Als am Vortag Sturm Ylenia mit Böen von über 100 Kilometern pro Stunde angesagt war, ließ Architekt Friedrich Staib das große Aluminiumdach im Zürch orkanfest machen. Zwar polterte es in der Burggasse trotzdem, doch die Generalsanierung neben der Salvatorkirche konnte – wie schon seit Monaten – bei wirklich jedem Wetter weitergehen. Davon überzeugten sich am Tag des Sturms die Mitarbeiter der städtischen Sanierungsstelle, Baureferent Ralf Brettin, Oberbürgermeister Sebastian Remelé und das Amt für Denkmalschutz. Remelé war "begeistert" von der "beeindruckenden Baustelle", die die Eigentürmer und Restauratoren Philomena und Peter Müller als "außergewöhnlich" einstufen.
Das möglichweise älteste Schweinfurter Bürgerhaus im Renaissancestil haben die Kirchenmaler Philomena und Peter Müller in sechs Monaten von bislang 220 Kubikmetern (oder 440 Tonnen) Bauschutt befreit, darunter vor allem der zehn bis 15 Zentimeter dicke Lehmputz. Decken, Wanddekorationen und Fachwerk sind freigelegt, denn Peter Müller will "alles sichtbar" machen.
500 Jahre bürgerliche Baugeschichte
Alles geht natürlich nicht, denn mit dem Haus und seinen Umbauten wurde Geschichte geschrieben, weshalb hundertfach abzuwägen ist, was aus welcher Epoche wo wieder zur Geltung kommen soll. Auch wird nach über sieben Jahrzehnten der Volutengiebel zur Burggasse hin aufgebaut. Dieser und ein ganzes Stück des Dachs waren bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg getroffen und anschließend entfernt worden.
Die künftig mächtige Giebelseite und viel Fachwerk werden die Außenansicht bestimmen. Im Inneren sind die Kirchenmaler "quadratmeterweise" auf Malereien auf Balken, Decken und Wänden gestoßen, die alle sichtbar werden. Aus der ursprünglichen Bauphase stammen diese Verschönerungen nicht. Über die Farbpigmente ist das jeweilige Alter zu bestimmen. Als Grund für das bei der Besichtigung nachgefragte Wohlfühlklima in den alten Gemäuern nannte Architekt Friedrich Staib die ausschließlich verwendeten Naturmaterialien.
Wohlfühlkima durch Naturstoffe
Auf diese setzen die Bauherrn auch bei der Sanierung und der Isolierung. Auch soll mit der Heizung (bevorzugt im Fußboden) die Wärme im Winter durch eine energiesparende Niedertemperaturanlage den Wohlfühlcharakter in den zwei Wohnungen über der Gewerbeeinheit im Erdgeschoss unterstreichen.
In der Nachbarschaft der Burggasse 17 stand einmal die Burg der Henneberger. Deren genauer Standort ist nicht bekannt. Die Burg gab der Gasse den Namen. Die frühere Kutschenstation gleich neben der Kirche auf dem Anwesen 17 gilt als einzigartiges Gebäude mit bemerkenswertem Gewölbekeller. Ab 1894 war das Haus Betriebssitz des Lohnkutschers Leonhard Bandel. In seiner Substanz stammt das Einzeldenkmal aus der Zeit um 1600. Im Gebäudeinneren sind noch Teile eines Vorgängerhauses aus der Zeit vor dem Stadtverderben von 1554 zu finden.
Mit Dachpappe und Pult, weil es billig war
Ab 1563 entstand das zweigeschossige und lang gestreckte Fachwerkgebäude. Etwa 100 Jahre später war in den Gemäuern die Wirtschaft "Zum grünen Baum". In den Besitz der Familie Cramer kam die Immobilie Ende des 18. Jahrhunderts (bis 1870). An die Stadt verkaufte die Familie Bandel im Jahr 1996. Nach dem letzten Weltkrieg war der Renaissancegiebel nicht mehr aufgebaut worden. Mit Dachpappe und Pultdach wurde eine kostengünstige Lösung realisiert. Zudem wurde der ehemals große Hof mit Nebengebäuden bestückt. Diese sind bereits abgerissen.
Der Rundgang zeigte, dass das Kernhaus nicht nur schön, sondern auch massiv erbaut wurde, dass die Eigentümer und Besitzer der Firma "Löwen-Restaurierung" in Erlenbach bei Marktheidenfeld auf einem vorbildlichen Weg sind. Klar ist, dass die Pläne mit dem jeweiligen Baufortschritt anzupassen sind, dass immer wieder zu entscheiden ist, was aus welcher Epoche zu erhalten ist und zu sehen sein wird.