Seit Galeria Karstadt Kaufhof die Schließung seiner Filiale in Schweinfurt im Januar 2024 angekündigt hat, steht eine Frage ganz oben auf der Agenda: Was kommt danach rein in diese große Immobilie? Ideen gibt es viele, vor dem Hintergrund der Abwärtsspirale beim stationären Einzelhandel aber auch Befürchtungen, es könnte jahrelangen Leerstand oder auch eine unliebsame Nachnutzung für das Warenhaus geben. Zum Beispiel eine gewerbliche Zimmervermietung, direkt am Eingangstor zur Innenstadt.
"Theoretisch wäre das möglich", erklärt Ordnungsreferent Jan von Lackum auf Nachfrage dieser Redaktion, ob auch ein Bordellbetrieb dort zulässig ist. Denn der Bereich am Jägersbrunnen ist baurechtlich als Kerngebiet deklariert, und das Städtebaurecht ordnet solche speziellen Betriebe typischerweise innerstädtischen Kernbetrieben zu.
Praktisch eher aber nicht. Denn die Stadt kann ein solches Vorhaben vereiteln, indem sie einen Bebauungsplan für den Bereich am Jägersbrunnen aufstellt, den es bislang nicht gibt, und damit die Nutzung des Gebäudes für Rotlichtgewerbe ausschließen.
Veto der Stadt Schweinfurt gegen unerwünschte Projekte
Auch ohne einen solchen Bebauungsplan könne die Stadt bei unerwünschten Projekten ihr Veto einlegen, erklärt von Lackum. Denn aktuell besitze der Immobilieneigentümer für das Galeria-Gebäude nur eine Baugenehmigung als Warenhaus. Bei einer anderen als auf den Einzelhandel fokussierten Nachnutzung der Immobilie bedürfe es deshalb einer sogenannten Nutzungsänderungsgenehmigung durch die Stadt.
Auch im Fall eines Verkaufs des Gebäudes hat die Stadt mit der neu erlassenen Vorkaufsrechtsatzung einen Fuß in der Tür. Sie gibt ihr nicht nur die Möglichkeit, Kaufverträge einzusehen, sondern auch das Recht, die Immobilie vor einem anderen Käufer zu erwerben. "Das kann aber nur die Ultima Ratio sein, um negative Entwicklungen zu verhindern", betont Jan von Lackum.
Das Galeria-Warenhaus als Scharnier zwischen Stadtgalerie und Innenstadt gilt als Schlüsselimmobilie. Primäres Ziel der Stadt sei es deshalb, mit dem Kaufhof-Konzern einen Fortbetrieb oder im Einvernehmen mit dem jetzigen Eigentümer eine sinnvolle Nachnutzung zu finden. "Einen Leerstand in dieser Größenordnung können wir uns nicht erlauben", sagt der Umwelt- und Ordnungsreferent. Denn eine Bauruine an dieser Stelle würde die Frequenz für die Innenstadt weiter reduzieren.
Revitalisierung als klassisches Warenhaus unwahrscheinlich
Doch welche Nutzung wäre überhaupt denkbar für ein 10.000 Quadratmeter großes Gebäude mit hohen, tiefen Räumen auf drei Etagen, ohne Fenster? Dass hier ein Kaufhaus wiederbelebt wird, hält Jan von Lackum angesichts des rückläufigen Trends im Einzelhandel für wenig wahrscheinlich. Denkbar wäre vielmehr ein gemischt genutztes Gebäude, in dem Einzelhandel- und Gastronomieflächen, Büros und Dienstleister untergebracht seien. Vielleicht sogar eine Diskothek im Untergeschoss.
Sowohl Umbau als auch Abriss sind möglich. Das Gebäude steht nicht unter Denkmalschutz, auch nicht die charakteristische Horten-Kachel des Designers Egon Eiermann, sagt von Lackum.
Einfach ist so eine Umnutzung zwar nicht, aber durchaus realistisch, wie die Forschungsergebnisse einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin an der TU Dortmund zeigen. Nina Hangebruch hat im Rahmen ihrer Dissertation 220 ehemalige Kaufhausstandorte von Horten, Hertie, Kaufhof und Karstadt untersucht, die zwischen 1994 und 2019 aufgegeben wurden. Ihre Forschungsergebnisse zeigen, dass 95 Prozent eine Nachnutzung gefunden haben. Ein Großteil der Immobilien verfügt auch weiterhin über Einzelhandelsflächen in Verbindung mit Büros, Wohnungen oder Bildungseinrichtungen.
Stadt Schweinfurt will nicht als Käufer für die Galeria-Kaufhof-Filiale auftreten
Um zu klären, welche Nutzungen für das Galeria-Gebäude in Schweinfurt technisch überhaupt machbar und nachgefragt sind, bedarf es aber erst einmal einer umfangreichen Analyse mit dem Ziel eines Gesamtkonzeptes. Schweinfurt stehe hier auch in Kontakt mit anderen betroffenen Städten, um gemeinsam Lösungsmöglichkeiten zu besprechen, sagt Jan von Lackum.
Es gibt Kommunen, die in den zurückliegenden Jahren leere Kaufhäuser zur eigenen Nutzung erworben oder über einen Investorenwettbewerb weiter verkauft haben. Wäre dieses Modell auch in Schweinfurt denkbar? Von Lackum winkt ab: "Wir wollen nicht kaufen." Die Stadt sehe sich eher in der Rolle des Vermittlers und Beraters, um für den freien Markt Möglichkeiten für eine moderne und vor allem für die Innenstadt frequenzbringende Nachnutzung zu finden.
Einen großen Vorteil habe Schweinfurt im Vergleich zu anderen Kommunen: Das Kaufhaus hat ein angegliedertes Parkhaus. Das sei eine gute Voraussetzung für Projektentwickler, meint von Lackum.