
Tränen sind geflossen. Auch jetzt stehen Birgit und Jörg Assmann Tränen in den Augen, als sie von der Begegnung mit Alisha erzählen. Das 13-jährige Mädchen aus Kalkutta ist das Patenkind der Schweinfurter Eheleute. Im November vergangenen Jahres waren sie gemeinsam mit anderen Pateneltern aus der Region nach Indien gereist, um Alisha zu besuchen. Es war nicht ihr erstes Treffen mit dem Patenkind, das hatte es bereits 2017 zum Kennenlernen gegeben. 2019 folgte ein zweiter Besuch und nun der dritte.
"Wir haben sie sofort erkannt", erzählt Birgit Assmann von dem mit Spannung erwarteten Wiedersehen am Flughafen. Alisha stand dort inmitten der anderen Patenkinder, die freudig ihren Pateneltern aus Schweinfurt zuwinkten. "Wie groß sie geworden ist", war der erste Gedanke von Jörg Assmann. Er zeigt ein Foto, auf dem er ein kleines lachendes Mädchen mit beiden Händen hochhebt. Das war 2017. Alisha war damals sechs Jahre alt.

Inzwischen ist Alisha ein Teenager, besucht die Schule und spricht sogar schon etwas Englisch. Die 13-Jährige war diesmal alleine gekommen. Ihre Mutter, die sie bei den früheren Treffen begleitet hatte, musste arbeiten, erfuhren die Assmanns. Alisha und ihre Mutter leben bei der Großmutter. Ob der Vater die Familie unterstützt, wissen sie nicht. Oftmals werden Frauen von ihren Männern verlassen. Um die Familie durchzubringen, müssen die Mütter hart arbeiten. Und obwohl Kinderarbeit für unter 14-Jährige in Indien gesetzlich verboten ist, arbeiten auch Millionen Kinder, anstatt in die Schule zu gehen.
Dass Alisha diesem Schicksal entkommen ist, verdankt sie Birgit und Jörg Assmann, die über den Schweinfurter "Verein zur Hilfe für Kinder der Dritten Welt" die Kinderpatenschaft abgeschlossen haben. Mit ihrem Patengeld finanzieren sie die Schulgebühren, die Schulkleidung, alle Schulmaterialien und das Essen.

Alisha sei eine fleißige Schülerin, sagt Jörg Assmann. Sie besucht die Don-Bosco-Schule der Salesianer in Kalkutta, mit denen der Schweinfurter Verein zusammenarbeitet. Ihre Vorliebe sei Kunst und Chemie. Als Gastgeschenk hatten die Assmann deshalb viele Buntstifte und Zeichenblöcke mitgebracht.
Zur Begrüßung legte Alisha ihren Pateneltern aus Schweinfurt einen Schal in den indischen Nationalfarben Safran, Weiß und Grün um die Schultern. "Es war ein ganz emotionaler Moment", erzählt Birgit Assmann. Die Salesianer hatten für die Pateneltern ein großes Willkommensfest in der Schule organisiert. 300 Mädchen und Jungen nahmen daran teil. Es gab Tänze, Musik und landestypisches Essen. Was Birgit Assmann beeindruckte: "Alle Kinder waren diszipliniert." Niemand sei herumgerannt oder habe herumgeschrien. "Alle saßen ordentlich auf ihrem Platz und warteten, bis sie an der Reihe waren."

Im Slum Kapali gibt es eine Straße Klein-Schweinfurt
Die Pateneltern nutzten ihren Besuch in Kalkutta, um auch andere Projekte zu besichtigen, die der Verein mit seinen Spendengeldern vor Ort unterstützt. Im Slum Kapali ist es ein Bauprojekt. Hier leben die Menschen in ärmlichen Hütten an einem Abwasserkanal, bei starkem Regen rutschen die Ufer samt der Hütten ab. Der Schweinfurter Hilfsverein lässt Zug um Zug neue feste Häuser mit Betonboden und erhöhtem Eingang bauen, damit die Menschen im Trockenen leben können. Inzwischen stehen schon 162 Häuser, 30 weitere sind im Aufbau. Als Dank für die vielen Häuser, die der Verein errichten ließ, gaben die Slumbewohner der Gasse, in der die meisten Häuser des Vereins stehen, den Namen "Strasse Klein-Schweinfurt".
Eine Mutter lud Birgit und Jörg Assmann spontan zur Besichtigung ihres neuen Heims ein. Die Fotos zeigen, wie wohnlich sich die Familien trotz der beengten Verhältnisse eingerichtet haben. "Die Menschen sind so bescheiden und dankbar." Das hat Birgit Assmann beeindruckt.
Ein Smartphone gibt es erst zum 18. Geburtstag
Das Schweinfurter Ehepaar unterstützt seit 25 Jahren den Hilfsverein. Der Kontakt kam durch den zweiten Vorsitzenden Herbert Weichold zustande, ein ehemaliger Arbeitskollege von Jörg Assmann. Er vermittelte den Freunden 1998 die erste Kinderpatenschaft, ein siebenjähriges Mädchen. Damals waren die eigenen Kinder noch klein und eine Kennenlernreise nach Indien nicht machbar. Das Heranwachsen der Patentochter konnten die Assmanns deshalb nur von Schweinfurt aus verfolgen. Sie habe erfolgreich die Schule absolviert und sei heute verheiratet.

Von ihrem derzeitigen Patenkind Alisha erhalten die Pateneltern regelmäßig Post. Alisha hat den Assmanns zu Weihnachten einen Brief geschrieben, in dem sie von ihren schulischen Fortschritten berichtet und sich für die finanzielle Unterstützung bedankt. Sie schreibt: "... thank you very much helping me for my studies (...vielen Dank für die Unterstützung meiner Schulausbildung)".
Gerne würden sich die Eheleute auch digital mit ihrem Patenkind austauschen, um den Kontakt noch zu intensivieren. "Selbstverständlich würden wir Alisha ein Handy finanzieren", sagt Birgit Assmann. Doch an der Don-Bosco-Schule herrschen strenge Regeln. Ein Smartphone gibt es erst zum 18. Geburtstag.
Rund 1500 Kinderpatenschaften vermittelt
Rund 1500 Kinderpatenschaften hat der Schweinfurter Hilfsverein in den 35 Jahren seines Bestehens schon vermittelt. "Unsere Vision ist es, Wissen gegen Armut zu ersetzen", sagt Vorsitzender Heinrich Hackenberg. Denn durch das Erlernen von Lesen, Schreiben und Umgangsenglisch könnten die Kinder dem Elendskreis der Armut entfliehen. In Kalkutta finanziert der Verein deshalb auch eine Unterrichtsklasse für Müllkinder, Nachmittagsschulen für Analphabeten und Computerkurse.
Die zweite Vision des Vereins ist es, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. "Wir bilden zum Beispiel junge Frauen zu Schneiderinnen aus", erklärt Vorsitzender Hackenberg. Nach bestandener Prüfung erhalten sie vom Verein eine Nähmaschine und können damit für ihren Lebensunterhalt und den ihrer Familie sorgen. Neu ist das Projekt "Assistant Beauty-Therapist", bei dem benachteiligte Mädchen zu Kosmetikerinnen ausgebildet werden. "Von jeder Klasse nehmen 70 Prozent eine Arbeitsstelle an, die restlichen 30 Prozent machen sich selbstständig", berichtet Vorsitzender Hackenberg. Den jüngsten Absolventinnen überreichte er während des Kalkutta-Besuchs persönlich ihr Zertifikat.
"Alle Spenden an unseren Verein fließen vollständig in die Projekte", versichert Vorsitzender Hackenberg. Das, was der Verein selbst an Kosten für Bürokratie und Verwaltung hat, werde ausschließlich mit den Mitgliedsbeiträgen abgedeckt. Auch Jörg und Birgit Assmann überzeugten sich bei der Patenelternreise, dass ihr Spendengeld gut investiert ist: "Hier kommt jeder Cent an."
sinnvoller Einsatz 💞
Dem Ehepaar Assmann alles erdenklich Gute!!