Auch nach der Festnahme des Kopfes der Gemeinschaft "Go&Change" wegen des Verdachts der Vergewaltigung reißen die Schreckensnachrichten aus Lülsfeld (Lkr. Schweinfurt) nicht ab. Wie Recherchen der Redaktion ergeben haben, kam im Oktober 2022 ein 56-Jähriger in dem früheren Kloster, das die Gemeinschaft bewohnt, ums Leben. Acht Monate lang blieb die Todesursache unklar. Diese Woche sorgte nun ein toxikologisches Gutachten für Klarheit: Der Mann hatte Drogen genommen.
Konkret seien der Ecstasy-Wirkstoff MDMA und das Narkosemittel Ketamin im Blut des 56-Jährigen nachgewiesen worden, teilt Reinhold Emmert von der Staatsanwaltschaft Schweinfurt mit. "Nach Einschätzung der Rechtsmedizin" sei eine "Intoxikation mit Ketamin bei verminderter Belastbarkeit des Organismus" ursächlich für den Tod des Mannes gewesen.
"Go&Change" spricht von Lügen
Als die Redaktion "Go&Change" das Ergebnis vorlegt, leugnet Geschäftsführer Felix Krolle das Resultat der rechtsmedizinischen Untersuchung: "Ich gehe mal davon aus, dass Sie hier lügen", antwortet er der Redaktion. Fragen zur Rolle von Drogen in der Gemeinschaft lässt Krolle unbeantwortet. Seit nunmehr drei Jahren berichtet die Redaktion über die Vorgänge bei "Go&Change". Aussteigerinnen und Aussteiger erzählen immer wieder von Psychodruck, sexualisierter Gewalt – und Drogenmissbrauch.
Der 56-Jährige ist nicht der erste Tote im Umfeld der umstrittenen Gemeinschaft: Im März 2019 ertrank ein einjähriges Kind, das zu Besuch bei "Go&Change" war, in einem Löschteich. Gegen drei Personen wurden danach wegen fahrlässiger Tötung Geldstrafen verhängt. Bereits vier Wochen zuvor war ein Säugling bei einem nächtlichen sogenannten Besinnungsspaziergang gestorben. Hier hatte laut Staatsanwaltschaft "eine natürliche Todesursache" vorgelegen. Und im Frühjahr dieses Jahres wurde der Fall einer jungen Frau öffentlich, die sich im August 2022 - sechs Monate, nachdem sie sich der Gemeinschaft angeschlossen hatte - das Leben genommen hat.
Nun gibt es also einen weiteren Todesfall: Wie das Polizeipräsidium Unterfranken bereits im Februar 2023 auf Anfrage der Redaktion bestätigte, war es am 15. Oktober 2022 zu einem Rettungseinsatz in dem ehemaligen Kloster in Lülsfeld gekommen. Versuche, den 56-Jährigen zu reanimieren, seien gescheitert. Die Obduktion habe "keine Hinweise auf eine Fremdeinwirkung" ergeben, so Polizeisprecher Martin Kuhn damals, eine Todesursache war ihm zufolge zunächst "nicht bestimmbar".
Familie vermutete früh einen "Drogencocktail" als Todesursache
Familie und Freunde des Toten, mit denen die Redaktion in Kontakt steht, vermuteten früh, dass der Mann an einem "Drogencocktail" starb. Die monatelange Ungewissheit belastete die Angehörigen, der Bruder des Toten sprach von einem Ohnmachtsgefühl: "Wir haben keinerlei Informationen über diese Nacht erhalten."
Dass das toxikologische Gutachten erst acht Monate nach dem Todesfall vorliegt, scheint jedoch nicht ungewöhnlich. "Die Bearbeitungszeit", so der Schweinfurter Oberstaatsanwalt Emmert, liege "immer noch im Rahmen dessen, womit wir bei der Rechtsmedizin leben müssen".
Fragen zu Drogen bei "Go&Change" beantwortet die Gemeinschaft nicht
Das Ergebnis scheint zu bestätigen, was frühere "Go&Change"-Mitglieder der Redaktion immer wieder berichten: dass Drogen eine große Rolle in der Gemeinschaft spielen. Vor allem von LSD und Ecstasy ist oft die Rede, jüngst auch von Kokain. Die Drogen würden bei sogenannten Partys verteilt werden, die regelmäßig in der Kapelle des ehemaligen Klosters stattfinden und sich häufig über mehrere Tage hinziehen sollen. Zur Frage der Redaktion, welche Drogen bei welchen Gelegenheiten konsumiert werden, äußerte sich "Go&Change" nicht.
Bei einer Durchsuchung des Anwesens im Zuge der Festnahme des Kopfes der Gemeinschaft Mitte Mai wurden keine Drogen gefunden, sagt Oberstaatsanwalt Emmert. Bei einer Razzia im Juni 2021 hatte die Polizei lediglich Marihuana gefunden, das keiner konkreten Person zugeordnet werden konnten. Die Ermittlungen wurden eingestellt.
Ob die Ermittlungen zum Tod des 56-Jährigen nun abgeschlossen oder weiter verfolgt werden, sei noch nicht abschließend entschieden, so Emmert.
In Deutschland wundert mich nichts mehr. Dieser "Sektenguru" hat doch recht wenn er in Deutschland so ein Netzwerk aufbaut. Der Staat macht es möglich!
https://www.luelsfeld.de/index.php?searchword=change&searchphrase=all&Itemid=147&option=com_search
was ist daran ungewöhnlich?
Laut meines Wissens, wohnten in der Gemeinschaft bis zu 80 Menschen. Dazu kommen noch etliche Besucher, Gäste und Familie die alle Zeit dort verbracht haben.
Laut Statista liegt die durchschnittliche Sterblichkeitsrate in Bayern bei ~11,54 pro 1000 Einwohner.
Für eine Gruppe von 60 Personen ergibt sich eine geschätzte Anzahl von ~ 4,15 Todesfällen in 6 Jahren.
Und ja, auch in einer Gemeinschaft sterben Menschen.
Übrigens, wenn bei Ihnen in der Familie ein Kind eines natürlichen Todes sterben würde, dann würden sie sicherlich nicht wollen, dass Fremde sich bei Ihnen und Ihrem Umfeld die Frage stellen würden, ob im Vorfeld Versäumnisse vorlagen, Risiken eingegangen wurden oder die Fähigkeit sich um Babys zu kümmern nicht sonderlich ausgerägt gewesen wäre.
Mein erster Impuls wäre nämlich in einer solchen Situation mit Mitgefühl und Beistand bei Ihrer Familie zu sein und nicht unverschämte Fragen zu stellen.
Herzlichst,
Lennard