"Du hast keine Chance mehr, frühs nach Schweinfurt zu kommen", sagt Matthias Tröster. Der Bänker aus Gerolzhofen bringt die Stimmung, die dieser Tage unter vielen Pendlerinnen und Pendlern im Landkreis Schweinfurt herrscht, auf den Punkt. Seit 2008 fährt Tröster täglich mit der Linie 8160 um 7.50 Uhr an der Haltestelle nahe des Krankenhauses in Gerolzhofen zu seinem Arbeitsplatz nach Schweinfurt und wieder zurück. "In den letzten Jahren hat das immer gut funktioniert", sagt er. Doch immer öfters wartet der Gerolzhöfer morgens vergebens auf seinen Bus. "Hätte mich mein Kollege heute früh nicht zufällig mitgenommen, wäre ich gar nicht auf der Arbeit erschienen."
Seit Tagen kommt es zu massiven Ausfällen im Schweinfurter Regionalbusverkehr. Auch diese Redaktion erreichten zuletzt zahlreiche Beschwerden von betroffenen Fahrgästen zur aktuellen Lage. So klagen Fahrgäste in Mails an diese Redaktion unter anderem über stundenlange Wartezeiten, überfüllte Busse und eine schlechte Kommunikation seitens der Busunternehmen und des Landratsamts. "Wir sind auf die Busse angewiesen, da stehen Existenzen auf dem Spiel, wenn man jeden Tag zu einer anderen Uhrzeit auf der Arbeit erscheint", schreibt eine Betroffene.
Auch Schullinien von Ausfällen betroffen
Von den Störungen betroffen sind laut Landratsamt Schweinfurt insgesamt 73 Fahrten auf sechs Buslinien. Besonders auf der Linie 8160, welche zwischen Schweinfurt und Gerolzhofen verkehrt, kommt es aktuell zu vielen Fahrtausfällen. Ebenso betroffen sind die Linien 8130, 8132, 8134, 8137, 8139. Da es sich bei den aufgeführten Linien auch um Schullinien handelt, ist auch die Schülerbeförderung im Landkreis betroffen, erklärt Pressesprecher Andreas Lösch auf Nachfrage der Redaktion. Nach jetzigem Stand könne sich die Situation gegen Ende der Pfingstferien sogar noch weiter verschärfen.
Der Grund für die vielen Fahrtausfälle sind laut Landratsamt der hohe Personalmangel und zahlreiche Krankheitsfälle in einem der zuständigen Verkehrsunternehmen. Verantwortlich für Linienverkehr im Landkreis sind derzeit hauptsächlich die fünf Verkehrsunternehmen Alka Reisen, Kleinhenz, Schroer, Seger und H. Metz. Der Busunternehmer Harry Metz aus Schwebheim hatte in einem Interview Anfang Mai bereits über die prekäre Lage in der Branche und die vielen fehlenden Busfahrerinnen und Busfahrer aufmerksam gemacht.
Landratsamt rechnet mit weiteren Ausfällen
"Da es in den kommenden Wochen auch sehr kurzfristig zu Ausfällen kommen kann, bitten wir ÖPNV-Nutzer, vorsorglich alternative Beförderungswege zu prüfen und gegebenfalls zu nutzen", erklärt Lösch. Was die Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen betrifft, empfiehlt das Landratsamt, auf andere Buslinien auszuweichen oder wenn möglich die Bahn zu nutzen.
Seit dem ersten Mai erhalten Schülerinnen und Schüler weiterführender Schulen im Landkreis Schweinfurt das Deutschlandticket und können damit alle Linien im Nahverkehr verwenden. "Grundsätzlich können alle Angebote des Nahverkehrs – also alle Linienverkehre des Landkreises, anderer Landkreise oder der Stadt Schweinfurt sowie der Regionalbahnen nach Schweinfurt und zurück – genutzt werden." Man verstehe die Kritik der Betroffenen, sagt das Landratsamt und versichert, dass Landkreis, Regierung und das betroffene Verkehrsunternehmen "intensiv" nach einer Lösung suchen. "Der derzeitige Zustand ist also keine Situation, mit der auf Dauer gerechnet werden muss", so Pressesprecher Lösch.
Pendler steigen wieder aufs Auto um
Dass es aufgrund der schwierigen Personalsituation aktuell zu Ausfällen kommt, können Pendler wie Matthias Tröster durchaus verstehen. "Aber es kann doch nicht sein, dass zu den Kernzeiten überhaupt keine Busse mehr fahren." Zwar gebe es für ihn mit der Buslinie 9306 durchaus eine Alternative. "Die Strecke führt aber über Donnersdorf und dauert 20 Minuten länger." Um pünktlich zu seinem Arbeitsplatz nach Schweinfurt zu gelangen, bleibt Tröster deshalb nur noch eine Möglichkeit: "Ich muss wieder aufs Auto umsteigen."
Große Lust darauf hat der Gerolzhöfer aber nicht. Zu hoch seien die Kosten für den Sprit und der Schaden für die Umwelt. Hinzu komme die ohnehin schon prekäre Parkplatzsituation in der Schweinfurter Innenstadt. "Wir Pendler sind angewiesen auf einen zuverlässigen ÖPNV." Tröster hofft daher inständig, dass die Verantwortlichen schnellstmöglich eine Lösungen finden. "Wenn wenigstens jede Stunde wieder ein Bus fahren würde, hätten wir schon viel gewonnen." Vorerst versucht der Bänker nun Fahrgemeinschaften zu bilden, um zumindest so Spritkosten und Schadstoffe zu vermeiden.
Das Landratsamt Schweinfurt führt eine Onlineliste zu den ausfallenden Fahrten auf seiner Webseite.
Ich hab bin der Meinung, dass wir doch langsam zur großen Lösung kommen müssen. Was geht automatisieren, Leute fehlen überall, d.h. auf der Schiene die Züge ohne Personal fahren lassen, (was meiner Meinung doch deutlich einfacher funktionieren sollte als auf Straßen), bei U-Bahnen geht dies schon und die ersten Versuchsstrecken werden auch schon geplant.
Die Alternative ist, dass der ÖPNV stirbt, da ein unzuverlässiger ÖPNV noch schlechter ist als ein seltener.
Es fehlen mittlwerweile allerorten Fachkräfte v.a. auch Busfahrer und LKW-Fahrer in Deutschland.
Allerdings möchte ich auch nicht in einem privaten Busunternehmen arbeiten, welches auf Gedeih und Verderb von den Zuwendungen des Staates abhängig ist um über die Runden zu kommen.
Das ist einfach zu unsicher. Geld ist sicher nicht verdient mit den größtenteils halbleeren Bussen die bei uns in der Gegend herumkutschieren, ausgenommen dem Schülerverkehr.
Ein Witz ist der Verweis auf den Landrat? Als wäre das ein Problem des Landkreises Schweinfurt. Das Problem gibt es vielerorts.
Aber selbst die große Politik kann kaum etwas am Personalmangel ändern, selbst mit finanziellen Anreizen wird es zunehmend schwer. Überhaupt Geld. Wird gespart ist es falsch, wird ausgegeben ist es auch falsch.
Schauen mer mal bis die Schulbusse auch ausfallen.
meiner Meinung nach wird die Situation im Artikel eher noch beschönigend dargestellt. Die Ausfälle, die meiner groben Schätzung nach durchschnittlich 40 Fahrten pro Tag betragen, sind bereits seit mindestens September 2022 zu verzeichnen. Diese Informationen können täglich auf der Website https://www.landkreis-schweinfurt.de eingesehen werden.
Seit diesem Zeitpunkt wird angeblich "intensiv" nach einer Lösung gesucht. Zuerst war das Landratsamt damit befasst, hat jedoch erklärt, dass es nicht zuständig ist. Nun ist die Regierung von Unterfranken in der Verantwortung. Dennoch dauert die Suche bereits 3/4-Jahr an. Ist der Grund dafür, dass die Konsequenzen nicht absehbar sind? Zudem stellt sich die Frage, wie das neu ausgearbeiteteumfangreiche Konzept funktionieren soll, wenn kein Fahrpersonal zur Verfügung steht.
Ich befürchte, dass wir die Zeit bis zum autonomen Fahren irgendwie überbrücken müssen. In diesem Zusammenhang wäre ein offener Dialog gut.