Die Schulverbände "Grundschule Gerolzhofen" und "Mittelschule Main-Steigerwald" beschäftigten sich in zwei aufeinanderfolgenden Sitzungen wieder einmal mit dem geplanten Neubau der Schulgebäude am Lülsfelder Weg in Gerolzhofen. Dabei wurde die Sorge spürbar, dass die Baukosten im Vergleich zu ersten Schätzungen sich massiv erhöhen werden. Bauherrin wird die Stadt Gerolzhofen sein, die Mitgliedsgemeinden der Schulverbände beteiligen sich aber an den Kosten entsprechend der jeweiligen Schülerzahlen mit Investitionsumlagen.
Es sind mittlerweile fast vier Jahre her, dass die Schulverbandsversammlungen in ihren Sitzung vom 29. Januar 2019 schon einmal einem Neubau der Schulgebäude zugestimmt hatten – damals allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sich die Generalsanierung der bestehenden Gebäude als unwirtschaftlich erweisen sollte und deshalb Neubauten staatlich gefördert werden. Diese offene Frage hat sich in der Zwischenzeit geklärt: Die Regierung von Unterfranken hat eine sogenannte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchgeführt. Sie kommt dabei zum Ergebnis, auch Neubauten zu fördern. Dies wurde, wie berichtet, der Stadt Gerolzhofen mit Schreiben vom 5. Juli 2021 mitgeteilt.
Die Regierung bat nun, dass die beiden Schulverbände ihren Beschluss vom Januar 2019 unter dem Gesichtspunkt der nun erfolgten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nochmals bestätigen. Beide Gremien stimmten am Montagabend dem Wunsch der Regierung einstimmig zu. Der Beschluss des Schulverbands "Grundschule" beinhaltet auch, dass es künftig in Gerolzhofen nur noch einen Standort für die Grundschule geben wird. Die Grabenschule wird aufgegeben und für eine Nachnutzung freigegeben. Und außerdem wird am Standort Oberschwarzach festgehalten.
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung für die Grundschule
Das Schreiben der Regierung von Unterfranken an die Stadt Gerolzhofen vom 5. Juli 2021 wurde bei den Sitzungen erstmalig auch dieser Redaktion zur Verfügung gestellt. Die Regierung stellt fest, dass das jetzige Grundschulgebäude mit seinen 961 Quadratmetern Nutzfläche zu klein sei. Weil künftig am Lülsfelder Weg bis zu zehn Grundschulklassen unterrichtet werden, wären 1431 Quadratmeter nötig. Bei der Prüfung der ihr vorgelegten Kostenschätzungen kommt die Regierung zum Ergebnis, dass ein Neubau der Grundschule letztlich wirtschaftlicher ist, als die Sanierung des schon im Jahr 1954 errichteten Schulhauses. Hinzu kommt, dass die Schule am Lülsfelder Weg aufgrund der Grundrisse "in vielerlei Hinsicht nicht zukunftsfähig" erscheine. Und eine zweckmäßige Erweiterbarkeit des Altgebäudes sei aus baufachlicher Sicht als "wenig sinnvoll" zu betrachten.
Doch wie kommt die Regierung zu ihrer Feststellung, dass ein Neubau wirtschaftlicher sei? Die Regierung hält einen Neubau grundsätzlich immer dann für wirtschaftlicher als eine Sanierung des Altbestands, wenn die Sanierung 80 oder mehr Prozent eines fiktiven Neubaus kosten würde.
Die zuweisungsfähigen Kosten für die Generalsanierung der Grundschule – laut Schreiben "mit Erweiterung des Grundschulgebäudes" – werden von der Regierung mit geschätzten 4,215 Millionen Euro angegeben. Der Neubau der Grundschule würde laut Regierung nur geringfügig mehr kosten, nämlich rund 4,531 Millionen Euro. Die Kosten für den Neubau wurde nach dem Baukostenindex pauschal mit 4715 Euro, multipliziert mit den 961 Quadratmetern der Nutzfläche, errechnet.
Eine Formulierung irritiert
Dies verwundert. Ist es tatsächlich so, dass bei der Berechnung der Neubaukosten nur die Nutzfläche des jetzigen alten Schulhauses (961 Quadratmeter) ohne die nötige Erweiterungsfläche zugrunde gelegt worden ist, während man bei den Kosten einer Sanierung hingegen auch die "Erweiterung des Grundschulgebäudes" eingerechnet hat? Anders ausgedrückt: Hat man den Neubau auf dem Papier künstlich verbilligt beziehungsweise die Sanierung künstlich verteuert, damit die Generalsanierung die Schwelle von 80 Prozent des Neubaus überschreitet und somit der Neubau "wirtschaftlicher" ist?
"Nein", sagt Sandra Nagel aus dem Gerolzhöfer Stadtbauamt auf Nachfrage dieser Redaktion. "Bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung werden grundsätzlich nur die bestehenden Gebäude betrachtet und dabei werden die Sanierungskosten für den Bestand einem festgelegten Neubaurichtwert gegenübergestellt." Als förderfähige Fläche werde nur die jeweilige Nutzfläche der Bestandsgebäude herangezogen, "Flächen der Erweiterung wurden hierbei nicht berücksichtigt", betont Nagel. Dies gehe aus der Formulierung des Regierungsschreibens in der Tat nicht eindeutig hervor "und führt berechtigterweise zur Nachfrage". Es könne jedenfalls nicht so verstanden werden, dass es sich hierbei um eine künstliche Verteuerung handelt.
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung für die Hauptschule
Auch bei der 1969/70 gebauten Mittelschule befand die Regierung, dass Flächen fehlen. Im Raumprogramm ist von künftig 16 Klassen die Rede, die rein rechnerisch eine Nutzfläche von 3148 Quadratmeter benötigen. Vorhanden sind derzeit aber nur 2227 Quadratmeter, es fehlen also 921 Quadratmeter. Eine Generalsanierung der Schule mit der bestehenden Turnhalle würde nach der von der Stadt eingereichten Grobkostenschätzung zuweisungsfähige 9,6 Millionen Euro kosten. Bei der Berechnung für einen Neubau ist man wieder pauschal nach dem Baukostenindex vorgegangen und hat die 4715 Euro pro Quadratmeter mit der bisherigen alten Nutzfläche (2227 Quadratmeter) multipliziert. Man kommt so zu einer Summe von 10,5 Millionen Euro. Nach der Lesart der Regierung ist also auch hier der Neubau letztlich wirtschaftlicher.
Die bei dieser Wirtschaftlichkeitsbetrachtung verwendeten Schätz- und Pauschalsummen stimmen natürlich nicht mit den tatsächlich zu erwarteten Baukosten überein. Zum einen, weil die Regierung ja nur die Kosten anhand der jetzigen Nutzflächen – also ohne die erforderlichen erheblichen Raumerweiterungen – berücksichtigt hat. Und zum anderen, weil diese Berechnungen noch aus dem Jahr 2018 stammen. Die tatsächlichen Kosten für einen Neubau der Mittelschule wurden bereits Ende 2019 auf 15 Millionen Euro geschätzt, eine neue Grundschule würde 8,5 Millionen Euro kosten.
Die Schätzungen liegen schon bei 30 Millionen
Doch auch diese Summe von 23,5 Millionen Euro stammt aus einer Zeit, als noch niemand etwas von Corona, langen Lieferzeiten, Rohstoffmangel, Ukraine-Krieg und exorbitant steigenden Preisen ahnen konnte. Mittlerweile ist man bei einer Bausumme von rund 30 Millionen Euro angelangt. "Eine Kostensteigerung um 30 Prozent – also pro Jahr um zehn Prozent – ist sicherlich realistisch", sagte Sandra Nagel vom Stadtbauamt.
Aber: Bei diesen Schätzungen handele es sich nur um die reinen Baukosten für die beiden Neubauten, warnte der Kolitzheimer Bürgermeister Horst Herbert. In der Summe seien noch nicht die Ausgaben für den Abbruch und die umweltgerechte Entsorgung der beiden Altgebäude enthalten, noch keine Kosten für eine notwendige räumliche Zwischenlösung für den Schulunterricht während der Bauzeit berücksichtigt und auch der Bau von Räumen für die Ganztagsbetreuung sei in dieser Summe noch nicht enthalten.
Regierung warnt vor Rückforderungsansprüchen
Hinzu kommt noch ein weiterer finanzieller Aspekt: Die Regierung weist in ihrem Schreiben vom 5. Juli 2021 die Stadt darauf hin, dass an den bestehenden Schulgebäuden in den vergangenen Jahren etliche Sanierungen und Erweiterungen stattfanden, für die es möglicherweise eine Förderung aus Landesmitteln gab. Es könnten Rückforderungsansprüche des Staates im Raum stehen, wenn die damals geförderten Gebäude jetzt abgerissen werden. Faktisch wären dies zusätzliche Baukosten.
Der Lülsfelder Bürgermeister Thomas Heinrichs stellte deshalb die Frage in den Raum, ob wegen den enormen Preissteigerungen die Sanierung der Altgebäude inzwischen vielleicht doch die wirtschaftlichere Lösung geworden sei. Dies konnte Klaus Schenk, der Donnersdorfer Bürgermeister, so nicht bestätigen. Die Kosten für einen Neubau und für eine Sanierung seien seiner Erfahrung nach gleichermaßen gestiegen, sagte er. "Das prozentuale Verhältnis bleibt."
Der Oberschwarzacher Bürgermeister Manfred Schötz regte an, mit der Regierung von Unterfranken nochmals das Gespräch zu suchen, ob man die in Aussicht gestellte Förderung nicht der Preisentwicklung angleichen könne. Seine Kollegen machten ihm da allerdings wenig Hoffnung, denn bei der Förderung handele es sich um allgemein festgelegte Pauschalsätze.
Spatenstich im Jahr 2025?
Wie geht es nun weiter? Momentan laufen Gespräche mit einem externen Planungsbüro (das das Vergabeverfahren begleitet), Stadtbauamt und Vertretern der beiden Schulen, um die pädagogischen und räumlichen Konzepte für die Neubauten auszuarbeiten. Bis zum Frühsommer 2023 soll dies abgeschlossen sein und das Ergebnis dann der Regierung von Unterfranken vorgelegt werden, die schließlich final über das erforderliche Raumprogramm entscheiden wird. Ende 2023 könnte die Vergabe an ein Planungsbüro erfolgen. Frühester Termin für den Spatenstich wäre dann im Jahr 2025. "Das ist aber sehr ambitioniert", sagte der Gerolzhöfer Bürgermeister Thorsten Wozniak.