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Kreis Schweinfurt
Gemeinsame Initiative gestartet: Wie Stadt und Landkreis Schweinfurt gegen den Kinderarztmangel angehen wollen
Verzweifelte Eltern, überlastete Praxen: Kinderärzte in und um Schweinfurt beschreiben ihre Situation als "katastrophal". Wie Besserung geschaffen werden soll.
Die Kinderärztin Anja Hauth aus Schonungen (im Bild) und ihre Kolleginnen und Kollegen in und um Schweinfurt wiesen schon vor Monaten auf die angespannte Lage bei der kinderärztlichen Versorgung hin. 
Foto: Anand Anders | Die Kinderärztin Anja Hauth aus Schonungen (im Bild) und ihre Kolleginnen und Kollegen in und um Schweinfurt wiesen schon vor Monaten auf die angespannte Lage bei der kinderärztlichen Versorgung hin. 
Lisa Marie Waschbusch
 |  aktualisiert: 12.02.2024 14:57 Uhr

An der Pinnwand hat Anja Hauth eine Dankeskarte hängen, sagt sie am Telefon. Von einer Mutter, als Dank dafür, dass sie ihr Kind in ihrer Kinderarztpraxis in Schonungen aufgenommen hat. "Es sei das schönste Weihnachtsgeschenk gewesen, steht da. So weit sind wir schon", erklärt die Kinderärztin. 

Was Hauth damit sagen will: Die aktuelle Situation der kinderärztlichen Versorgung in und Schweinfurt "ist nach wie vor katastrophal". Mit der Schließung der Praxis von Elisabeth Gimpl zum Jahresende 2022 habe sie sich weiter verschärft. Schon damals hatten die verbliebenen Kinderärztinnen und -ärzte aus der Umgebung mit einer "Überlastungsanzeige" auf ihre Situation aufmerksam gemacht.

Nach der Schließung der Praxis machten sie eine Bestandsaufnahme. Es kam heraus: Etwa 1000 Kinder hatten keine Kinderärztin mehr, Hauth hat inzwischen 150 von ihnen aufgenommen. Es fehlt in Schweinfurt und Umgebung an Kinderärztinnen und -ärzten. Ein Problem, dem die verbliebenen Ärztinnen und Ärzte seit Jahren ausgesetzt sind. Seit Langem sind sie auf der Suche nach kinderärztlicher Unterstützung. 

Seit 1.1.2023 gibt es 1,5 freie Kinderarztsitze in der Region Schweinfurt

Ein Problem liegt auch in der Bürokratie: Laut Versorgungsatlas der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) besteht eine ausreichende Versorgung mit Kinder- und Jugendärzten für die Kreisregion Schweinfurt. Im Gespräch mit den Kinderärzten wird jedoch deutlich, dass die Realität anders aussieht. Die Berechnung der KVB führe allerdings dazu, "dass mangels freier Sitze keine neuen Kinderärztinnen und –ärzte gesucht werden können", erklärt das Landratsamt Schweinfurt.

Aus diesem Grund wirkten "Verantwortliche der GesundheitsregionPlus Stadt und Landkreis Schweinfurt in Gesprächen mit der KVB und an anderer Stelle seit einigen Jahren darauf hin, dass die Berechnung überprüft werden sollte", heißt es aus dem Landratsamt dazu weiter. Unter anderem auch mit Blick darauf, dass drei der 13 Ärztinnen und Ärzte über 60 Jahre alt seien.

Seit dem 1.1.2023 existieren 1,5 freie Kinderarztsitze in der Region Schweinfurt, "sodass nun die Möglichkeit besteht, über die gemeinsame öffentlichkeitswirksame Initiative und entsprechenden Anzeigen möglichst schnell die 1,5 Sitze mit Kinder- und Jugendmediziner/-innen besetzen zu können, um die Lage zu entspannen, bevor die nächsten Ärzte in den Ruhestand gehen", schreibt das Landratsamt.

Stadt und Landkreis Schweinfurt wollen bei Kinderarztsuche helfen

In einer gemeinsamen Pressemitteilung kündigten Stadt und Landkreis Schweinfurt in enger Zusammenarbeit mit der GesundheitsregionPlus und hiesigen Arztpraxis ferner an, bei der Suche nach einem Kinderarzt zu helfen. Darin heißt es, dass die Praxen den interessierten Ärztinnen und Ärzten ein hohes Maß an Unterstützung anbieten, wenn diese sich als Kinderärztin oder Kinderarzt anstellen lassen wollen. So sollen etwa die anfallenden organisatorischen Arbeiten und die Bürokratie komplett von den Praxen übernommen werden. Die neu angestellten Ärztinnen und Ärzte könnten sich somit voll und ganz auf ihre Kernkompetenz im medizinischen Bereich konzentrieren.

Außerdem sei die Arbeitszeit flexibel wählbar, eine Anstellung in Voll- oder Teilzeit oder stundenweise möglich. "Unser Ziel ist es, die ärztliche Versorgung in Stadt und Landkreis Schweinfurt für alle Menschen und insbesondere natürlich für unsere Kinder und Jugendlichen dauerhaft zu gewährleisten", werden Landrat Florian Töpper und Oberbürgermeister Sebastian Remelé in der Pressemitteilung zitiert.

Der Allgemeinmediziner Jürgen Schott hat ein Angebot wie dieses schon vor Monaten öffentlich gemacht. Und es bestehe auch weiterhin, bestätigt er gegenüber dieser Redaktion. Schott, der mit seinem Hausarzt-Zentrum bereits hausärztliche Betreuung in Grafenrheinfeld, Bergrheinfeld, Röthlein, Schwebheim, Sennfeld und Niederwerrn anbietet, hätte Platz für einen Kinderarzt. Er signalisiert, dass er eine Kollegin oder einen Kollegen auf dem Weg zur eigenen Kinderarzt-Praxis maßgeblich unterstützen könnte.

Pädiatrischer Weiterbildungsverbund soll Unterstützung bringen

Das Landratsamt weist auf einen weiteren Weg hin, junge Medizinerinnen und Mediziner für niedergelassene Praxen zu gewinnen: eine Neuerung bei der Weiterbildung zum "Facharzt/Fachärztin Kinder- und Jugendheilkunde", die bislang fast ausschließlich in den Kliniken absolviert wird. Durch einen pädiatrischen Weiterbildungsverbund sollen zwischen Kliniken und niedergelassenen Praxen Rotationspläne vereinbart werden, die einen Teil der Weiterbildung in Praxen beinhalten.

"Die Gespräche für einen solchen pädiatrischen Weiterbildungsverbund Unterfranken laufen seit Beginn des Jahres, initiiert durch die GesundheitsregionenPlus Unterfranken und das PaedNetz Unterfranken", teilt das Landratsamt mit. "Bei erfolgreicher Gründung und Zusammenarbeit dieses Weiterbildungsverbunds werden vermehrt Mediziner/-innen während ihrer Weiterbildung für ein halbes oder ganzes Jahr in die Praxen der Region rotieren."

 
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