Eine halbe Million Euro – auf diese Summe hat die Stadt die Kosten für einen Abriss des maroden Fußgängerstegs am Hauptbahnhof geschätzt. Und mit ihrem Vorschlag im Herbst 2022 eine Lawine in Gang gesetzt. Es hagelte Proteste. Denn: Hunderte von Menschen haben den Steg als einzige Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Ernst-Sachs-Straße genutzt. Bis Mitte Oktober 2021, als der Steg nach einer Sonderprüfung sofort gesperrt wurde.
Im November 2022 dann die Kehrtwende im Schweinfurter Stadtrat. Der Abriss ist nicht ganz vom Tisch. Doch nun soll es ein Gutachten geben. Darüber, wie teuer eine Sanierung sein würde. SPD und Grüne hatten die Sanierung gefordert, unterstützt von der Fraktion Die Linke.
2023 soll das Gutachten in Auftrag gegeben werden, hieß es im November. Ob Ergebnisse vorliegen, wollten wir von der Stadt wissen, nachdem die IG Metall vor kurzem eine Unterschriftenliste an Oberbürgermeister Sebastian Remelé übergeben hatte. 7000 Menschen hatten für eine Sanierung des Fußgängerstegs am Hauptbahnhof unterschrieben.
Die Antwort der Stadt ist ernüchternd. Noch ist kein Auftrag rausgegangen. Es lägen zwar Angebote vor. Aber: "Derzeitiges Hindernis für die Beauftragung ist die ungeklärte Sicherung des Zugangs zum Steg. Dieser endet auf beiden Seiten auf Privatgrund. Die Stadt Schweinfurt steht diesbezüglich mit den Grundstückseigentümern in Kontakt."
Würden sich die großen Arbeitgeber an einer Sanierung des Fußgängerstegs beteiligen?
Kein Auftrag, kein Ergebnis, keine Gespräche mit den Unternehmen, deren Mitarbeitende den Steg genutzt haben und die sich, so die Hoffnung mancher, an der Sanierung beteiligen könnten: ZF, SKF und DB Cargo. In der Vergangenheit habe es Gespräche gegeben, so die Stadt. Eine Beteiligung sei da nicht in Aussicht gestellt worden. Wenn die Zugangsfrage geklärt sei, würde man einen neuen Vorstoß unternehmen.
Was denken die Unternehmen über die Sanierung, würden sie sich an den Kosten beteiligen oder in anderer Form unterstützen? Nur aus einer Richtung kommt auf Anfrage der Redaktion eine positive Antwort: von SKF.
Wie sich SKF einbringen könnte, wenn die Stadt Ernst macht mit einer Sanierung
Thomas Burkhardt, Finanzchef der SKF GmbH, stellt klar, dass es grundsätzlich Aufgabe der Stadt sei, öffentliche Verkehrsinfrastruktur vorzuhalten und instand zu setzen. Dies gelte besonders für Zugänge zum Öffentlichen Personenverkehr, "der im Zuge der Mobilitätswende an Bedeutung gewinnen" werde. "Gleichzeitig bringen wir uns als SKF regelmäßig verantwortungsvoll am Standort ein – sei es durch kulturelles Sponsoring, durch die Förderung der Wissenswerkstatt oder beim Wildpark, den wir nicht nur finanziell unterstützen. Dort haben unsere Auszubildenden auch schon Projekte zur Instandsetzung defekter Karussells gestemmt. Ein ähnliches Engagement könnte ich mir zur Unterhaltung des Steges schon vorstellen.'"
Das hänge allerdings davon ab, dass zunächst eine Lösung für den Steg gefunden werde, so Burkhardt. "Viele haben ihn früher regelmäßig für den Weg von uns zur Arbeit genutzt und würden das sehr gerne wieder tun."
ZF wünscht sich eine Sanierung – auch aus Umweltgründen
Ähnlich sieht man es bei ZF: "Eine Sanierung des Gleisübergangs würden wir befürworten, denn viele unserer Mitarbeitenden und Besucher nutzen öffentliche Verkehrsmittel. Doch ein wenig attraktives Nahverkehrsangebot und zu lange Wege zu den Haltestellen führen dazu, dass die Mitarbeitenden wieder auf andere Verkehrsmittel für den Weg zur Arbeit zurückgreifen." Eine Beobachtung, die man auch bei SKF gemacht hat. Ohne die Abkürzung wird der Weg vom Hauptbahnhof zum Arbeitsplatz zeitintensiv und umständlich.
"Da die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs zudem einen wesentlichen Beitrag für die Senkung von Treibhausgasen leistet, erachten wir es als wichtig, diesen entsprechend attraktiv zu gestalten", sagt ZF-Sprecherin Jessica Seufert. Und macht auch klar, wen ZF in der Pflicht sieht: die Stadt. Bei ihr läge "im ersten Schritt die Entscheidung über finanzielle Initiativen zum Erhalt des Fußgängerstegs".
Die Deutsche Bahn winkt klar ab: Eine Beteiligung der DB Cargo ist im Grunde vom Tisch
Deutlich wird die Deutsche Bahn AG. Die Frage nach einer Beteiligung der DB Cargo "stellt sich nicht", heißt es aus der Pressestelle. Die Mitarbeitenden von DB Cargo '"nutzen jene Wege, die öffentlich zugänglich und zulässig" seien.
Für Oberbürgermeister Remelé ist der Erhalt des Stegs jetzt "wünschenswert"
Und der OB? Er klang bei der Übergabe der Unterschriftenliste anders als in der Sitzung im November. Hält er den Steg jetzt doch für wichtig? "Der Steg bietet eine schnelle Verbindung zur Ernst-Sachs-Straße und den dortigen Unternehmen. Sein Erhalt ist wünschenswert. Sollte eine Sanierung baulich wie auch finanziell sinnvoll sein, wird die Stadtverwaltung sich dafür einsetzen. Ein Neubau ist allerdings mit Blick auf die finanzielle Situation der Stadt derzeit nicht geplant bzw. stemmbar", so Remelé auf Nachfrage.
Wie teuer eine Sanierung ist – an dem Punkt gehen die Meinungen weit auseinander. Von etwa einer Million Euro sprechen Befürworter wie SPD und Grüne. Umwelt- und Ordnungsreferent Jan von Lackum ging dagegen im November 2022 von mindestens der doppelten Summe aus. Klarheit soll das Gutachten bringen. Wann es vorliegt? Das ist die nächste offene Frage.
E R B Ä R M L I C H