Als Andreas Schloßbauer vor gut einem Jahr seine Kinderarztpraxis in Bad Kissingen ohne Nachfolger geschlossen hatte, hat das eine Lücke in die medizinische Versorgung der jüngsten gerissen. 1300 Patienten hat Schloßbauer im Quartal versorgt. Seine Patienten mussten schauen, dass sie in anderen Kinder- oder Hausarztpraxen unterkommen. Seit der Schließung gibt es im ganzen Landkreis jedoch nur noch zwei Kinderarztpraxen, die überlaufen sind. Sechs Kinderärzte praktizieren aktuell in den Praxen von Ghassan Khazim (1) in Hammelburg und von den Doktores Menendez-Castro (5) in Bad Kissingen .

Eine Mitarbeiterin der Hammelburger Praxis berichtet, dass sie Patienten regelmäßig abweisen müssen. Neugeborene und Familien, die neu zugezogen sind, werden noch aufgenommen. Wer jedoch seine Kinder bei einem anderen Arzt hat und wechseln will, wird an andere Stellen verwiesen, vor allem an umliegende Hausarztkollegen.

Verstärkung in Teilzeit

Schloßbauer hatte vor der Schließung nach eigenen Angaben lange erfolglos nach einem Nachfolger gesucht. Auch der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) ist es bislang nicht gelungen, einen Nachfolger für die weggefallene Praxis zu finden. Inzwischen ist allerdings etwas Entlastung für Ärzte und Familien in Sicht: „Der unabhängige Zulassungsausschuss Ärzte Unterfranken hat einen halben Arztsitz […] vergeben können“, teilt KVB-Sprecher Axel Heise mit. Zum ersten Juli wird ein neuer Kinderarzt einen halben Kassensitz übernehmen. Das heißt: Der neue Mediziner verstärkt in Teilzeit eine der bestehenden Praxen.

Heise betont, dass der übrige halbe Kassensitz nach wie vor offen ist. Darauf können sich entweder Ärzte bewerben, die sich niederlassen wollen, oder die bestehenden Praxen haben die Chance, einen neue Kollegen mit 20 Wochenstunden anzustellen.

Der Versorgungsgrad im kinderärztlichen Bereich erhöht sich nach Angaben der KVB somit von 98 auf 107 Prozent. Der Landkreis Bad Kissingen gilt in beiden Fällen statistisch bei der KVB als regelversorgt. Eine Unterversorgung besteht demnach nicht, rein nach den Arztzahlen gerechnet auf Einwohner unter 18 Jahre.

Absprachen mit Hausärzten

In der Realität entsteht allerdings ein anderer Eindruck, nämlich dass es um die fachärztlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen ohne Hilfe der Hausärzten um einiges schlechter stehen würde. Astrid Laue, Allgemeinärztin in Bad Kissingen , nimmt nach Absprache mit den kinderärztlichen Kollegen gezielt Patienten ab dem Kindergartenalter auf. „Die Kinderärzte sind seit der Schließung von Dr. Schloßbauer überlaufen“, sagt sie. Einige von dessen Patienten seien zu ihr in die Praxis gewechselt.

Um Säuglinge versorgen zu können, fehle ihr zwar spezielles Equipment, bei älteren Kindern und Jugendlichen sei die Behandlung aber unproblematisch und Teil der hausärztlichen Aufgabe. Dass auch Hausärzte Kinder und Jugendliche aufnehmen, sei den Familien nicht immer bewusst, berichtet Laue. „Da sind viele ganz erstaunt, dass wir das machen“, sagt sie.

Der neue Kinderarzt wird ab Juli wahrscheinlich die Praxis Menendez-Castro unterstützen. Von Seiten der Praxis war dazu zwar keine offizielle Auskunft zu erhalten und die KVB äußert sich dazu aus Datenschutzgründen nicht, von der Hammelburger Praxis Khazim gab es jedoch ein Dementi: Dort wurde keine Verstärkung eingestellt.

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