Von der Kunst-Galerie bis zur Kletterhalle und von der Vermietung über Airbnb bis zur Begräbnisstätte: Die Ideen für eine Umnutzung von Kirchenbauten sind vielfältig. Vorgestellt wurden sie, mit dem Blick auf die Veränderungen in der katholischen Kirche generell, bei der regionalen Immobilien-Werkstatt des Bistums Würzburg in Schweinfurt.
Aus dem nördlichen Unterfranken, von Schweinfurt bis zur Rhön und vom Spessart bis zu den Haßbergen, waren die gut 80 Besucher zu diesem zweiten von drei Info-Abenden der Diözese – in Würzburg, Schweinfurt und Aschaffenburg – in den Pfarrsaal von Sankt Kilian gekommen. Denn die Mitglieder von Kirchenverwaltungen, Ehren- und Hauptamtliche, Pfarrer und Vertreter von Kommunen müssen sich mit der Zukunft der kirchlichen Gebäude beschäftigen.
Zumal die Katholikenzahlen sinken, Gebäude zu groß werden, aber auch weil die Diözese im Rahmen der Immobilienkategorisierung ihre Zuschüsse drastisch senkt.
Appell aus dem Ordinariat: "Nicht depressiv auf Vergangenes blicken"
Für Christine Schrappe, Leiterin der Hauptabteilung Bildung und Kultur im Bischöflichen Ordinariat, ging es darum, "nicht depressiv auf Vergangenes zu blicken", sondern für die Zukunft "verantwortlich mit den Bauten umzugehen". Die Realitäten müssten erkannt werden, die Transformation angegangen werden. Dabei sei die Diözese Würzburg im bayerischen Vergleich schon weit fortgeschritten.
Dr. Jürgen Emmert, Leiter der Abteilung Kunst sowie der Projektgruppe Immobilienkategorisierung, einen Überblick, wie sich Kirchen im Lauf der Geschichte immer gewandelt hatten und verschiedenen Zwecken dienten. Die heutige Vorstellung von Kirchturm, -schiff und Chorraum könne durchaus hinterfragt und auch fortgeschrieben werden, so Emmert.
Was aus ehemaligen Kirchen entstehen kann, die sich öffnen
Die nicht mehr benötigten Gotteshäuser seien dennoch wichtige Zentren in den Orten, so dass sie mit Umnutzungen zur Gesellschaft hin geöffnet werden müssten, zeigte Emmert anhand etlicher Beispiele. Kirchen wurden verkauft und profaniert zum Kunst- und Veranstaltungsraum (Spitäle Würzburg), zum Konzertsaal (Neubaukirche Würzburg) oder zum Schifffahrtsmuseum (Wolfgangskirche Wörth am Main), umgebaut zum Pfarrheim (Mespelbrunn), zum Künstleratelier und danach zur Airbnb-Ferienwohnung (Erbshausen), als Co-Working-Space genutzt (Aachen) oder als Kletterhalle ausgestattet (Mönchengladbach).
Bei letztgenannten Beispiel stimmte die Denkmalpflege laut Emmert deshalb zu, weil alle Einrichtungen rückbaubar sind. "Denkmalpflege erlaubt eine verträgliche Nachnutzung" sagte er, wissend, dass die allermeisten Kirchen der Diözese unter Schutz stehen. Auch als Begräbnisstätte, als Kolumbarium, werden Kirchen genutzt, ergänzte Schweinfurts evangelischer Dekan Oliver Bruckmann.
Sogar als eine Art Restaurant könne eine Kirche dienen, erklärte Emmert mit Verweis auf die Alte Kirche Schonungen, die seit 1960 – mit dem Bau der neuen, großen Kirche – ein Kulturraum für Veranstaltungen ist, auch mit Essen und Getränken. "Ich hab' das damals gemacht, ohne Würzburg zu fragen", gestand der Schonunger Diakon Michael Wahler, was ihm den Beifall der Anwesenden einbrachte.
Für ihn war aber eine Nachnutzung vor allem für die vielen Dorfkirchen die Kernfrage. Eine Mehrfachnutzung sei für die Bürger wichtig. Allerdings könne eine politische Gemeinde nicht alles stemmen, meinte er im Gespräch. Es brauche eine engagierte Dorfgemeinschaft und es hänge immer von einzelnen Personen ab.
Die Kirche als Wohnraum: Auch dafür gibt es Beispiele
Frühzeitig mit der Kommune, aber auch mit der evangelischen Gemeinde für eine gemeinsame Nutzung zu reden, um vor allem auch für die Pfarrheime und Pfarrhäuser eine Verwendung zu finden, empfahl Christof Gawronski vom Projektteam Kategorisierung. Seine Beispiele zur Nachnutzung waren Verkäufe oder Vermietung dieser Immobilien für Wohnen im Ortskern, auch mit sozialen Varianten wie Wohnen im Alter. Am Beispiel der Vermietung des Höchberger Pfarrhauses an eine Sozialstation sowie eine Seniorentagespflege im ehemaligen Kindergarten mahnte er, die Nutzung müsse auf aktuelle Bedürfnisse ausgerichtet werden.
Dazu zählte auch ein Mehrgenerationenhaus oder der Dorfladen in Wargolshausen, bei dem aber die politische Gemeinde den Betrieb übernahm. Es geht nämlich auch um die Belebung der Ortskerne, zumal Kirchen in der Regel mittendrin stehen.
Wann Projekte in ehemaligen kirchlichen Gebäuden gefördert werden können
Ergänzend dazu erläuterte Jürgen Eisentraut, Leiter des Amts für Ländliche Entwicklung (ALE) Würzburg, dass sein Amt bei kirchlichen Gebäuden keine Förderung geben dürfe. Anders sei es, wenn das Gebäude in kommunale Hände übergehe oder sich eine Dorfgenossenschaft gründe, wie beim ehemaligen Pfarrhaus von Altbessingen, das zum Bürgerhaus umgenutzt wurde.
Wie schwierig es gerade finanziell in vielen Pfarrgemeinden aussieht, wurde aus Arnstein thematisiert, wo es vier Kirchen gibt, drei davon katholisch. Und wo die Stadt selbst finanzschwach ist.
In Schweinfurt läuft die Kategorisierung noch
Aber auch aus Schweinfurt kamen Bedenken, wie denn zusammenhängende kirchliche Gebäude getrennt werden könnten. Hier wurden auch die Verlustängste deutlich, zumal von den neun Kirchen der Stadtpfarrei, des Pastoralen Raums, voraussichtlich noch fünf übrig bleiben. Die Kategorisierung läuft hier noch.
Nahezu alle Abteilungen des Bischöflichen Ordinariats – Baureferat, Liegenschaften, soziale Dienste, Gemeindeberatung, Verkündigung und Liturgie, aber auch Fundraising – sowie der Bauträger SBW boten in der Pause in Infoständen ihre Unterstützung an. Was von den Besuchern auch rege genutzt wurde.
Die vielen Ideen des Abends wurden vom Publikum durchaus positiv registriert. Ob sich manches davon vor Ort realisieren lässt, blieb dahingestellt.