Seit fast einem Jahr ist kein Wasser mehr im Ellertshäuser See. Am 29. September 2021 war am größten Stausee Unterfrankens im Landkreis Schweinfurt der Stöpsel gezogen worden, um Sanierungsarbeiten zur Ertüchtigung der Talsperre vornehmen zu können. 1,7 Millionen Kubikmeter Wasser flossen damals davon. Fast auf den Tag genau nach einem Jahr hat Bayerns Umweltweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) nun am Donnerstagvormittag den Stöpsel wieder reingedrückt.
Die Sanierungsarbeiten sind zwar noch nicht abgeschlossen, doch der Bau der neu eingezogenen Grundsperre, ein etwa sieben Meter hohes Bauwerk, das rund 100 Meter vor dem Hauptdamm eingezogen wurde, steht kurz vor der Fertigstellung, so dass mit dem schrittweisen Wiedereinstau des Sees begonnen werden kann. Hoffnung und Wunsch aller Beteiligten ist es, dass sich der See schnell wieder befüllt und schon 2023 die Badegäste wieder kommen können.
Es war ein großer Moment, begleitet von strahlendem Sonnenschein und einer großen Delegation an Gästen aus Politik, Regierung, Behörden und Gesellschaft, als Umweltminister Glauber die neu eingebaute Grundsperre hinabschritt und gemeinsam mit dem örtlichen Bürgermeister, Friedel Heckenlauer aus Stadtlauringen, das Drehrad des Abflussschiebers herumkurbelte. Bis zum Anschlag, lautete die Order von Leonhard Rosentritt, dem Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Bad Kissingen, das für den Freistaat Bayern den Stausee unterhältund für den ordentlichen Betrieb der Staustufe verantwortlich ist. Ein prüfender Blick in den Schacht bestätigt: Der Abfluss am Ellertshäuser See ist wieder dicht.
Rosentritt betonte noch einmal, dass es zum Ablassen des Sees keine Alternative gab. "Die Sanierung war zwingend notwendig, es gab keine andere Option", auch im Hinblick auf die drohende Gefahr eines Dammbruchs. Der Einbau der Grundsperre diene gleichzeitig auch dem Schutz des Ökosystems. Denn bei künftigen Bau- und Revisionsarbeiten im Bereich des Abflussschachtes müssen nun der See nicht mehr vollständig entleert und Fisch- sowie Muschelbestände nicht mehr umgesiedelt werden.
See für nachfolgende Generationen sichern
"Das ist ein klasse Tag für den Landkreis Schweinfurt und für ganz Unterfranken", freute sich Umweltminister Glauber, dass dank guter Zusammenarbeit aller Beteiligten ein so großes Projekt realisiert werden kann. Die Sanierungsarbeiten seien erforderlich, um den Bestand des Sees für die nachfolgenden Generationen zu sichern und an den Stand der Technik anzupassen, hob Glauber die Bedeutung von Wasserspeichern in Zeiten des Klimawandels hervor.
Der Stausee fördere zum einen den Rückhalt von Wasser in der Fläche und trage somit zur Stabilisierung von Grundwasserbeständen sowie dem Erhalt von Feuchtbiotopen bei. Zum anderen verhindere er in Trockenzeiten ein Versiegen der angeschlossenen Bäche in der Region. Insgesamt steht mit dem See ein Volumen von rund 1,7 Millionen Kubikmetern und ein Hochwasserrückhalteraum von rund 930.000 Kubikmetern zur Verfügung.
Der Ellertshäuser See diene aber nicht nur dem Hochwasserschutz und der Niedrigwasseraufhöhung, so Glauber, sondern sei auch für die Region ein wichtiges Naherholungsgebiet. So biete der See den Menschen Freizeitspaß und Lebensqualität. Umso wichtiger sei es deshalb, dass er nun wieder befüllt werden kann. Die Investition von rund fünf Millionen Euro, die der Freistaat Bayern für das Projekt locker gemacht hat, nannte Glauber "eine gute Entscheidung".
Schwere Schäden am Ablassbauwerk
Talsperrenbeauftragter Andreas Kirchner gab noch einmal einen kurzen Abriss der Gesamtmaßnahme. Eine vertiefte Überprüfung hatte schwere Schäden an der Grundablassleitung und den Einlaufbauwerken zu Tage gebracht, so dass 2019 die Entscheidung zum kompletten Neubau mit Trockenlegung des Sees getroffen worden war. Acht Tonnen Fische mussten vorab herausgeholt und 60.000 Muscheln in den Vorsee umgesiedelt werden. Um einen Rückzugsort für Frösche, Lurche und Salamander zu schaffen, wurde die sogenannte Ökobucht vom Rest des Beckens abgeriegelt und wieder aufgestaut. Auch neue Flachwasserzonen sind dabei entstanden.
"Über 80.000 Kubikmeter Material wurden für die Grundsprerre und Sedimententnahme bislang bewegt", verwies Kirchner auf die gigantischen Bauarbeiten im Seebecken. Als nächstes stehen nun der Neubau der Grundablassleitung und der Einlaufbauwerke sowie Arbeiten an den Mess- und Kontrollsystemen an. Die Sanierungsarbeiten des Hauptsees sollen im Sommer 2023 abgeschlossen werden. Danach wird der Vorsee saniert. Die Fertigstellung des Gesamtprojekts ist bis zum Jahr 2024 geplant.
Als "richtige Entscheidung" bezeichnete auch Bürgermeister Friedel Heckenlauer die Sanierung des Stausees, der Menschen aus der gesamten Region Main-Rhön und darüber hinaus zur Naherholung diene. Was er sich noch wünscht: Partner, die den Markt Stadtlauringen finanziell beim Unterhalt der touristischen Einrichtungen unterstützen.
Landrat Florian Töpper unterstrich ebenfalls die Notwendigkeit der Baumaßnahme. Auch mit Blick auf die gewaltigen Herausforderungen des Klimawandels, die einen engen Schulterschluss über Parteigrenzen hinweg verlangten. "Wir sehen hier etwas Überregionales mit großer Strahlkraft", sagte Töpper, "ein gutes Gefühl im Sinne der Umwelt."
Ellertshäuser See
Bis zu 14 Meter tief ist der See. Seine Fläche: 31 Hektar, das entspricht 43 Fußballfeldern. Der durch einen Damm abgetrennte Vorsee umfasst weitere zwei Hektar. 2,3 Millionen Kubikmeter Wasser passen ins Seebecken. Zum Vergleich: Der Stauraum des Großen Brombachsees im fränkischen Seenland ist 63-mal so groß und fasst 144,4 Millionen Kubikmeter).
Im Oktober wird der Wasserstand routinemäßig um einen Meter gesenkt, um den See auf den wasserreichen Winter vorzubereiten. Bis zu 600 Liter pro Sekunde können die Leitungen in Hochwasserzeiten in die Bäche ableiten.
In einer früheren Version des Artikels hieß es, die Grundsperre sei auch zur Standsicherheit des Hauptdammes eingezogen worden. Diese einer Presseinformation der Bayerischen Staatsregierung entnommene Aussage ist nicht richtig. Die Grundsperre dient dem Schutz des Ökosystems, dass bei künftigen Bau- und Revisionsarbeiten im Bereich des Abflussschachtes der See nicht mehr vollständig entleert und Fisch- sowie Muschelbestände nicht mehr umgesiedelt werden müssen.
Das ist physikalischer Nonsens. Der Druck auf den Damm wird einzig und allein bestimmt durch die Anstauhöhe des Wassers. Ob (im befüllten Zustand des Sees) im Becken unten am Grund eine halbhohe (dann also überflutete) Sperre ein Stück vor dem Hauptdamm eingezogen ist, spielt absolut keine Rolle für den Druck am Hauptdamm.
Hat sich da Herr Rosentritt vertan, unglücklich ausgedrückt oder hat ihn Frau Spiegel da missverstanden/missinterpretiert?
(nur Spekulation meinerseits. Ich war nicht dabei und hörte auch keinen O-Ton)