraine führen. Diese seien schon angelaufen und auf positive Resonanz gestoßen. In der ukrainischen Stadt wurde bereits zu Beginn des Krieges der Fernsehturm von russischen Truppen beschossen. Immer wieder gibt es in den letzten Wochen Berichte über Angriffe auf den dortigen Militärflugplatz und starke Explosionen in der Stadt.
Auf Luzk kam die Stadt auf Vermittlung von Grünen-Fraktionssprecher Holger Laschka, der als Pressesprecher bei SKF arbeitet. Das SKF-Werk in Luzk stellt Kegel-und Zylinderrollen her und ist einer der größten Hersteller im Land. Es wird aus Deutschland vom Standort Schweinfurt aus geführt und wurde im Februar durch eine Solidaritäts-Demonstration der SKF-Angestellten in Schweinfurt bekannt, die sich um ihre Kollegen vor Ort sorgen.
"Wir sollten als kommunale Familie zusammenhalten", betonte der OB und verwies auf Nachfrage von AfD-Stadtrat Sebastian Madeiski, der vor "Lippenbekenntnissen" warnte und die konkreten Inhalte der Partnerschaft wissen wollte, dass die Stadt zielorientiert Hilfsgüter nach Luzk bringen wolle. Der deutsche Städtetag habe Empfehlungen erarbeitet, was die Kommunen in der Ukraine im Moment konkret brauchen.
Die Stadt wolle mit den Behörden vor Ort sprechen, um "herauszufinden, woran es mangelt und dann überlegen, was wir als Verwaltung, als Bürger, als Unternehmen und als Bürgerinitiativen leisten können", so der OB. Dann gehe es auch darum, eine dauerhafte Transport-Verbindung aufzubauen, denn die Partnerschaft werde sich nicht nur auf die Zeit des Krieges, sondern auch auf den Wiederaufbau erstrecken.
Auch SKF engagiert sich seit Monaten für Luzk und seine Bevölkerung. Laut Laschka wurden Hilfsgüter im Wert von 100.000 Euro dorthin gebracht. Der OB ist im übrigen auch für eine dauerhafte Partnerschaft nach dem Krieg offen, da aus seiner Sicht die Verbindungen nach Osteuropa gestärkt werden müssten. Erst kürzlich hat der Würzburger Stadtrat sein OK für eine Partnerschaft mit Lwiw gegeben sowie eine Städtefreundschaft mit Luzk. Schweinfurts Partnerstädte derzeit sind das schottische Motherwell, das französische Châteaudun und die Stadt Seinäjoki in Finnland.
Luzk in der Ukraine ist eine über 1000 Jahre alte Stadt mit mittelalterlicher Bausubstanz. Sie hat 210.000 Einwohner, liegt am Fluss Styr. Das aus den Medien bekannte Lwiw nahe der polnisch-ukrainischen Grenze liegt rund 150 Kilometer südwestlich. Dort kommen die meisten Flüchtlinge aus der Ostukraine an, die dann über die gut 70 Kilometer entfernte Grenze zu Polen Richtung Westeuropa flüchten. Der industrielle Schwerpunkt der Stadt liegt nach Angaben der Verwaltung auf dem Maschinenbau, außerdem gibt es eine staatliche Universität und eine industrielle Hochschule.