zurück
Schweinfurt
Ukraine-Krieg: SKF-Chef in Lutsk bezeichnet die Lage als "drastisch und kritisch"
Die Maschinen im SKF-Schwesterwerk in der Ukraine stehen seit dem Einmarsch Russlands still. In einem Podcast spricht Geschäftsführer Bogdan Volchok von Angst und Stolz.
SKF-Deutschlandchef Martin Johannsmann spricht per Video-Telefonat mit dem Geschäftsführer des SKF-Schwesterwerks im ukrainischen Lutsk. Bogdan Volchok schildert die Lage im ganzen Land als 'sehr kritisch'.
Foto: Screenshot Irene Spiegel | SKF-Deutschlandchef Martin Johannsmann spricht per Video-Telefonat mit dem Geschäftsführer des SKF-Schwesterwerks im ukrainischen Lutsk. Bogdan Volchok schildert die Lage im ganzen Land als "sehr kritisch".
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:03 Uhr

Manchmal gibt es jede halbe Stunde Bombenalarm, und die Menschen müssen sich schnell in den Schutzbunkern in Sicherheit bringen. Am vergangenen Wochenende war das in Lutsk oft der Fall. In der 210 000-Einwohner-Stadt im Nordwesten der Ukraine ist es im Vergleich zu anderen Regionen zwar noch friedlich, doch die ständigen Bombenwarnungen, "das macht die Menschen psychisch fertig", erzählt Bogdan Volchok, der Leiter des Schwesterwerks von SKF Schweinfurt im Video-Telefonat mit dem Vorsitzenden der Geschäftsführung, Martin Johannsmann.

Seit dem Angriff von Russland auf die Ukraine stehen die beiden SKF-Länderchefs im täglichen Austausch. "Wir sind in ganz, ganz großer Sorge um unsere Kolleginnen und Kollegen in Lutsk", sagte Johannsmann am Dienstagmorgen beim Friedenszeichen, das aus Schweinfurt an die Belegschaft in der Ukraine geschickt wurde. 3000 SKF-Beschäftigte waren vor die Werktore gegangen.

In einer gemeinsamen Erklärung warben dabei Geschäftsführung und Betriebsrat für Frieden und ein Ende der Kampfhandlungen. Mit den über 1000 Kolleginnen und Kollegen im ukrainischen Lutsk besteht eine enge Verbundenheit. Das dortige Werk gehört zum Fertigungscluster für Kegelrollen- und Zylinderrollenlager unter der Leitung des SKF-Deutschlandchefs.

'Es ist sehr schrecklich', sagt der Geschäftsführer des SKF-Schwesterwerks in Lutsk, Bogdan Volchok, im Video-Telefonat mit dem SKF-Deutschlandchef Martin Johannsmann in Schweinfurt.
Foto: Screenshot Irene Spiegel | "Es ist sehr schrecklich", sagt der Geschäftsführer des SKF-Schwesterwerks in Lutsk, Bogdan Volchok, im Video-Telefonat mit dem SKF-Deutschlandchef Martin Johannsmann in Schweinfurt.

Johannsmann hat das zehnminütige Gespräch mit seinem Kollegen in der Ukraine in seinem Podcast an die Schweinfurter Belegschaft veröffentlicht. Gleich zu Beginn wird der Ernst der Lage deutlich, als Johannsmann fragt, ob es in Lutsk gerade so sicher sei, dass man miteinander reden könne. Denn jeden Moment kann es Bombenalarm geben, Bogdan Volchok müsste das Gespräch dann abbrechen und sich in Sicherheit bringen. SKF hat in seinem Werk in Lutsk eigene Schutzräume.

Die Maschinen stehen seit dem Einmarsch Russlands still

Als Russlands Machthaber Wladimir Putin am vergangenen Donnerstag um 4 Uhr mitteleuropäischer Zeit den Einmarsch in die Ukraine befohlen hat, wurde zuerst die Infrastruktur der ukrainischen Luftwaffenstützpunkte bombardiert. Darunter auch der Militärflughafen von Lutsk. "Ich habe sofort die Evakuierung des Werks angeordnet und die Beschäftigten in die Schutzräume geschickt", erzählt der junge ukrainische Geschäftsführer. Die Maschinen stehen seitdem still.

Während es in Lutsk bislang keine weiteren Kampfhandlungen mehr gegeben hat, ist die Lage in anderen Regionen des Landes laut Volchok "schwer eskaliert". Er bezeichnet die Situation im ganzen Land als "kritisch und drastisch". Es würden keinesfalls nur militärische Einrichtungen von den russischen Soldaten angegriffen, sondern auch Kindergärten, Kliniken und Wohnhäuser. "Es ist sehr schrecklich."

Hilfsangebote an die SKF-Belegschaft in Kiew

Bogdan Volchok hat auch Kontakt zu den SKF-Vertriebsleuten in Kiew. Zwölf Mitarbeitende sind in der ukrainischen Hauptstadt beschäftigt, auf die sich Medienangaben zufolge am Mittwoch ein etwa 60 Kilometer langer russischer Militärkonvoi zubewegt. Bereits am vergangenen Freitag hatten erste russische Truppen Außenbezirke besetzt. Einige der Kolleginnen hätten die militärischen Angriffe hautnah miterlebt. "Wir sind bereit, unsere Leute aus Kiew aufzunehmen", berichtet Volchok von Hilfsangeboten seiner Belegschaft. In der momentanen Situation könne aber keiner sagen, ob es sicherer ist, in Kiew zu bleiben oder sich auf den Weg nach Lutsk zu machen. "Unser Angebot steht aber."

Auch SKF hilft. Der schwedische Konzern unterstützt die geflüchteten Familienmitglieder seiner Beschäftigten beispielsweise bei der Suche nach Unterkünften in Polen oder anderen Ländern der Europäischen Union. Auch Verbandsmaterial und dergleichen wird in die Ukraine geschickt. Denn das ist dort nicht mehr zu haben. Für die vielen Hilfsangebote ist der junge SKF-Chef dankbar. "Wir merken, dass wir nicht alleine sind. Das macht uns stark."

Am Ende des Gesprächs gibt Bogdan Volchok noch ein klares politisches Statement ab: Die russischen Soldaten würden von einer friedlichen militärischen Operation sprechen und, dass sie die Ukraine befreien müssten. Aber das sei ein richtiger Krieg gegen ein friedliches und unabhängiges Land. "Wir brauchen keine militärische Unterstützung, wir hatten keinen Konflikt, wir hatten Frieden hier."

SKF-Deutschlandchef Johannsmann sichert in dem Podcast den Kolleginnen und Kollegen in der Ukraine Unterstützung zu. "Wir sind eine Familie und werden eine Familie bleiben." Bogdan Volchok antwortet: "Wir sind eine mutige Nation, aber auch stolz, ein Teil der SKF-Familie zu sein. Das macht uns stark."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Irene Spiegel
Evakuierungen
Gerät
Podcasts
Russische Soldaten
Ukraine-Russland-Krieg
Wladimir Wladimirowitsch Putin
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top