Da geht mehr. Viel, viel mehr. Die Dachbegrünung ginge zusätzlich zur Photovoltaik. Wenn wir von Klimaneutralität sprechen, dann brauchen wir beides, und zwar in einer entsprechenden Größe." Die Worte von Stadträtin Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) waren deutlich. Weil sie und ihre Amtskollegen Johannes Petersen (SPD), Sinan Öztürk (Die Linke), Marianne Prowald (SPD) und Julia Stürmer-Hawlitschek (SPD) sich nicht mit dem Beschluss des Bau- und Umweltausschusses von Mitte Mai zufriedengeben wollten, hatten sie Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) gebeten, den Beschluss im Stadtrat zu überprüfen.
Und das tat der Stadtrat in dieser Woche, doch es blieb dabei: Auf dem Dach des geplanten Parkhauses in der Gartenstraße 2 mit 261 Parkplätzen, die alle an Dauerparker vermietet werden sollen, wird eine Photovoltaik-Anlage gebaut, begrünt wird es nicht. Das Gremium stimmte dem Beschluss mehrheitlich zu.
Schweinfurter Stadtverwaltung will Ausnahme von Begrünungssatzung machen
Bis dahin war es ein langer Weg. Schon bei der ersten Vorstellung der Pläne im März hatte es hitzige Diskussionen gegeben. Damals hatte es noch geheißen, das Parkhaus solle eine Dachbegrünung erhalten, eine Photovoltaik-Anlage lehnte der Bauherr – die Gesellschaft für Vermögens- und Grundstückverwaltung SW mbH – ab. Ebenso eine Begrünung der Seiten des Gebäudes.
Ein weiterer Knackpunkt: Der Außenbereich des geplanten Parkhauses zählt laut Begrünungssatzung der Stadt quasi als Vorgarten – und muss daher begrünt werden. Weil statt Grünfläche jedoch 19 Außenparkplätze hin sollen, wollte die Verwaltung davon eine Ausnahme machen. Die Entscheidung über den Beschlussvorschlag wurde vertagt, im Bauausschuss Mitte Mai kam es schließlich zu einem Kompromiss: Rüdiger Köhler (CSU) hatte einen Antrag gestellt, der angekündigten Änderung des Bauherrn, die "anstelle einer Dachbegrünung eine vollflächige Photovoltaik-Anlage vorsieht" zuzustimmen.
Im Stadtrat betonte er nun, er stehe weiter zu seiner Meinung. "Wir brauchen mehr Strom. Entweder aus einer Photovoltaik-Anlage oder aus Windkraft", sagte er. Mit einem Gründach könne man "einen kleinen Beitrag leisten, mit einer Photovoltaik-Anlage einen wesentlich größeren".
Reginhard von Hirschhausen (Bündnis 90/Die Grünen) pflichtete ihm bei. "Die Klimaschutz-Wirkung, das Ziel der CO2-Neutralität, ist bei einem Photovoltaik-Dach flächendeckend weitaus stärker gegeben als bei einer Begrünung des Daches." Den Vorschlag von Schneider, Gründach und Photovoltaik-Anlage miteinander zu kombinieren, kommentierte er mit: "Auch ich bin den Grünen beigetreten mit meinen Träumen und Utopien, aber ich bin in den Stadtrat gewählt worden, um real etwas zu verbessern."
"Dann machen Sie Real-Politik, und wir machen grüne Politik", entgegnete Ulrike Schneider in Richtung von Hirschhausen. "Wenn man sich mit so wenig wie dem Bau der Photovoltaik-Anlage zufrieden gibt und auf alles andere verzichtet, trotz der Begrünungssatzung 19 Parkplätze entstehen lässt, und zusätzlich zu dem riesigen Parkhaus Flächen versiegelt, dann ist das kein grüner Ansatz."
Johannes Petersen: Klimaziele für Stadt Schweinfurt schon kaum mehr erreichbar
In der Debatte, erinnerte SPD-Mann Johannes Petersen, habe man bereits festgestellt, dass das Ziel der Klimaneutralität schon jetzt kaum mehr erreichbar sei – zumindest in dem Zeitraum, "den wir uns als Stadt Schweinfurt gesetzt haben". Daher habe es die SPD-Fraktion "bemerkenswert und bedenklich" gefunden, "dass wir einen Beschluss fassen sollten – und die Mehrheit hat ihn auch gefasst –, der dem Ziel der Klimaneutralität absolut entgegen wirkt und damit unvereinbar ist".
Wenn man bei der ersten Entscheidung nach der Feststellung, wie ambitioniert das Ziel ist, bereit sei, solche Abweichungen zuzulassen, sagte Schneider, dann müssten "die Vertreter, die im Bau- und Umweltausschuss zugestimmt haben, auch offen und ehrlich sagen, dass ihnen an dem Ziel der Klimaneutralität offensichtlich nicht so gelegen ist". Es gehe nicht um eine Kleinigkeit, "sondern darum, wie wir in Zukunft hier in unserer Stadt den Umwelt- und Klimaschutz betreiben wollen".
Ulrike Schneider wirft Verwaltung Vetternwirtschaft vor
Peter Hofmann (SPD) forderte, einen rechtlichen Aspekt zu bedenken: "Wenn wir zu dem Ergebnis kommen, dass wir nur die Photovoltaik-Anlage machen, dann haben wir in diesem Punkt die Begrünungssatzung außer Kraft gesetzt", sagte er. Dann könne man auch gleich reinschreiben, die Satzung gelte nicht, wenn das Dach mit Photovoltaik ausgestattet sei. "Jeder, der künftig einen Antrag stellen will, nicht mit Gründach, sondern Photovoltaik-Anlage, kann sich auf diesen Beschluss berufen", bemängelte er. Es gehe um Gleichberechtigung.
Apropos Gleichberechtigung. Ulrike Schneider hatte der Verwaltung zuvor Vetternwirtschaft vorgeworfen, da ein Schweinfurter Stadtrat Geschäftsführer des Bauherrn ist. Man wolle die Begrünungssatzung der Stadt zum Vorteil eines Parteifreundes aussetzen. Der betroffene Stadtrat hatte den Raum bereits verlassen, bevor der Tagesordnungspunkt Parkhaus angesprochen wurde.
Reine Symbolpolitik von Frau Schneider ohne praktischen Nutzen. Herrn von Hirschhausen muss man da ausnahmsweise mal recht geben.