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Poppenhausen
Geheimnis verraten? Warum Poppenhausens Gemeinderat die Rüge gegen Guido Spahn zurücknahm
Seit einigen Monaten gibt es in Poppenhausen Streit um den Abriss zweier maroder Gebäude in Kützberg. Worüber sich Bürgermeister Ludwig Nätscher und Gemeinderat Guido Spahn streiten.
Um den Abriss zweier älterer Gebäude in der St. Michael-Straße 10 und 12 in Kützberg ist ein Streit zwischen Poppenhausens Bürgermeister Ludwig Nätscher und Gemeinderat Guido Spahn entbrannt.
Foto: Oliver Schikora | Um den Abriss zweier älterer Gebäude in der St. Michael-Straße 10 und 12 in Kützberg ist ein Streit zwischen Poppenhausens Bürgermeister Ludwig Nätscher und Gemeinderat Guido Spahn entbrannt.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 09.02.2024 16:57 Uhr

Die Stimmung im Poppenhausener Gemeinderat ist seit der Kommunalwahl 2020 eine andere. Der Grund: Die zu verschiedenen Themen immer wieder aufkommenden kritischen Diskussionen zwischen Freie-Wähler-Gemeinderat Guido Spahn und Bürgermeister Ludwig Nätscher (CSU). Spahns Kritik am Projekt "Neue Mitte in Kützberg" hatte nun ein Nachspiel, das im Herbst beinahe vor dem Verwaltungsgericht Würzburg gelandet wäre.

Im Winter 2020/21 hatte Bürgermeister Nätscher den Auftrag erteilt, zwei marode Häuser in der St. Michael-Straße 10 und 12 in Kützberg abreißen zu lassen. Gleichwohl gab es keine Ausschreibung, zunächst keinen Gemeinderatsbeschluss und die Kosten stiegen, vor allem wegen der vorgeschriebenen Entsorgung und Deponierung. Am Ende musste die Gemeinde eine niedrige sechsstellige Summe zahlen. Das sah Guido Spahn sehr kritisch und fragte bei der Rechtsaufsicht des Landratsamtes an.

Landrat Florian Töpper (SPD) bestätigte in seiner Antwort im April persönlich, dass das Vorgehen des Bürgermeisters, ohne Gemeinderatsbeschluss den Abriss zu beauftragen, nicht rechtens war. Ludwig Nätscher holte den Beschluss nach, der Abriss wurde mit großer Mehrheit nachträglich genehmigt. Der Bürgermeister erklärte damals gegenüber dieser Redaktion, er habe im Dezember 2020 schnell entscheiden müssen. Aus heutiger Sicht würde er den Vorgang anders handhaben.

Gemeinderat erteilte im Juli eine Rüge wegen Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht

Poppenhausens Bürgermeister Ludwig Nätscher.
Foto: Wolfgang Steinruck | Poppenhausens Bürgermeister Ludwig Nätscher.

Gleichwohl gab es im Sommer ein Nachspiel für Guido Spahn. Der Gemeinderat erteilte ihm in seiner Sitzung am 19. Juli im nichtöffentlichen Teil eine Rüge gemäß der Gemeindeordnung, wegen Verstoßes gegen die Geheimhaltungspflicht. Das bestätigten Spahn und Bürgermeister Ludwig Nätscher gegenüber dieser Redaktion. Der Grund: Spahns Information über das Schreiben des Landrats, das an ihn persönlich gerichtet war, unterlag aus Sicht der Gemeinde der Geheimhaltung, insbesondere was die Kosten des Abrisses betraf. "Aus unserer Sicht hat er Daten und Zahlen aus einer nicht-öffentlichen Sitzung weitergegeben", erklärte der Bürgermeister auf Nachfrage. Die Rüge, ohne ein auch mögliches Ordnungsgeld, sei "ein Fingerzeig, damit er sich nicht verrennt" gewesen.

Guido Spahn: "Es war der Versuch mich einzuschüchtern"

Gleichwohl: Im Spätsommer die Rolle rückwärts, in der Gemeinderatssitzung im Oktober wurde bekannt gegeben, dass die Rüge wieder zurück genommen wurde. Was war passiert? Zum einen hatte sich Guido Spahn juristisch mit einer Klage gegen die Gemeinde gewehrt und hatte bereits einen Gerichtstermin vor dem Verwaltungsgericht Würzburg im November.

Gemeinderat Guido Spahn.
Foto: Guido Spahn | Gemeinderat Guido Spahn.

Zum anderen war die Sache aus Sicht des Bürgermeisters erledigt. Er wollte, erklärte er auf Nachfrage, keine weitere Diskussion vor einem Gericht: "Der Zeigefinger ist aus unserer Sicht angekommen. Wir wollen jetzt die Reset-Taste drücken, damit wieder Ruhe im Gemeinderat einkehrt, und deswegen haben wir auch die Rüge zurück genommen." Guido Spahn, der im Kommunalwahlkampf 2020 als Kandidat der Freien Wähler für das Bürgermeisteramt gegen Amtsinhaber Nätscher unterlag, sieht das Thema völlig anders. Zum einen bestreitet er vehement, er habe Informationen aus einer nichtöffentlichen Sitzung weiter gegeben. "Es war der Versuch, mich einzuschüchtern", findet er deutliche Kritik. Es sei ihm immer um die Sache gegangen, in dem Fall die Frage, warum der Abriss nicht von Anfang an ordnungsgemäß mit Ausschreibung, drei Angeboten und Gemeinderatsbeschluss abgewickelt worden sei. 

Er brauchte eine Weile, um die Rüge zu verdauen, erinnert er sich im Gespräch, entschloss sich dann aber auch, die Sache vor dem Verwaltungsgericht auszufechten und seine Argumente vorzubringen: "Ich war überzeugt, dass ich richtig liege", betont er mit Blick auf die grundsätzlichen Sachverhalte zum Thema Abriss. Die Schriftsätze mit dem Gericht schrieb er selbst, eine "Stellungnahme der Gemeinde zu meiner Klage habe ich nie gesehen." Außerdem habe der Bürgermeister nie Kontakt mit ihm aufgenommen, um über den Vorgang zu sprechen. Von der Gemeinde erstellte Rechtsgutachten seien dem Gemeinderat nicht vorgelegt worden.

Die damals leerstehenden Gebäude in Kützberg vor dem Abriss im Winter 2020.
Foto: Guido Spahn | Die damals leerstehenden Gebäude in Kützberg vor dem Abriss im Winter 2020.

Dass die Rüge zurückgenommen und die Klage damit hinfällig wurde, sieht Spahn als Bestätigung für seine Position. Die ihm entstandenen Gerichtskosten muss die Verwaltung im übrigen ersetzen. Spahn sagt: "Es herrscht eine Kultur, wo kein Austausch mehr da ist, wo es nicht mehr um die Sache geht, sondern um Stimmungen. Die Demokratie braucht eine gesunde Streitkultur mit einem Ergebnis, das dann konsensfähig ist. Wenn man Leute ausgrenzt, ist das gefährlich."

Bürgermeister plant Vorstellung der Pläne im Februar im Gemeinderat

Zu der grundsätzlichen Entwicklung in Kützbergs Ortsmitte gibt es derzeit noch nicht viel Neues zu berichten. Die Gemeinde möchte, basierend auf dem Gemeindeentwicklungskonzept, dort neuen Wohnraum schaffen. Zwei Investoren hätten Interesse bekundet, so der Bürgermeister. Außerdem soll ein kleiner Dorfplatz entstehen. Ludwig Nätscher geht davon aus, dass er im Februar 2022 im Gemeinderat erste Pläne vorstellen kann, um danach in die Bürgerbeteiligung zu gehen.

Ein auch für Guido Spahn ganz wichtiger Punkt, der Wert darauf legt, dass die geplante Bebauung und alle damit einhergehenden Fragen wie Parkplätze, etc. mit den Kützbergern vor einem Beschluss des Gemeinderates besprochen werden. Spahn plädiert zur Entwicklung des Areals für einen "städtebaulichen Wettbewerb."

 
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  • E. o.
    Die Gemeinde Poppenhausen darf sich glücklich schätzen, einen engagierten und furchtlosen Gemeinderat zu haben, für den demokratische Grundregeln als Leitplanke seines Handels dienen.
    Die Äußerungen des Bürgermeisters sind nur als Rückzugsgefecht zu interpretieren.
    D.G.
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  • N. B.
    Diese Angelegenheit ist leider beispielhaft für die Politik in der Gemeinde Poppenhausen, wo die Interessenvertretung der Bürger eine sehr untergeordnete Rolle bei der Gemeinde spielt.

    Die Entscheidung im Alleingang hätte offenbar so nicht gefällt werden dürfen. Man könnte in der Tat fast den Eindruck gewinnen, als diene der erhobene „Zeigefinger“ der Einschüchterung.

    Ich bin gespannt, welcher Interessent den Zuschlag bekommt für das große Bauprojekt in Kützberg.

    Ich kenne Herrn Spahn nicht persönlich. Jedoch finde ich sein Interesse als Gemeinderat an den Vorgängen innerhalb der Gemeinde eher erfreulich. Es geht ihm offensichtlich nicht darum, Tagespunkte des Bürgermeisters wortlos abzunicken.

    Ich bin gespannt, wann es mal wieder eine Bürgerversammlung geben wird. Soll ja in vielen Orten trotz Pandemie ermöglicht worden sein.
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  • G. F.
    Sie treffen den Nagel auf den Kopf!!!
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  • U. B.
    Beide Herren traten 2020 zur Bürgermeisterwahl an. Herr Spahn war unterlegen und stimmt nun, wie aus der Presse zu lesen, bei den meisten Gemeinderatsbeschlüssen dagegen.
    Da stellt sich für mich die Frage, geht es hier um das Wohl der Gemeinde oder um gekränkte Eitelkeit?
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  • G. F.
    In Poppenhausen herrscht ganz eindeutig mehr Monarchie als Demokratie. Traurig nur das der Gemeinderat das Spiel so einfach mitspielt. Das zeugt von wenig Rückgrat.
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